Für Hannover 96 eine Niederlage mit Lichtblicken

Lars Gindorf kann zum Faktor X in der Offensive werden. Der neue Konkurrenzkampf dürfte ihn beflügeln.
Lars Gindorf kann zum Faktor X in der Offensive werden. Der neue Konkurrenzkampf dürfte ihn beflügeln.

Wie kann es sein, dass man so ein Spiel verliert? Die Antwort darauf lässt sich eigentlich leicht formulieren, denn wer bei 8:4 Schüssen aufs Tor, bei 7:4 Ecken und 2:1 Großchancen am Ende doch leer ausgeht, darf sich nicht wundern. 1,7 zu 0,8 xG-Wert, es hätte ein geiler Nachmittag werden können…

Mit einem nahezu vollzählig ausgefallenen Sturm stand Stefan Leitl vorab vor großen Problemen. Dennoch machte aber das Beste aus der Situation, indem er hinter Nicolo „Lord Helmchen“ Tresoldi die untriebigen Lars Gindorf und Louis Schaub wirbeln ließ. Selbst Gäste-Trainer Fabian Hürtzeler zeigte sich auf der anschließenden PK überrascht von der variablen Offensive unserer Niedersachsen, die er so nicht erwartet hatte. Damit bekam seine sonst so sattelfeste Defensive doch so einige Probleme und wurde mit klasse Steckpässen in die Tiefe vor allem in Person von Sei Muroya immer wieder hinterlaufen.

Hannover 96 lief diesmal etwas zurückgezogener ab der Mitte der gegnerischen Hälfte an. Man verbuchte immer wieder griffige Interceptions und schaltete sofort flott in den Angriffsmodus. Muroya, Tresoldi, zweimal Gindorf und Neumann kamen durch Attacken in der Folge zu dicken Chancen, die nur (mal wieder) nicht genutzt wurden.

Seit seinem Comeback hat Sei Muroya das Zepter bei Hannover 96 wieder in die Hand genommen.

Die Kicker vom Kiez befreiten sich von der Last zweier vorausgegangener Niederlagen durch eiskalte Effizienz. Drei Torannäherungen im ersten Durchgang reichten und es stand plötzlich 0:1. Jannik Dehm hatte auf links wohl vergessen, dass heute kein Bright Arrey-Mbi als Lebensversicherung hinter ihm wachte. Apropos links: im linken Mittelfeld durfte Brooklyn Ezeh wichtige Comeback-Minuten sammeln. Auch wenn er stellungstechnisch und in den Zweikämpfen noch nicht bei 100% war, darf seine Rückkehr als Belebung und Lichtblick gewertet werden. Seine präzisen Hereingaben hatte Brooks zumindest nicht verlernt.

Das erste Profitor von Gindorf weckt Erinnerungen

Dann schrieb das Spiel ein neues Märchen, als Lars Gindorf kurz nach dem Rückstand einen durchgerutschten Ball zu seinem viel umjubelten ersten Profitor nutzen konnte (44. Minute, Vorlage Louis Schaub). Der Online-Shop brach augenblicklich zusammen und in der Halbzeit bildete sich eine lange Schlange im Fanshop, um sofort ein Gindorf-Trikot abzugreifen. Vom Regionalliga-Bordstein zur Profi-Skyline, Henne Weydandt gefällt das.

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Das erste Profitor von Lars Gindorf weckt in Hannover Erinnerungen an Hendrik Weydandt.

Wie bereits geschrieben, es hätte ein toller Nachmittag werden können, auch mit diesem bis dahin simplen Unentschieden. Auch als Johannes Eggestein in der 65. Minute zum 1:2 einköpfte, waren Spieler und Fans nur kurz geknickt. Hannover blieb weiter druckvoll im Vorwärtsgang und suchte den erneuten Ausgleich gegen den immer souveräner aufspielenden Aufstiegsaspiranten.
In Minute 73 schenkte Coach Leitl seinem 19jährigen Talent Montell Ndikom dann den ersten Profieinsatz und machte seinem Ruf als Förderer der „jungen Wilden“ alle Ehre. Erneute Gänsehaut im ausverkauften Niedersachsenstadion. Kurz später ließ der Coach auch noch Kolja Oudenne von der Leine, sodass es für die ewigen Kritiker wirklich nix zu meckern gab. Zu dem Zeitpunkt fühlte man sich zumindest wie der Sieger der Herzen. Vier Akademie-Youngster in einem Spiel auf dem Platz, es war wie ein Traum. Cedric Teuchert quälte sich am Ende noch 15 Minuten für den Sieg und hatte eine fette Chance auf dem Puschen. Doch Pauli-Keeper Vasilj zeigte sich in Bestform und ließ sich an diesem Tag kein zweites Mal mehr lumpen. Dank ihm durften die Hamburger am Ende doch wieder vom direkten Aufstieg träumen.

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Stefan Leitl verteidigt seinen Ruf als Förderer

Auch nach den bereits abgehakten Aufstiegsambitionen ist die erst siebte Niederlage in dieser Saison nach diesem Spielverlauf ärgerlich, denn die Konkurrenz bis Platz acht oder neun ist nochmal erwacht und will uns auf den letzten Metern an die üppigen Fernsehgelder. Die Mannschaft tat am Sonntag zunächst auch alles dafür, dass kein Schlendrian einkehren konnte. Doch ohne Harvard Nielsen, Andi Voglsammer, Bright Arrey-Mbi und mit einem überhaupt nicht fitten Cedric Teuchert ließen wir erst die Kaltschnäuzigkeit vermissen und verloren dann in Halbzeit zwei immer mehr den Zugriff gegen abgeklärte, laufstarke Kiezkicker.

Es ist schon zum Haare raufen, wie sich Verletzungen und Ausfälle wie die Pest durch die Rückrunde ziehen. Man bedenke nur mal, in welchen Flow man sich hätte spielen können. Und dennoch bieten solch vermeintliche Handicaps auch immer die Chance für die zweite Reihe, um sich zu zeigen. Gerade unsere Youngster aus der Akademie konnten diese Saison dank eines mutigen Trainer-Teams davon profitieren.

Bevor Stefan Leitl vor anderthalb Jahren übernommen hatte, wurde am Maschsee mehr gegen den Abstieg als Richtung Aufstieg gespielt. Mit ihm wurde sich erst stabilisiert und diese Saison dann dauerhaft unter den Top sechs mitgespielt. Der Fußball insgesamt ist besser und attraktiver geworden, was man auch am Zuspruch der Zuschauer sieht. In 23 von nun 30 Spielen wurde gepunktet, man steht gut eingespielt und mit Teamspirit da.

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Nebenbei holte unsere U23 übrigens einen wichtigen Punkt gegen Oldenburg und bleibt Tabellenführer der Regionalliga Nord. Auch diese Welle wird weiter gesurft.
Man sollte sich also nicht zu lange ärgern, sondern stattdessen darüber freuen, was gerade an gutem, nachhaltigem Fußball in Hannover aufgebaut wird. Eine weitere Saison in Liga zwei wird (in spielerischer Hinsicht) nicht schaden, ganz im Gegenteil. Freitag geht’s nun mit rund 8000 Fans ins Olympiastadion nach Berlin, um die Hertha auf Distanz zu halten. Lars Gindorf gefällt das.

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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