Auch andere Mütter haben schöne Töchter

Und andere Vereine können auch Fußball spielen, ob man es wahr haben will, oder nicht. Deshalb sollte man ein in der subjektiven Wahrnehmung unbrauchbares Unentschieden beim „Fußball-Zwerg“ Elversberg auch nicht zu tief stapeln.

Es war am Ende eine gerechte Punkteteilung gegen einen unbequemen Liganeuling. Wir erinnern uns ungern an den Saisonstart im letzten Sommer, als „die Elv“ plötzlich sehr schnell und sehr frech 2:0 im Niedersachsenstadion führte. Es kostete viel Schweiß, um die Katastrophe noch in ein erträgliches 2:2 zu drehen.
Rund 6 Monate später machte der Großteil der roten Fanbase erneut den Fehler, Elversberg zu Fallobst zu erklären und save 3 Punkte ein zu fordern. Dass die Saarländer über ausgepriesene Stärken verfügen und sich als Tabellennachbar von uns festsetzen konnten, blendete man mal wieder hochmütig aus.

Man sollte dazu vorab auch bedenken:
Hannover blieb in seinen letzten 6 Auswärtsspielen ohne Sieg (2 U, 4 N) und die letzten 3 Auftritte davon sogar ohne eigenen Treffer. 9 Punkte aus den bis dahin 9 Auswärtsspielen der Hinrunde sind interner Tiefstwert in diesem Jahrtausend!
Nachdem Martin Kind diese Woche trotzdem mal wieder sein „vollstes Vertrauen“ ausgesprochen hatte, mußte Stefan Leitl bei solcher Zahlenkenntnis ordentlich die Muffe gegangen sein. Denn Elversberg hatte sich bereits zum Hinrundenauftakt als ungemütlicher Stolperstein entpuppt.

Unbeeindruckt machte 96 mit Anpfiff sofort Druck und lief bis zum Ende der Partie mehr Meter als die ausgewiesenen Kilometerfresser aus dem Saarland. Das System der Raute funktioniert halt auch nur, wenn viel gerannt und Richtung ballführendem Spieler verschoben wird. Das Ganze bei eisigen Temperaturen und dem erneut 12minütigen Stimmungsboykott der Fanszenen gegen den Investoren-Deal im deutschen Profifußball.

Trotz eines gesunden Auftritts in der ersten Halbzeit kann Hannover 96 nur einen Punkt aus Elversberg mitnehmen.

Und noch während die gut 2000 mitgereisten Schlachtenbummler unter den 8150 Zuschauern im Waldstadion diszipliniert schwiegen, brachte Derrick Köhn die erste Ecke des Spiels von rechts in den Strafraum, die unser Elversberg-Schreck Nicolo Tresoldi mit einem wichtigen Kopfball in den vereisten Maschen versenkte. Bäm, ein Tor nach Standard, eine echte Rarität!
Es war das 7. Tor unserer Roten in der Anfangsviertelstunde und damit Ligabestwert! Ich müsste nochmal genau nachschauen, aber ich möchte wetten, dass an den meisten dieser frühen Treffer immer Nico Tresoldi und/oder Derrick Köhn beteiligt waren… Wir merken uns also: Köhn offensiv heute hui. Und kommen später nochmal drauf zurück.

In der direkten Folge passierte allerdings das, was man hinterher als den Grund für liegen gelassene Punkte definieren konnte:
96 betrieb Chancenwucher deluxe und hätte bis zur Pause den Sack zumachen MÜSSEN! Voglsammer, Tresoldi, Halstenberg und Köhn scheiterten aussichtsreich.

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Es überraschte nicht, dass Elversberg irgendwann natürlich stärker wurde. Dennoch darf 96 sich nicht so passiv hergeben. Obwohl die frisch implantierte Mittelfeld-Raute bereits ihre Wirkung zeigte und 96 hierdurch eine ganz andere Dynamik, mehr Druck und Ballbesitz auf den Platz brachte als zuletzt im favorisierten 3-5-2. Gegen den Ball wurden durch kluges Verschieben die Räume eng gemacht und Elversberg auf die Außen gedrängt. Dort fingen Köhn und Muroya die Bälle gut ab und trieben sie flink nach vorne. Es gab immer anspielbereite Rote, und Ernst und Oudenne konnten sich häufig dem Pressing entziehen, um Angriffe ein zu leiten. Obwohl Ernst nicht auf 100% agierte und kaum im klassischen 10er Raum zu finden war, wirkte der eigene Spielaufbau doch sehr kombinationssicher und dynamisch. 96 zelebrierte eine hervorragende Passquote im Mittelfeld von durchschnittlich 90%. Die Vorteile einer funktionierenden Raute halt. Zumindest meinen Augen gefiel das, was sie zunächst sahen.

Früh setzte Hannover 96 ein erstes Ausrufezeichen.

Dann aber offenbarte sich nach gut 20 Minuten auch die Kehrseite der neuen Mittelfeld-Ordnung: Derrick Köhn interpretierte seine Rolle als Außenverteidiger zu offensiv und leistete sich defensiv wieder ein paar Schnitzer. Kennen wir ja so noch vom ersten Versuch mit Viererkette am Anfang der Hinserie. 20 Ballverluste sind als linker Verteidiger einfach zu viele. Muroya auf rechts übrigens auch nicht besser.

Und so kam es nach der Pause so, wie es sich bereits andeutete: Ballverlust auf Köhns linker Seite, Hereingabe, Halstenberg und Neumann-Vertreter Lührs bekommen den Ball nicht geklärt, zack, Ausgleich 1:1. Auch das unmittelbar danach folgende 2:1 entsteht auf unserer linken Außenbahn, nämlich nach der Hereingabe eines Freistoßes. Und wieder wirken unsere Innenverteidiger nicht bei der Sache.

Nach dem 2:1 brachte Stefan Leitl mit Teuchert und Nielsen unmittelbar zwei Mentalitäts- bzw Unterschiedsspieler. Und 9 Minuten später konnte Nico Tresoldi dadurch noch seinen Doppelpack schnüren. Im Stile eines echten Torjägers, indem er sofort den direkten Anschluß suchte.
In der 81. Minute hatte der Teufelskerl sogar die Chance auf sein drittes Tor.

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Ok, wie haben wir dieses Unentschieden nun einzuschätzen?
Es gab in meinen Augen mehr Positives als Negatives an diesem Nachmittag. Das sahen übrigens auch Trainer Leitl und Kapitän Ron-Robert Zieler so. Mal abgesehen vom Frust, momentan nicht in der Tabelle vorwärts zu kommen, war der gezeigte Fußball doch ganz ansehnlich…:
– Es gab eine hohe Laufbereitschaft im Mittelfeld
– Es wurden einige gute Chancen herausgespielt, die wir nächstes Mal nutzen werden
– Mit Kunze und Tresoldi führen 2 Hannoveraner die Liste der meisten gewonnenen Zweikämpfe an. Kunze mit fast doppelt so vielen Gewinnen wie der beste Elversberger. Allerdings kann 96 auch nur 3 Spieler in den Top10 dieser Kategorie anbieten.
– Kolja Oudenne brachte wieder viele Kilometer und Lösungen im letzten Drittel auf den Platz. Der Junge macht Spaß!
– Nicolo Tresoldi legte einen mega Start hin und landete direkt in der „Kicker Elf des Tages“
– eine Spielidee ist erkennbar
– das Team kommt nach dem doppelten Nackenschlag wieder zurück
– Yannik Lührs erfährt 24 Stunden vor Anpfiff, dass er spielt und vertritt Phil Neumann sehr solide

Schön, dass Du zurück auf dem Platz bist, alte rote Liebe, egal was andere reden…!

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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2 Kommentare

  1. Danke für diesen Bericht. Genauso sehe ich es auch. Ich kann das Trainer Bashing und die Nörgeleien der großen Hannoveraner Zeitungen nicht mehr hören. Fussball soll doch Spaß machen. Es wird viel zu viel kritisiert und viel zu viel erwartet. Das sind aus meiner Sicht alles arrogante Ansichten die dort vertreten werden. Ich finde gerade das regionale Konzept mit jungen Spielern absolut herausragend! Ja, natürlich fehlen jetzt vielleicht ein paar Punkte, aber die Roten waren immer konkurrenzfähig! Jedes Spiel in dieser zweiten Liga ist eng und spannend. Deswegen macht diese Liga auch richtig Spaß. Alles kann passieren. Leider kann man wohl in dieser Liga nicht genug Geld verdienen… aber ansonsten würde ich mir wünschen: 96, bitte nicht aufsteigen, werdet guter vierter, die zweite Liga ist wesentlich spannender als die erste Liga. Wer will schon in diese, aus meiner Sicht, langweilige, vorhersehbare und unattraktive erste Liga …

    • Hi Sven,

      ich sehe es so wie du! Ich kann den ewigen Wunsch des Aufstiegs natürlich verstehen, aber die Freude im Stadion ist wichtiger. Und der Support in der Kurve gibt dem ja Recht.

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