Die Helden von Bochum – Florian Fromlowitz über seine bewegte Zeit bei Hannover 96 und den Blick nach vorne

Florian Fromlowitz zu Gast im 96Freunde-Podcast

Florian Fromlowitz: U21-Europameister, Nachfolger von Robert Enke und einer der Helden von Bochum. Foto: Imago

Mit einem 3:0-Auswärtssieg in Bochum gelang den 96-Spielern etwas, das ihnen wohl ganz Fußballdeutschland von Herzen gönnte: Der Klassenerhalt nach einer zutiefst tragischen Saison. U21-Europameister Florian Fromlowitz folgte im November 2009 bei Hannover 96 auf Robert Enke – und musste eine harte Aufgabe antreten, auf die er nicht vorbereitet war.

In der aktuellen Podcast-Folge spricht Dennis Draber mit Florian Fromlowitz über diese schwierige Zeit – aber nicht nur. Es geht auch um die Zeit davor und danach: Zum Beispiel, wie Torwarttrainer-Legende Gerry Ehrmann den jungen Flo zu einem der größten Talente Deutschlands ausbildete. Und wie aus dem Abstiegsendspiel in Bochum ein positiver Spirit im 96-Team entstehen konnte, der Hannover 96 im Jahr darauf bis nach Europa trug.

Jung, frech und unbekümmert: Florian Fromlowitz zu Beginn seiner Zeit bei Hannover 96 im Sommer 2008. Foto: Imago

Ein besonderer Torwartstil

Spektakulär, aggressiv, trainieren bis zum Erbrechen, auch mal mit den Füßen voraus den Gegenspieler weghauen – die harte Lauterer Torwartschule hat den jungen Nachwuchskeeper Florian Fromlowitz geprägt. „Haare nach hinten gegeelt, braun gebrannt, Brust raus“ – so beschreibt Florian Fromlowitz das Klischee des Torhüters aus der Ehrmann-Schule, aus der auch Roman Weidenfeller, Tim Wiese oder Kevin Trapp hervorgegangen sind.

Als der junge Nachwuchskeeper von Kaiserslautern zu Hannover 96 wechselte, traf er auf Robert Enke, der das komplette Gegenteil war: In sich ruhend, eher introvertiert, uneitel, Ruhe ausstrahlend. Das sei für ihn am Anfang eine Herausforderung gewesen, erzählt Fromlowitz rückblickend, auch weil er gemerkt habe, dass sein Typ in Hannover am Anfang nicht gut ankam, weshalb er seine aggressive Körpersprache zurückgefahren habe. „Ich habe aber auch gemerkt: Ich kann mich nicht komplett verstellen, ich bin der Flo, das ist mein Charakter.“ Die ersten Monate verbrachte Fromlowitz damit, sich viel von Robert Enke abzuschauen und zu lernen. „Er war mein Vorbild und Lehrer – und ein Gegenpol für mich als jungen, angriffslustigen Keeper.“ Fromlowitz entwickelte sein Torwartspiel weiter, im Frühherbst 2009 machte er einige der besten Spiele seiner Karriere.

Feier nach Schlusspfiff: Fromlowitz und seine Mitspieler machen nach dem 3:0-Auswärtssieg in Bochum die „Raupe“. Foto: Imago

Bochum 2010 als Turnaround

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„Ab der 80. Minute wusste ich: Es kann nichts mehr anbrennen. Das Spiel ist dann komplett an mir vorbeigegangen. Ich habe die letzten 10 Minuten des Spiels noch vor Augen. Ich habe an Robert gedacht, in den Himmel geschaut – ich bin ja auch ein gläubiger Mensch. Ich habe das Gefühl gehabt, dass da irgendwie eine Bindung zu Robert war – auch wenn ich natürlich wusste, dass er nicht mehr unter uns ist.“

„Den Rucksack haben wir in Bochum gelassen, wir wollten einfach nur nach vorne.“

Der 3:0-Auswärtssieg in Bochum war ein Turnaround für Hannover 96. Nach dem Klassenerhalt verließen viele langgediente Spieler wie Jiri Stajner, Hanno Balitsch oder Arnold Bruggink den Verein. Neue unbekümmerte Spieler wie Lars Stindl oder Moa Abdellaoue wechselten zu Hannover 96, spielten frech und unbekümmert auf. „Die Neuzugänge haben absolut gezündet, tolle Typen kamen zur Mannschaft, der Mix aus erfahrenen und jungen Spielern hat einfach gestimmt. Das Kollektiv hat funktioniert, auch wenn wir individuell vielleicht gar nicht die besten Spieler waren. Es hat alles gepasst“, sagt Florian Fromlowitz. „Den Rucksack haben wir in Bochum gelassen, wir wollten einfach nur nach vorne. Wir hatten eine Aufbruchstimmung in Hannover, die Leute haben mitgezogen, sie haben gemerkt: Das Leben geht weiter!“

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Spaß unter Kollegen: Fromlowitz mit Schmiedebach und Schulz. Foto: Imago

Entscheidungen mit großer Tragweite

Florian Fromlowitz bekam zur neuen Saison die Nummer 1 als Rückennummer – „eine absolute Ehre, wobei ich das ehrlicherweise hätte ablehnen sollen. Die 27 hatte ich schon immer in Kaiserslautern, ich hätte sie behalten sollen.“ Umso härter traf es ihn, als Trainer Mirko Slomka ihn in der Winterpause auf die Bank setzte. Nachdem Slomka ihn kurz vor dem ersten Rückrundenspiel über seine Entscheidung informiert hatte, kamen ihm die Tränen. Florian Fromlowitz wollte unbedingt spielen, fühlte aber keine Rückendeckung vom Verein, weder vom Trainer noch vom Management. Er verließ Hannover 96 – und ärgerte sich hinterher sehr über diese Entscheidung. „Ich habe mich oft gefragt: Was wäre gewesen, wenn ich geblieben wäre?“ Es folgten unglückliche Stationen bei unterklassigen Vereinen, misslungene Neuanfänge und eine böse Verletzung. „Ich bin dankbar, dass mein Bein nicht amputiert werden musste, es war knapp.“ Trotzdem – oder gerade deshalb – blickt Florian Fromlowitz voller Dankbarkeit auf seine Zeit als Profitorhüter zurück. „Ich bin dankbar für die schönen Erlebnisse und möchte nichts missen.“

„Ich habe mich oft gefragt: Was wäre gewesen, wenn ich geblieben wäre?“

Die 96-Fans verabschieden ihren Keeper. Foto: Imago

Was macht Florian Fromlowitz heute – und mit welchem Spieler von Hannover 96 ist er nach wie vor befreundet? Auch darauf gibt es spannende Antworten in Folge 42 von „96Freunde – der Hannover-Podcast“.

Ein Jahrzehnt später: Florian Fromlowitz blickt dankbar auf seine Zeit als Profitorhüter zurück. Foto: Imago

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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1 Kommentar

  1. Hallo liebe 96er.

    Danke für diesen Beitrag. Auch ich werde diese Saison nicht vergessen. Beim letzten Spiel von Robert Enke war ich auch im Stadion. Als dann die Nachricht kam, dass er tötlich verunglückt ist, konnte ich es garnicht glauben. Zu der Zeit war ich in Goslar zu einer Umschulungsmaßnahme. Als ich am nâchsten Tag mit 96 Schal über das Gelände ging, kamen sogar eingefleischte Braunschweigfans auf mich zu, und empfanden tiefe Trauer über den Selbstmord. Das hat mich tief bewegt. 

    Ich kann mich auch noch sehr gut daran erinnern, dass das Trikot von Robert unter dem Stadiondach aufgehängt wurde. Nach einigen Niederlagen hat man es wieder abgenommen, weil die Spieler angeblich emotional nicht alles anrufen konnten. Um so erstaunlicher war sicherlich der Klassenerhalt.

    Ich denke noch sehr oft an diese Zeit, vor allem an die Worte vom damaligen DFB Vorsitzenden. Das wir viel sensibler mit dem Thema Depression umgehen sollten. Und heute ist davon kaum noch die Rede. Beleidigungen, die weit unter die Gürtellinie gehen, sind doch längst wieder eingezogen.

    Nicht nur von den Fans, da könnte man es noch verstehen, dass gehört wohl immer dazu. Soll manche Krassen Verunglimpfungen aber in keiner Weise entschuldigen.

    Viel schlimmer finde ich es, wenn es von Sportjournalisten kommt, nicht war Hr. Willeke? Wie kommen sie eigentlich dazu, Mirko Slomka, und Jan Schlaudraff als Sportliche Geisterfahrer zu bezeichnen. Ja, es wahr wirklich eine sehr durchwachsene Saison, aber deswegen die Mannschaft als Trümmerhaufen zu betiteln, ist für mich einfach nur extrem schlecht geschrieben.

    So, dass musste noch Mal raus. Ab jetzt werde ich mich über das geschriebene unsere Journalisten nicht mehr ärgern.

    Euch allen wünsche ich noch eine schöne Woche.

    Euer Harry96   Niemals allein.

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