„Mit Dete fehlt ein Teil meiner Geschichte“: Anca & Ossy über die Geburt der 96-Hymne und das Ende einer Ära

96Freunde-Autor Henrik Zinn (r.) und 96Freunde-Leiter Dennis Draber (l.) haben sich mit den beiden Musikern Anca und Ossy in Ancas Frida Park Studio in Hannover Oststadt getroffen - herausgekommen ist eine dreiteilige Interview-Serie über Liebe, Hass, Jubel, Abschied und Versöhnung.

Anca und Ossy singen gemeinsam unsere Hymne „Alte Liebe“. Die Stadionhymne gehört mittlerweile einfach dazu. Wir haben uns mit den beiden zu einem Interview getroffen. Hier lest ihr den ersten Teil der kleinen Reihe… 

Ossy, der Song „96 – Alte Liebe“ ist aus dem Stadion nicht mehr wegzudenken. Viele wissen jedoch nicht, wie die Hymne entstand ist. Klär uns bitte auf.

Ossy:
Es fing alles um die Jahrtausendwende herum an. Damals gab es eine Ausschreibung von einem Fanprojekt, wo es darum ging, dass Hannover 96 einen Song sucht. Nicht explizit eine Hymne, aber „da war halt irgendwas im Gange“. Man muss zu Beginn klarstellen, dass „96-Alte Liebe“ nicht von mir oder von Anca geschrieben wurde, sondern von Martin Hylla und Kai Hoffmann. Dete hat den Text etwas modifiziert und hat Anca damals gefragt, ob er für ein, zwei Tage ins Tonstudio könne, er müsse etwas aufnehmen.

Dann kam Dete mit dem Song im Gepäck an, spielte ihn mir vor und ich dachte mir: „Hm, die Nummer ist gar nicht schlecht!“. Ich hab zu dem Zeitpunkt weder an Fußball noch an Hannover 96 gedacht. Dummerweise hatten wir den Song damals in der Tonart C geschrieben, was für Dete natürlich viel zu hoch war, sodass ich mich dann vor das Mikro gestellt habe…

Der Rest war dann nicht mehr in unserer Hand. Dete hat das Projekt irgendwo hingeschickt und auf einmal war der Song dann die Hymne.

Wie wurdet ihr darüber informiert?

Ossy (lacht):
Gar nicht. Das Ding lief dann durchgehend, sechs bis sieben Jahre, im Stadion, also über die Boxen, bis dann irgendwann Wolfgang Besemer von NDR2 gefragt wurde: „ Du sag mal, wer singt eigentlich diesen Song? Wieso macht ihr das nicht wie in Hamburg und macht das live?“ Dann wurden Dete und ich gefragt, ob wir Bock hätten, live aufzutreten – der Rest ist Geschichte…

 

Ist es mittlerweile so, dass du in Hannover als Stadionsänger & Musiker erkannt wirst? Hast du ein gewisses Standing aufgebaut?

Ossy:
Am Anfang, als das ganze mit der Stadionsingerei angefangen hat, sprich vor ca. 8-9 Jahren, dachte ich mir schon: „Das ist ja geil, das wird bestimmt eine riesen Publicity, also das, worauf es als Künstler ankommt“. Es hat dann schon ein paar Jahre gedauert, bis man begriffen hat, dass wir, also Dete & ich, prinzipiell egal sind. Es geht um den Song „Alte Liebe“ und um die Tatsache, dass wir ihn singen. Die Personen dahinter sind eigentlich egal.

Es ist da gleiche Prinzip wie bei den Spielern und Trainern. Es geht nicht um die Einzelakteure, die kommen und gehen, sondern um den Verein Hannover 96! Die Protagonisten spielen eigentlich keine Rolle.

Du hast jetzt mehrfach Dete angesprochen, wie geht es ihm eigentlich?

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Ossy:
Leider überhaupt nicht gut. Er hatte zwei Herzinfarkte, gefolgt von ein paar epileptischen Anfällen und leidet unter altersbedingter „Tüddeligkeit“. Diese Kombination hat wohl irgendetwas im Gehirn kaputt gemacht. Wir sind auch die einzigen, deren Nummer noch in seinem Handy eingespeichert ist, weil er auch öfters mal etwas durcheinanderbringt. Es gibt gute Tage, an denen er recht klar im Kopf ist, es gibt aber auch schlechte. Er hat das auch schon vor knapp zwei Jahren gespürt, dass es gesundheitlich schlechter wird.

Anca:
Damals hat er mich schon gefragt, ob ich seinen Platz übernehmen will. Er hat dann zwar noch ein Jahr weitergemacht, danach war dann aber endgültig Schluss.

Ossy:
Für uns fühlt es sich besonders komisch an, denn es wird nie wieder ein Konzert mit ihm geben. Eine Ära geht zu Ende.

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Anca, wie hast du Dete denn kennengelernt?

Anca:
Da war ich ganz frisch in Hannover. Damals gab es das „Leine Domizil“, ein Pub, der echt berühmt war – alle Musiker waren da. Die Musiker haben sich alle da kennengelernt. Dann war irgendein Abend, wo alle nach dem Motto „Hoch die Tassen“ gelebt haben – also Verlust der Muttersprache war angesagt– da haben Dete und ich dann angefangen miteinander zu reden.

Ein paar Monate später hat er dann die Band „Moulin Rouge“ gegründet – eine ganze Band plus zwei extra Sängerinnen. Eine von denen hatte dann ein Problem mit der Stimme und sie hat mich gebeten, für ein, zwei Monate ihren Platz einzunehmen. Da habe ich gedacht „warum nicht“ – und hab’s dann gemacht. Die andere kam dann nie wieder zurück…

Das heißt, dass ich von 1982 bis jetzt mit Dete zusammen gespielt habe. Und nicht wenig: „Moulin Rouge“ war damals die Nummer eins in Sachen Cover-Bands in und um Hannover. Er ist einfach einer meiner besten Freunde.

Und dann kam irgendwann Ossy dazu und so haben sich die beiden dann auch kennengelernt. Wir sind jetzt seit 27 Jahren zu dritt unterwegs.

Sprich Dete hat dich gebeten, seine Nachfolge zu übernehmen?

Anca:
Ja, hat er.

Ossy:
Aber das wäre auch so oder so passiert. Selbst wenn Dete nicht gefragt hätte, dann hätte ich Anca darauf angesprochen. Das hat nichts damit zu tun, dass wir ein Paar sind. Es ist einfach das naheliegendste. Anca hat schon oft im Stadion performt, wir kennen uns schon extrem lange und der Song wurde schließlich in ihrem Studio produziert. Es ist aber schon erschreckend, wie schnell das dann auf einmal ging. Vor knapp anderthalb Jahren hat Dete noch mit uns bei der Aufstiegsfeier gespielt! Und jetzt sowas.

 

Im zweiten Teil lest ihr unter Anderem, wie sich Anca und Ossy kennengelernt haben und was bei Auftritten im Stadion auch mal schiefläuft.

 

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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