Es fällt enorm schwer nach den Ausschreitungen am Millerntor einen rein sportlichen Text zu formulieren. Immer mehr Details, Videos und Fotos kommen zum Vorschein, die einen einfach nur fassungslos zurücklassen. Ein Sicherheitskonzept wurde komplett ins Gegenteil verkehrt und dadurch viele Fußballfans zum Teil schwer verletzt. Wir wünschen den Betroffenen gute Besserung und eine schnelle Aufklärung der Ereignisse.
Erfreulich wenigstens, dass sich St. Pauli sofort solidarisch gegen den – so sieht es zumindest aus – überzogenen Polizeieinsatz zeigte und umfassende Hilfe bereit stellte. Wir können die Geschehnisse rund um den Polizeieinsatz nicht final aufklären, eine Urteilsbildung kann nach den gesehenen Bildern aber nicht ausbleiben. Auch in den vielen Blogs, die um das Millerntor existieren, sieht man das Eskalieren der Situation bei der Staatsmacht. Dabei möchte ich es aber auch erstmal belassen und mich im Folgenden auf das Spiel konzentrieren.
Hannover 96 hat auf St. Pauli ein torloses Unentschieden erkämpft – und zwar nicht unverdient. Die seit 17 (jetzt 18) Spielen unbesiegten Hamburger kamen gegen unsere kompakte, hellwache Equipe an ihre Grenzen. In den 16 ligaweiten Auswärtsspielen zuvor gab es für die Roten immer mindestens einen Gegentreffer, doch diese Serie sollte auf dem Kiez nun zum Positiven reißen. Trainer Leitl gab auf der anschließenden PK verschmitzt zu Protokoll: „Wir haben kein Tor bekommen, ich kann mir auf die Schulter klopfen.“ Wo unser Chief recht hat, da hat er recht.
Es sollte das Duell der besten Offensive (Hannover, 26 Tore) gegen die beste Defensive (FCSP, 9 Gegentore) werden, drehte sich aber schnell in umgekehrte Marschrichtungen:
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96 presste Vorne mit Tresoldi, Schaub, Köhn und Nielsen sehr hoch, konnte aber keine echten Torchancen generieren. Somit sah das frühe Anlaufen wie ein weitmöglichstes Fernhalten des Gegners vom eigenen Tor aus. Abwehrarbeit 60 Meter vor dem eigenen Tor sozusagen. St. Pauli zelebrierte hingegen wie erwartet über die gesamte Zeit Dominanz und ließ die Niedersachsen viel laufen. Leider ging die Schlacht damit zu Lasten unseres offensiven Drives, und das ständige Verschieben kostete Körner, die dann effektiv für eigene Impulse nach Vorne fehlten. Zumindest stimmte die Laufleistung und die hingelegten Sprints, sonst hätte uns der Gastgeber schnell löchrig gespielt.
Pauli-Trainer Fabian Hürzeler war hinterher trotzdem voll des Lobes für uns und sprach davon, dass es „unfassbar gut verteidigt“ war. Hannover habe sehr diszipliniert gespielt, hatte immer Spieler hinter dem Ball, stand sehr kompakt, war im Rückwärtsgang schnell wieder in der Grundordnung, und ließ wenig Räume zu.
Wenn jetzt also einige Kritiker bemängeln, dass man sich zu wenig Torchancen für eine Spitzenmannschaft erspielte, sollten sie bedenken, dass 96 von der ersten Minute an mit elf Mann daran arbeitete, möglichst wenig gegen die spielstärkste Mannschaft der Liga zuzulassen. Und das sogar mit ganz ansehnlichem Fußball (Passquote bei 82%).
Hier ist es auch interessant zu wissen, dass St. Pauli ein noch krasserer Überperformer ist als Hannover. Soll heißen, sie machen aus noch weniger Expected-Goals dennoch mehr Tore (24 Treffer aus 17.6 xG). Es klingelt demnach auch mal ganz unerwartet im gegnerischen Tornetz. Zum Vergleich: Hannover kommt auf 26 Treffer aus 20.1 xG.
Aber auch das half nicht gegen hart ackernde Niedersachsen.
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Eine Sache fiel mir leider negativ auf: Pauli-Trainer Fabian Hürzeler konnte mit seinem frischen, quirligen Offensiv-Fußball bis dato viele Fußballfreunde in Deutschland gewinnen. Auch mich. Das ist schon geil, was die Boys da seit Monaten erfolgreich auf den Rasen bringen. Gegen Hannover fragte man sich allerdings, was das oftmalige Lamentieren und Dramatisieren auf und neben dem Platz sollte. Hürzeler forderte in der Anfangsphase immer wieder lauthals Karten gegen Hannoveraner für recht harmlose, erste Fouls, um gleich Druck auf den Schiedsrichter aus zu üben. Auch Paulis Spieler wie Elias Saad und Dapo Afolayan spielten nach harmlosen Kontakten mehrmals den sterbenden Schwan. So gab Saad hinterher zu Protokoll, er sei ungefähr zehn mal gefoult worden. Ein Blick in seine Statistik offenbart aber sofort, dass er nur zweimal unfair gelegt wurde. Was soll also so ein Gerede?! 15 zu zwöl Fouls und vier zu zwei gelbe Karten (eine davon für Zeispiel von RR Zieler) unterstreichen eher ein ausgeglichenes kampfbetontes Nordduell.
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Die Kiezkicker merkten wohl recht schnell, dass es auf normalem Wege an dem Abend schwer gegen ungemütliche Niedersachsen werden würde. Wenn wir schon nicht viel an der Elbe bestellen konnten, so konnten wir doch die meisten gewonnenen Zweikämpfe und Tacklings verbuchen. Die Einstellung stimmte also definitiv. Und somit geht der Punkt auch völlig in Ordnung.
Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!
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