Verkrampftes 96 an der Bremer Brücke

Gegen den niedersächsischen Nachbarn aus Osnabrück konnte Hannover 96 nicht an der starken Leistungen der letzten Wochen anknüpfen.

Es hätte die „Woche des Wohlempfindens“ werden können. Der kurz und heftig von der Fanszene bekämpfte Investorendeal scheint tatsächlich vom Tisch zu sein. Fanliebling und Leistungsträger Enzo Leopold unterschrieb einen frischen neuen Vertrag bis 2026 bei 96 und auch RR Zieler und Cedric Teuchert scheinen auf der Zielgeraden einer Vertragsverlängerung zu sein. Rein sportlich fing das aktuelle Wochenende zudem schon ganz charmant mit einer Niederlage von Kiel an, womit 96 mit einem Sieg weiter in Reichweite der Top drei hätte bleiben können.

Als wäre die Aussicht auf den fünften Sieg in Folge für 96 nicht sexy genug gewesen, konnte man plötzlich und unerwartet den Namen von Lars Gindorf im Kader lesen. Durften bei der Gala im Hinspiel noch die jungen Mohammed Damar und Antonio Foti Einsatzzeiten sammeln, wäre in Osnabrück also das 96-Profidebüt unseres U23-Kapitäns und Shootingstars möglich gewesen.

Lars Gindorf stand erstmals im Aufgebot von Hannover 96 – und könnte in den kommenden Jahren für Furore sorgen.

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Hannover 96 machte von Anfang an Dampf und drückte den Tabellenletzten mit gewohnt frühem Pressing im lilaweißen Strafraum fest. Hier zeigte sich Nicolo Tresoldi erneut als Aktivposten (16 Ballkontakte, 88% Passgenauigkeit, 7 gewonnene Zweikämpfe, mit 35,8 km/h der zweitschnellste Sprint des Spiels). Als Nicolo nach einer guten Kopfballchance in der 30. Minute mit einer Gehirnerschütterung vom Platz musste, gingen auch 96 urplötzlich die Ideen in der Offensive aus. Der Wert des Jungen für unser Spiel und unser Wohlgefühl ist momentan unbeschreiblich. Gute Besserung, Nico, komm bitte schnell wieder gesund zurück!

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Plötzlich ließ sich 96 auf das rumplige Spiel der Gastgeber ein und tat sich vor dem Strafraum schwer. Passend zu dem kruden Gebolze stellten Ton und Bild meines TV-Anbieters abwechselnd den Service ein, was den Rest der Partie noch nerviger machte. Dennoch waren die Roten anhand der Zahlen in allen Bereichen überlegen und ständig im Vorwärtsgang, wie die Statistik der „Angriffsphasen“ belegte. Es kamen einem die Tränen, wenn man sah wie druckvoll und dominant 96 agierte, ohne daraus Wert zu schöpfen. Am Ende gab es ein einziges Mal Gefahr im eigenen 16er, bei der die Zuordnung von 96 nicht stimmte und Erik Engelhardt komplett blank per Kopfball einnicken durfte. Andersrum verteidigten die Westniedersachsen humorlos unsere neuen, gefährlichen Standards weg, rührten Beton an und hatten in drei bis vier Szenen das Glück auf ihrer Seite, als zu Beispiel zwei Bälle noch von der Linie gekratzt wurden.

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Nur mal ein paar Beispiele für die spielerische Überlegenheit der 96er:
– Sebastian Ernst erreichte in der ersten Hälfte eine Passquote von 100% (19 Pässe), die Quote des Teams lag bei 85%.
– Enzo Leopold geriet zehnmal mit dem Ball am Fuß unter Druck, konnte die Situation aber neunmal souverän mit einem Pass klären
– Enzo Leopold spielte sechs sogenannte „key passes“, die anschließend zu einem Torschuss führten
– Arrey-Mbi, Halstenberg, Leopold und Dehm spielten zusammen 25 Pässe ins letzte Drittel
– auch bei progressiven Pässen, also Pässe über die Mittellinie in den offensiven Bereich, waren Arrey-Mbi (7) und Leopold (6) auffällig
– Neumann und Arrey-Mbi waren laut Zahlen sehr auffällig, was vorwärts gelaufene Meter mit dem Ball angeht (Antreiber)
– Max Christiansen zählte in seinen nur 30 Minuten Spielzeit zu den Top sechs Spielern mit den wichtigsten Ballaktionen

 

Hannover 96 zeigt in Osnabrück eine schwache Leistung und kassiert die erste Niederlage in diesem Jahr.

Das zeigt, dass die Roten durchaus um Lösungen bemüht waren, auch wenn es am TV und von der Tribüne aus eher lust- und ideenlos aussah. Am 16er war dann aber meist Schluss. Es wurde zwar viel probiert, geflankt, gelupft, aber es gelang keine Kombination oder kein tödlicher Pass durch die enge Reihung des VFL. Es war brotlos Kunst…

Enzo Leopold agierte erneut als sichtbarer Strippenzieher, mit hoher Effizienz bei den Pässen, der sich immer wieder clever aus dem Pressing gegen sich befreien konnte. Was fehlte waren allerdings Lösungen auf engem Raum, schnelleres Kombinationsspiel und überraschende Läufe. Alles eigentlich Kompetenzen von Louis Schaub und Kolja Oudenne, die aber genauso wie Andreas Voglsammer und Cedric Teuchert total blass blieben.

96 reihte sich ein in die Reihe der Liga-Goliaths, die an der Bremer Brücke Federn lassen mussten. Hamburg wurde hier rasiert, Pauli und Kiel mussten sich mit einem Unentschieden begnügen.

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Was auffällt ist, dass unsere Roten seit zwei Spielen weg sind von ihren blitzschnellen Toren in der Anfangsviertelstunde. Schießen wir sofort ein frühes Tor an der Bremer Brücke, wird das Spiel ein ganz anderes. Hier muss geschaut werden, wie wir diese überfallartige Dynamik wieder auf den Platz bekommen.

Früher Treffer waren bis dato das Aushängeschild von Hannover 96 im Jahr 2024

Durch frühes Pressing hatten wir recht schnell den Ball wieder zurück, nutzten die wenigen Chancen aber zu schlampig. Zumindest als Nicolo Tresoldi noch auf dem Platz stand, hatte man bei seinen Aktionen immer das Gefühl, dass gleich etwas passieren könnte. 96 brauchte diesmal zu lange, um sich überhaupt mal in Position zu bringen. In der Offensive hätten an diesem Tag vielleicht mal die flinken Füße von Antonio Foti und Lars Gindorf gut getan. Das muss beides unbedingt wieder in die Köpfe rein, dann holen wir uns auch wieder zählbare Erfolge ab.

Spielerisch war das nicht schlechter als gegen Rostock und Fürth, nur mehr kämpferisch garniert und Osnabrück wusste unsere Standards auch besser zu verteidigen. Die restlichen Chancen durch Nielsen und Halstenberg regelte dann der Tipico-Gott.

Was wir aktuell sehen können ist, dass Hannover lieber gegen spielende Teams antritt, die Dominanz ausstrahlen wollen. Bollwerke hingegen wie Rostock oder Osnabrück sind immer schwierig zu spielen. Da wird auch Peine-Ost ganz genau Notizen fürs Derby gemacht haben. Wir können also froh sein, dass mit Düsseldorf als nächstes wieder ein direkter Konkurrent kommt, der Fußball spielen will und damit Räume anbietet.

Und noch etwas:
Was mögen Hamburg und Fürth zuletzt gedacht haben, als wir sie erst niederrangen, um dann in der Nachspielzeit sogar noch den Lucky Punch zu versenken? Dort waren unsere späten Tore wahrscheinlich genauso wenig „expected“ wie das nun von Osnabrück gegen uns. Also Sportsfreunde, wie Kollege Henrik bereits schrieb, Kirche im Dorf lassen, verlieren kann man immer wieder mal durch die schlammige Auftritte, das gehört zum Fußball dazu.

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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