Das Ende seiner Stürmerkarriere kam nicht wirklich freiwillig: Thomas Brdarić nahm 2008 Abschied von Hannover 96, nachdem er für die Roten in einer Saison sogar 12 Saisontore geschossen hatte. Es folgten zahlreiche Rehabilitationsmaßnahmen, doch heute ist er wieder obenauf. Allerdings nicht mehr als Torjäger, sondern in ganz anderen Bereichen. Ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit: In der Sommerpause ist genug Zeit, um auch mal in Erinnerungen zu schwelgen.
Die größten Erfolge erlebte Brdarić bei Bayer Leverkusen, er spielte in der Champions League und kam mit seinem Team 2002 sogar bis ins Finale. Zweimal durfte er sich über die Vizemeisterschaft der Bundesliga freuen und auch in der Nationalmannschaft war er aktiv. In Erinnerung geblieben ist er aber vor allem den Fans von Hannover 96. Deshalb möchten wir seinen Weg, der von Auf und Abs gekennzeichnet ist, einmal genauer beleuchten, um den Menschen und Sportler hinter der Fassade zu entdecken. Außerdem klären wir, was Brdarić mit Gesangskünsten, Texas Hold’em und dem Fährhaus am Niederrhein zu tun hat. Die Details aus unserem Sommerpause-Ausflug wecken bei älteren Hannover 96-Fans sicherlich Erinnerungen und lassen die jüngere Generation an alten Zeiten teilhaben.
Brdarićs Zeiten als junger Stürmer in den 90ern
Thomas Brdarić stammt aus Nürtingen, einer baden-württembergischen Mittelstadt, etwa 20 km von Stuttgart entfernt. Damit gehört der Ort noch zur Metropolregion der schwäbischen Landeshauptstadt. Der spätere Torjäger ist kroatischer Abstammung und heute 44 Jahre alt. Seinen Fußballstart machte er beim VfB Neuffen, dann wechselte er zum FV Nürtingen und anschließend zu den Stuttgarter Kickers. Schließlich landete Brdarić beim VfB Stuttgart. Von da an erreichte der junge Stürmer die nationalen Schlagzeilen und wurde als ein Hoffnungsträger gehandelt.
Ein Hobby für Menschen mit starken Nerven: Poker
Auch noch Jahre später, als er die Höhepunkte seiner Karriere bereits hinter sich hatte, wusste er, wie man in den Medien für Furore sorgt. Als Thomas Brdarić altgedienter Fußballstar war, nahm er als einer der ersten Fußballer der Bundesliga aktiv an Pokerturnieren teil. In der Saision 2007/2008 startete er bei der Deutschen Pokermeisterschaft. In einem Interview erzählte er später, dass er die Poker-Regeln während der Reha-Pause nach einer Verletzung lernte und danach viel Online Poker spielte. Hier qualifizierte er sich auch für das damalige Turnier. Brdarić sollte danach noch häufiger in der Presse in diesem Zusammenhang auftauchen, zum Beispiel durch seine Kooperation mit dem Online Poker Anbieter 888Poker. Aber auch bei „Beat the Stars“ und bei Stefan Raabs Pokershow trat der Spieler auf und geriet dadurch auf neue Art ins Rampenlicht. Doch kehren wir zurück vom Pokertisch wieder auf den grünen Rasen, denn dort zeigte der Stürmer immer noch seine stärksten Seiten.
Der Aufstieg als erfolgreicher Torjäger in der Bundesliga
Der Wechsel 1994 vom VfB zu Fortuna Düsseldorf brachte ihn vom Schwabenland ins Herz Nordrhein-Westfalens. 1996 folgte der SC Fortuna Köln, von 1999 bis 2003 blieb er Bayer Leverkusen treu und wurde Vizemeister. Dann erfolgte in der Saison 2003/04 die Ausleihe an Hannover 96. Für die „Roten“ erzielte er 12 Saisontore und war damit der erfolgreichste Torschütze der Saison. Nachdem Fredi Bobic (14 Tore in der Vorsaison) Hannover verlassen hatte, hatten die „Roten“ mit Brdarić wieder einen erfolgreichen Mittelstürmer in ihrem Kader. Im Zusammenspiel mit Thomas Christiansen (von den 96-Fans liebevoll als „Thomas und Thomas“-Sturm bezeichnet) zeigte Brdarić seine Torgefahr. Doch wie bei Bobic währte die Freude der 96-Fans an ihrem Toptorschützen nicht lang. Brdarić wurde von Leverkusen an den VfL Wolfsburg verkauft.
Eine Saison darauf gab es dann doch noch so etwas wie ein Happy End: Hannover 96 kaufte Brdarić von Wolfsburg und ließ sich den Transfer 1,8 Millionen Euro kosten. Brdarić bedankte sich und erzielte 2005/06 insgesamt zehn Tore in der Bundesliga für Hannover.
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Seinen Stammplatz im Sturm hatte bei Hannover 96 sicher, bis sich die ersten Knieprobleme einstellten. Er fiel schließlich in der Saison 2007/08 vollständig aus. Brdarić musste 2008 dem Fußballplatz adieu sagen – altersbedingt und von ständigen Knieproblemen zurückgeworfen. Dennoch blieb „die wilde 13“, wie Brdarić sich in einem selbst gesungenen Lied einmal bezeichnete, den 96-Fans lange in Erinnerung. Nach Fredi Bobic war Thomas Brdarić der zweite deutsche A-Nationalspieler in den hannoverschen Reihen seit dem Wiederaufstieg 2002.
Einsätze in der Nationalmannschaft – Erfolg: durchwachsen
Blicken wir an dieser Stelle auf Brdarićs Einsätze in der Nationalmannschaft. Das erste Länderspiel für den ambitionierten Spieler fand im Frühjahr 2002 statt, als die Mannschaft der USA in Rostock aufschlug. Sein Auftritt dauerte damals allerdings nur 10 Minuten, doch immerhin gelang dem deutschen Team ein klarer 4:2-Sieg.
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Danach nahm Rudi Völler seinen Torschützen mit zur EM 2004 nach Portugal, da seine kraftvollen Alleingänge den Trainer vollauf überzeugten. Dafür musste der Leverkusener Oliver Neuville zu Hause bleiben, eine harte Entscheidung, die einigen Mut erforderte. Die deutsche Mannschaft verabschiedete sich bereits in der Vorrunde, was auf ihre Angriffsschwäche zurückgeführt wurde. Brdarić musste wegen der Torflaute einige Kritik aushalten, nahm aber trotzdem 2005 am Confed Cup teil. Deutschland schaffte es bei diesem Turnier auf dem dritten Platz, warf immerhin zum Schluss noch Mexiko mit 4:3 aus dem Rennen. Vor 42.000 Zuschauern spielte sich damals eine Art kleines Finale ab, das beinahe wie eine spannende Partie Poker wirkte. Mike Hanke erhielt relativ zu Anfang die rote Karte, und so musste das deutsche Team volle 70 Minuten lang mit einem Spieler weniger auskommen – trotzdem gelang der große Wurf. Brdarić schoss als Teil der Nationalmannschaft insgesamt nur ein Tor, aber immerhin war er mit dabei.
Nach der Karriere ein neuer Durchstart
2008 markierte aber noch lange nicht das Ende. Der Stürmer wandelte sich zum passablen Trainer, erst in Solingen, anschließend, für die Saison 2010/11 in altbekannten Gefilden bei Bayer Leverkusen. Ab 2011 kümmerte er sich um die A-Jugend des Fußballclubs in Krefeld-Uerdingen. Anschließend zog es ihn nach Minsk und Taschkent, die Hauptstädte Weißrusslands und Usbekistans. Dort füllte er den Posten des Sportdirektors aus, war in der Fußballwelt also wieder eine Stufe nach oben gestiegen. Noch 2010 hatte Brdarić aber noch etwas anderes interessantes zu tun: Er sanierte das alte Fährhaus von Bislich am Niederrhein, das bereits seit 1898 als beliebtes Ausflugsziel mit Gastronomie dient. Noch heute befindet sich das hübsche Lokal im Besitz von Thomas und Antje Brdarić, nicht nur als Einnahmequelle, sondern auch als gemeinsames Hobby. Macht das kulinarische Schmuckstück etwa nun dem Texas Hold’em Konkurrenz? Es sieht stark danach aus.
Der Fußball hält ihn allerdings weiterhin auf Trab, 2013 nahm Thomas Brdarić seine Tätigkeit als Trainer wieder auf. Zuerst zog es ihn zum Regionalligisten TSG Neustrelitz, der daraufhin Meister seiner Liga wurde, aber den Aufstieg verfehlte. Danach nahm er sich für eine Saison der zweiten Mannschaft des VfL Wolfsburg an, der mit einem guten zweiten Platz in der Regionalliga Nord abschloss. 2016/17 meldete sich dann endlich wieder ein Erstligist beim Alt-Fußballer, wenn auch „nur“ der mazedonische Verein KF Shkëndija. Hier schaffte es Brdarić immerhin ins nationale Pokalfinale. Der Fußballverein Tennis Borussia Berlin meldete danach Bedarf an und stieg unter Brdarić beinahe in die Regionalliga ein. Nun hat ihn sich der FC Rot-Weiß Erfurt geschnappt, der ebenfalls aufgepäppelt werden möchte.
Thomas Brdarić: Aufgeben ist keine Option
Nebenbei engagiert sich der Ex-Nationalspieler im privaten Coaching-Bereich, er hält Vorträge zu den Themen Stressbewältigung und Regeneration. Seine Lebensgeschichte zeigt, dass er in diesem Bereich einige Erfahrungen sammeln konnte und tatsächlich nach dem Tiefpunkt seines Lebens im Jahr 2008 wieder auf die Beine kam. Doch damit nicht genug: Brdarić betätigt sich nebenbei auch noch als Botschafter für Nachwuchsförderungsprogramme, kümmert sich also weiterhin um die sportliche Jugend.
Einst war Thomas Brdarić ein kleiner Kicker in einem wenig bekannten Ort irgendwo in Süddeutschland. Doch später spielte er in vielen großen Fußballarenen der Welt, umjubelt von seinen Fans. Sogar ein Champions-League-Finale durfte er bestreiten, trotzdem gehörte er nie zu den ganz großen Stars der Geschichte. Die Karriere endete wegen körperlicher Probleme, aber danach folgten neue, wertvolle Erfahrungen. Wenn uns seine Geschichte eines lehrt, dann ist es sicher dies: Aufzugeben ist keine Option, ein Ende kann immer auch ein neuer Anfang sein.
Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!
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