In diesen Tagen gibt der Spätsommer nochmal alles und sorgt für einen goldenen Oktober. Was auf Hannover derzeit nur meteorologisch zutrifft, passte vor 15 Jahren auch in sportlicher Hinsicht. 96 erlebte einen verrückten Herbst, in dem von Unmutsäußerungen wie „Lienen raus!“ bis hin zu Europapokal-Träumerei alles enthalten war.
Seit dem 9. März 2004 trainiert Ewald Lienen die Niedersachsen. Unter ihm gelang der Klassenerhalt, die Bundesliga-Saison 2004/2005 begann aber wenig verheißungsvoll. 96 hing zum Start auf dem letzten Tabellenplatz fest – auch bedingt dadurch, dass man wegen des Stadionumbaus mit einem Spiel im Rückstand ist.
Am 25. September gelingt gegen Schalke 04 das erste Sieg. Der eingewechselte Clint Mathis erzielt in der 83. Minute das 1:0-Siegtor – der US-Amerikaner läuft in Richtung Trainerbank und deutet Lienen mit einer abfälligen und annähernd obszönen Geste an, was er von seiner lange andauernden Nichtberücksichtigung hält. Bei Ansicht der TV-Bilder muss man kein ausgebildeter Lippenleser sein, um zu erkennen, dass Mathis mehrfach „No Respect!“ ruft.
Trotz des kurzzeitigen Erfolgserlebnisses brodelt es also in Hannover, erst recht drei Tage später. Erneut hat 96 ein Heimspiel, zu Gast ist Arminia Bielefeld. Es handelt sich um die Nachholpartie vom 2. Spieltag. Der Aufsteiger gewinnt in der nun fast fertigen AWD-Arena mit 1:0. „Lienen raus!“ schallt es von den Rängen. Hannover 96 bleibt Tabellenletzter, punktgleich mit Hansa Rostock. Der Spielplan sieht nur wenige Tage später das Kellerduell in der Ostseestadt vor – das kann also ein heißer Herbst für 96 und Lienen werden.
Fünf Siege in Folge: Der Goldene Oktober bei Hannover 96
Doch es kommt ganz anders. Mit Beginn des neuen Monats, am 2. Oktober, beginnen goldene Wochen für die Hannoveraner. Die 96er feiern fünf Siege in Folge. Nach dem Sieg in Rostock (3:1) folgen ein 3:0 im Niedersachsen-Duell gegen den VfL Wolfsburg und ein 2:0 bei Borussia Mönchengladbach. Dass es besondere Tage aus 96-Sicht sind, wird in der Partie bei den „Fohlen“ deutlich. Torschützen sind Per Mertesacker mit dem Fuß und Steven Cherundolo, tatsächlich, per Kopf!
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Die Siegesserie setzt sich fort auf fünf Erfolge am Stück, nachdem die Heimspiele gegen den 1. FC Kaiserslautern (3:1) und den VfL Bochum (3:0) gewonnen werden. Die „Roten“ schließen den Oktober spektakulär mit 15 Punkten aus fünf Partien und einem Torverhältnis von 14:2 ab. Die Tabelle nach dem 11. Spieltag: Hannover 96 ist Vierter mit 20 Punkten – punktgleich mit den Bayern, aber einen Rang vor dem deutschen Rekordmeister platziert.
Ewald Lienens Team gelingen 5 Siege in Folge: 3:1 gegen Rostock, 3:0 gegen Wolfsburg, 2:0 gegen Gladbach, 3:1 gegen Kaiserslautern, 3:0 gegen Bochum
Nach dem 16. Spieltag auf Platz 4 in der Tabelle
Das erste Spiel im November führt Lienens Mannschaft dann auch nach München. Die Bayern gewinnen mit 3:0. Beginnt damit die November-Tristesse? Mitnichten! Die Hannoveraner erreichen nach einem Sieg über Borussia Dortmund das Viertelfinale des DFB-Pokals, holen zudem in der Liga sieben Punkten aus den folgenden vier Spielen – darunter ein 2:0 beim Hamburger SV, wodurch 96 Anfang Dezember am 16. Spieltag erneut auf dem 4. Platz steht. Die Punkteausbeute zu diesem Zeitpunkt sind 28 Zähler. Zum Vergleich: In der Rekord-Saison 2010/2011, als sich die „Roten“ überraschend vom Nicht-Absteiger zu Platz 4 mausern und mit insgesamt 60 Punkten nach Europa gelangen, sind nach 17 Partien 31 Zähler auf dem Konto.
Eine Aufstellung zum Schwärmen
Die November-Tristesse setzt erst im Jahr 2005 ein. Beim 2:2 gegen den FSV Mainz 05 schallt es erneut „Lienen raus!“ durchs Stadion, diesmal muss der Coach dann wirklich gehen. In der Hinrunde der Saison 2005/2006 hatte sein Team nicht mehr an den goldenen Oktober von 2004 angeknüpft – ebenso wenig in der Rückrunde 2004/2005, sodass aus zwischenzeitlicher Europapokal-Träumerei am Saisonende mit dann doch nur 45 Punkten ein durchschnittlicher 10. Platz heraussprang.
Ins Schwärmen geraten die Fans von Hannover 96 aber sicher noch heute, wenn sie an damalige Spieler denken. In dieser taktischen Aufstellung bestritt 96 viele Partien im goldenen Oktober 2004:
Startelf: Enke – Cherundolo, Mertesacker, Zuraw, Tarnat – Schröter, Lala, de Guzmann, Krupnikovic – Stendel, Christiansen
Ersatzbank: Juric, Vinicius, Stefulj, Schneider, Leandro, Stajner
Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!
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