Endlich wieder Flutlicht-Fußball, zumindest so halb. Am Freitagabend gastiert Hannover 96 in Osnabrück, das erste Nordduell der neuen Saison. Während am vergangenen Wochenende nur geladene Gäste in die HDI-Arena durften, wird an der Bremer Brücke die Rückkehr der leidenschaftlichen Fans erwartet. Geplant wird mit einer Kulisse von 3.200 Zuschauer*innen. Auch wenn keine Anhänger der Gäste erlaubt sind, auch Hannover 96 werden die in das Stadion getragenen Emotionen guttun…
Der von Trainer Kenan Kocak bei der gestrigen Pressekonferenz vermittelte Eindruck macht Lust auf die Partie am Freitagabend. Gut gelaunt stellte sich der 39-Jährige den Fragen der Presse, die Quintessenz – „Alle Spieler haben Hunger“! Kein Wunder, nach dem guten Auftakt mit zwei Siegen aus zwei Spielen will man nun den ersten Hattrick der Spielzeit einfahren. Auch die personellen Voraussetzungen stimmen, lediglich Niklas Tarnat muss pausieren. Diese komfortable Ausgangslage dürfte dem Coach jedoch Kopfzerbrechen bereiten…
Der Grund ist plausibel – Die Elf der letzten Woche war erfolgreich, viele Veränderungen wird es also nicht geben. Fest steht nur, dass die Sechserposition neu bekleidet wird. Mit Jaka Bijol hat Hannover 96 in der zurückliegenden Woche einen hochtalentierten Spieler für diese Position verpflichtet. Der slowenische Nationalspieler bringt alles mit: Schnelligkeit, eine gute Übersicht und ein gutes Zweikampfverhalten. Vom Coach gab es bereits nach den ersten Ballberührungen im 96-Training ein Sonderlob. Der Spieler selbst ist zuversichtlich bezüglich eines potentiellen ersten Einsatzes. „Ich weiß nicht, warum ich Freitag nicht spielen sollte.“, ließ Bijol unter der Woche verlauten. Trainer und Spieler scheinen sich also einig zu sein.
An dieser Stelle folgt das große Aber: ein Einsatz von Bijol würde bedeuten, dass Kocak von seiner geliebten Raute im 4-4-2-System abrücken müsste. Es sei denn der Trainer überrascht alle und traut sich, Shootingstar Linton Maina auf die Bank zu setzen. Angesichts seines bärenstarken Comebacks gegen Karlsruhe inklusive einem Treffer scheint dies utopisch. Denkbar wäre eine Raute im Mittelfeld mit Bijol als Sechser, Frantz und Kaiser als zentrale Angelpunkte und Linton Maina als Zehner. Mindestens genauso fatal wäre bei diesem Gedankenspiel das Ignorieren von Genki Haraguchi. Gegen den KSC und auch schon gegen Würzburg war der Japaner der Dosenöffner im Angriffsspiel und riss viele wichtige Lücken in die Hintermannschaft des Gegners…
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Wirklich erlauben kann man sich die Herausnahme von Haraguchi und Maina eigentlich nicht. Doch was ist die Alternative? Das Traumduo Frantz/Kaiser auseinanderreißen? Bitte nicht. Die beiden Routiniers sind das stabile Zentrum, das offensive Agieren von Kaiser (2 Treffer aus 2 Spielen) ist nur aufgrund der konstanten Defensivarbeit von Mike Frantz möglich. Auch von einer taktischen Umstellung der Hintermannschaft sollte der Coach lieber die Finger lassen. Die Außenverteidiger Niklas Hult und Sei Muroya sind wichtige Schlüsselspieler bei gegnerischen Kontern. In den letzten beiden Spielen fing man sich vergleichsweise wenig Angriffe über die Außen, endlich scheinen die Roten ein gelungenes Außenverteidiger-Paar gefunden zu haben. Einzig plausibel scheint daher ein Wechsel im Sturmzentrum, genauer gesagt das Agieren mit nur einem Mittelstürmer.
Natürlich hatte das Duo Ducksch/Weydandt große Anteile an den beiden Siegen (allen voran die Vorarbeit vor dem 1:0 gegen Karlsruhe geht auf ihre Kappe), allerdings könnte das Team eine hiesige Auswechslung am besten verkraften. Hendrik Weydandt und Marvin Ducksch haben beide schon bewiesen, dass sie auch als alleinige Stoßstürmer treffen können und sich im Offensivzweikampf durchsetzen können (gegen die Osnabrücker Verteidigung haben sie, wie auch gegen den KSC, körperliche Vorteile). Wirklich Sinn macht in diesem Fall nur ein 4-2-3-1-System, vorzugsweise mit Marvin Ducksch als Sturmspitze. Weitergesponnen könnte man das Mittelfeldduo Kaiser/Frantz im defensiven Mittelfeld auflaufen lassen, Genki Haraguchi und Linton Maina auf den linken bzw. rechten Flügel versetzen und mit Baka Bijol als Zehner Agieren. Auf jener Position hat der Neuzugang von ZSKA Moskau ebenfalls schon seine Qualitäten unter Beweis gestellt, seine „Abstaubermentalität“ ist vergleichbar mit der von Kapitän Kaiser. Die beiden könnten ihre Positionen im taktischen Konzept auch tauschen.
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Wie dem auch sei, Taktikfuchs Kocak wird sich für das richtige Modell entscheiden. Binnen der 90 zurückliegenden Minuten tauschte er fünfmal die taktische Ausrichtung, sorgen über Planlosigkeit müssen wir uns also nicht machen. Der kommende Gegner aus Osnabrück ist im übrigen sehr anfällig für etwaige Spielereien. Im letzten Duell gegen Fürth ergatterte man ein 1:1, wirklich verdient war dieses Unentschieden jedoch nicht. Viel Dusel und Fürths Chancenverschwendung führten zum Punktgewinn. Symbolisch war das 0:1. Ex-Hannoveraner Sebastian Ernst hebelte die Abwehr leicht aus und spielte anschließend einen einfachen Pass mitten in den Sechzehner der Osnabrücker, wo Seguin ihn vollkommen blank verarbeiten konnte und zu allem Überfluss Keeper Kühn tunnelte. Auch im weiteren Spielverlauf sah sich der VfL vorwiegend im Rückwärtsgang, allen voran auf den Außen war man oft zu langsam. Das erwähnte 4-2-3-1-System wäre daher keine schlechte Variante.
Anstoß ist am morgigen Freitag um 18.30 Uhr. Hannover 96 wird die Partie selbstbewusst angehen, ein erfolgreicher Start mit drei Siegen ist eine Rarität in der Landeshauptstadt. Die jüngsten Duelle gegen den VfL Osnabrück wecken positive Gefühle, die letzte Niederlage gab es am 22.11.1996. Hannovers Shootingstars Linton Maina und Jaka Bijol wussten zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, dass Fußball existiert. Das letzte Aufeinandertreffen an der Bremer Brücke entschied 96 souverän mit 4:2 für sich. Neben Genki Haraguchi traf auch Marvin Ducksch – und das gleich doppelt. Die drei Punkte sind in absoluter Reichweite.
Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!
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