Hannover 96 surft sowohl sportlich als auch stimmungstechnisch auf einer meterhohen Welle. Der Derbysieg gegen Blau-Gelb hat die bisherige Saison vorläufig gekrönt, niemand spricht mehr vom Holperstart. Inzwischen zählen die Roten für viele ehemalige Profis und Experten zu den Mannschaften der Stunde – ganz oben thront jedoch der kommende Gegner…
Martin Kind hat sich festgelegt:
„Das Ziel kann nur die erste Liga sein. Hamburg braucht einen Erstligisten, mindestens einen. Und Hannover braucht auch einen.“
Stefan Leitl und seine Jungs sollen es am liebsten also doch schon in diesem Jahr packen, den Schuh lässt sich Leitl aber nicht ganz so einfach anziehen. Sicherlich würde das niemanden stören, doch die jüngere Vergangenheit hat gezeigt: Stress und Druck ist der Erzfeind Nummer Eins für Hannover 96. In den letzten Wochen war es ruhig im medialen Umfeld, die Stimmung unter den Fans war bombastisch und in der Konsequenz rangieren die Landeshauptstädter auf dem dritten Tabellenplatz.
Diese Ruhe darf man sich nicht nehmen lassen, schon gar nicht vor dem anstehenden Spitzenspiel beim FC St. Pauli. Die Hamburger sind die Überraschung der Spielzeit. Zwar hat man in der jüngeren Vergangenheit immer wieder mit starken Leistungen auftrumpfen können – eine solche Konstanz wie in der jetzigen Zeit gab es jedoch noch nie. Im ausverkauften Millerntor-Stadion wartet heute Abend ein richtiger Brocken. Doch eins vorweg: Wenn ein Hannover 96 der letzten Jahre Punkte holen kann, dann Diese Truppe.
Die Schlüsselfigur der Paulianer ist Cheftrainer Fabian Hürzeler. Der 30-Jähriger ist erst am 22.12.2022 in das Amt an der Seitenlinie geschlüpft und hat seine Vita seitdem ordentlich aufpoliert. In seinen 31 Sielen als Coach ergatterte er einen sensationellen Punktedurchschnitt von 2,31, in dieser Saison ist seine Mannschaft noch ungeschlagen. In zwölf Spielen erkämpften sich die Hamburger 26 Zähler – fünf mehr als Hannover 96.
Lese-Tipp: So erlebt unser Redakteur den souveränen Derby-Sieg
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Besonders interessant dürfte es rund um den heimischen Sechszehner werden, denn die stärkste Offensive (96 mit 26 Treffern) trifft auf die stärkste Defensive (Pauli mit neun Gegentoren) der Liga. Zwar müssen die Roten auf Topscorer Cedric Teuchert verzichten, doch auch Havard Nielsen (4 Tore), der fitte Nicolo Trésoldi (2 Tore, 3 Vorlagen) und die quirlige Voglsammer und Schaub können für genug Wirbel sorgen.
Das ist gegen die Kette um Hauke Wahl, an welchem auch Hannover 96 interessiert gewesen sein soll, Karol Mets und David Nemeth auch zwingend notwendig. Vor allem in der Luft (195 gewonnene Kopfballduelle) ist man um den eigenen Elfmeterpunkt herum bockstark, Standards werden konsequent wegverteidigt. Die Chance für Hannover: Das zuletzt gezeigte 3-4-3-System birgt ein höheres Konterrisiko. Keeper Vasilj hat in 12 Spielen 24 Schüsse gehalten, meiner Meinung nach ist er aber nicht unüberwindbar. Wenn wir es schaffen, die Kette auseinanderzuziehen und sie mit unsern schnellen Flügelspielern, insbesondere über Köhn, zu unterlaufen, haben wir im letzten Drittel eine realistische Chance.
Um unsere Hintermannschaft mache ich mir derweil keine Sorgen. Anführer Marcel Halstenberg brilliert mit 97 gewonnenen Zweikämpfen, 34 erfolgreichen Kopfballduellen und körperlicher Robustheit. Ähnliches gilt für Phil Neumann, 114 siegreiche Zweikämpfe, 36 gewonnene Kopfbälle und mindestens die selbe Robustheit. Zudem schnell in der Rückwärtsbewegung. Auch Ron-Robert Zieler ist rechtzeitig zum Topspiel fit geworden, ein regelrechter Trumpf.
Denn unsere Schlussmann, der in dieser Saison bereits dreimal zu Null spielte und bereits 43 (!) Schüsse abwehrte, ist eine wahre Kante zwischen den Pfosten. Etwaige Topleistungen sind gegen die starke Offensive des Gegners (24 Tore) auch dringen notwendig. Besonders aufpassen muss man auf Mittelstürmer Johannes Eggestein (6 Tore), der sich im Hürzeler-System immer wieder aus seiner traditionellen Position löst und so die Hintermannschaft umkurvt. Auch Mittelfeldmotor Marcel Hartel (6 Tore, 5 Vorlagen) bricht immer wieder aus und zieht gerne von außerhalb des Sechszehners ab.
Wenn wir es schaffen, diese beiden Personalien in Schach zu halten, haben wir bereits die halbe Miete gesichert. Die Qualität dieser Akteure ist zwar beachtlich, die Quantität der anderen Offensivakteure jedoch nicht ganz so hoch. Ich bin mir sicher: Die breite Brust nach dem Derbysieg wird auch heute Abend erkennbar sein. Ein Unentschieden ist definitiv drin!
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