„Ich wäre gerne länger geblieben“ – Ewald Lienen über seine Erfolge mit Hannover 96 und die Zukunft unserer Gesellschaft

In unserem Podcast mit Ewald Lienen wird es sportlich, nostalgisch und vor allem politisch

Fußball und Kapitalismuskritik: Ewald Lienen spricht im neuen 96Freunde-Podcast Klartext. Foto: Imago

„Ich war schon immer ein Rebell“, sagt Ewald Lienen über sich selbst. Bevor es in der zweiten Hälfte des Podcasts aber rebellisch zugeht, wird es erstmal nostalgisch: Ewald Lienen schaut mit Christian und Dennis im Podcast gemeinsam auf seine Zeit in Hannover zurück – und findet deutliche Worte.

Im „Goldenen Oktober“ 2004 befand sich Ewald Lienen auf einem Höhepunkt seiner Trainerkarriere: Seiner eingeschworenen Truppe um Robert Enke, Michael Tarnat, Altin Lala & Co. gelangen fünf Siege in Folge. Zwischenzeitig stand Hannover 96 auf Platz 4 in der Tabelle – vor Bayern München.

„Eine richtig tolle Mannschaft. Mit Julian De Guzman und Altin Lala hatten wir zwei bissige und aggressive Mittelfeldspieler  – da ist keiner durchgekommen!“, schwärmt Ewald Lienen im Gespräch mit Christian und Dennis über die „zwei Kettenhunde vor der Abwehr“, wie er sie nennt. „Davor konnte Kruppi als Dirigent und Torschütze dann alles machen, was er wollte.“

Es lief sportlich rund: Robert Enke und Ewald Lienen klatschen sich glücklich ab. Imago

Lienen holte Enke und machte Mertesacker zum Nationalspieler

Dank der beiden gedankenschnellen Außenverteidiger Steven Cherundolo und Michael Tarnat funktionierte auch das Spiel über die Außen. „Wenn der Tanne den Ball diagonal als Steilpass in die gegnerische Hälfte gehauen hat, hat der schnelle Silvio den gekriegt.“ Silvio Schröter, Daniel Stendel, Thomas Christiansen – „das waren vom Charakter unglaublich tolle Jungs, die für die Mannschaft gearbeitet haben.“

Auf die damalige 96-Innenverteidigung mit seinem Zögling Per Mertesacker und dem erfahrenen Dariusz Zuraw geht Ewald Lienen im Podcast nochmal gesondert im Detail ein. Übrigens meldet sich auch einer von Lienens Stammspielern mit einer Grußbotschaft an seinen ehemaligen Trainer zu Wort.

Lienens Mannschaft beim fünften Sieg in Folge (3:0 gegen Bochum): Enke – Cherundolo, Zuraw, Mertesacker, Tarnat – Lala, De Guzman – Krupnikovic – Schröter (60. Stajner), Christiansen (85. Leandro), Stendel (90. Wallner)

Der „Lange“ und sein Förderer: Unter Lienen wurde Mertesacker zum Nationalspieler. Imago

Doch schon vor dem „Goldenen Oktober“ hatte Ewald Lienen sich gut in der Stadt eingelebt. „Meine Frau und ich haben uns in Hannover sehr, sehr wohl gefühlt. Architektonisch und landschaftlich eine unglaublich lebenswerte und sympathische Stadt. Wir hätten uns gewünscht, dass wir längere Zeit dort bleiben!“

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Die Spieler wollten, dass Lienen bleibt – das Management jedoch nicht

Dass es am Ende nicht so kam, lag an seinem Widersacher, Manager Ilja Kaenzig, der nur nach einer passenden Gelegenheit gesucht habe, um Ewald Lienen zu schassen. Lienen findet im Rückblick deutliche Worte: „An der Spitze des Klubs waren ahnungslose Leute. Ilja Kaenzig hat nur darauf gewartet, mich absägen zu wollen. Das habe ich dem Martin Kind damals immer gesagt, aber das wollte er mir nicht glauben.“

Der ehemalige 96-Trainer betont, wie sehr diese Konstellation an der Spitze von Hannover 96 den Klub um Jahre zurückgeworfen hat. „Martin Kind hat das damals nicht begriffen, dass er mit Ilja Kaenzig auf den völlig falschen Mann gesetzt hat, der den Klub gespalten und kaputt gemacht hat. […] Das war die übelste Erfahrung, die ich je im Profifußball gemacht habe.“

Lienen: „Martin Kind hat das damals nicht begriffen, dass er mit Ilja Kaenzig auf den völlig falschen Mann gesetzt hat.“

Ewald Lienen (ganz links), Michael Tarnet (Mitte) und das 96-Team bejubeln den 2:2-Ausgleich gegen Mainz. Einen Tag nach dem Remis entlässt Ilja Kaenzig den beliebten 96-Trainer. Imago

In der zweiten Podcast-Hälfte diskutieren Christian und Dennis mit Ewald Lienen über das Verhältnis von Fußball, Werte, Ethik und Verantwortung. Auf die Worte von Ralf Rangnick angesprochen, wonach der Fußball unpolitisch zu sein habe, bezieht Lienen eine klare Position. „Wenn er so etwas sagt, dann ist er auf dem Holzweg. Es gibt keine Bereiche mehr in der Gesellschaft, die unpolitisch sind“, sagt Lienen im 96Freunde-Podcast. „Sport ist nie unpolitisch gewesen.“

Ewald Lienen: „Es gibt keine Bereiche mehr in der Gesellschaft, die unpolitisch sind. Sport ist nie unpolitisch gewesen.“

Kann Fußball zu einer besseren Gesellschaft beitragen?

Lienen nimmt die Bundesligaklubs stärker in die Pflicht – sie sollten Umweltbewusstsein und Klimaschutz als Maßstab für ihr operatives Handeln benutzen. „Wieso machen wir Nachhaltigkeit nicht als Grundlage zur Lizensierung in der Bundesliga? Das hat Andreas Rettig gefordert, das fordere ich auch“, spricht sich Ewald Lienen für die Kopplung von nachhaltigem Handeln und der Lizenzvergabe für die Bundesligaklubs aus. Die einzelnen Spieler sieht Lienen hingegen nicht mehr als jeden anderen Bürger in der Pflicht.

Lienen appelliert, starken Druck auf die Politik auszuüben, um im Bereich des Klima- und Umweltschutzes und in sozialen Fragen Fortschritte zu erzielen. „Übergreifend in der Gesellschaft müssen wir uns Gedanken machen, wo wir hinwollen. Da spielt jeder eine Rolle. Druck auf die Politik ausüben – das ist für mich fundamental. Wenn wir das nicht hinkriegen, dass die Politiker endlich handeln, dann verlieren wir unsere Demokratie“, warnt Lienen.

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Von Hannover 96 bis zum Großen Ganzen – all das bekommt Ihr in Folge 47 von „96Freunde – der Hannover-Podcast“.

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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