Was war das Besondere am zunächst nicht ungewöhnlichem 2:1 Sieg von Hannover 96 gegen den Karlsruher SC am vergangenen Spieltag? Gemeinsam feierte die Mannschaft mit den Fans nach Spielende den Erfolg und vor allem den aktuellen Tabellenstand. „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey…“ hallte es nach Spielende durch die noch immer gut gefüllte Arena. Ein Gefühl, was es seit dem Aufstieg 2017 nicht mehr gab und Hoffnung auf mehr macht. Ist die Tabellenführung eine Momentaufnahme oder doch das Ergebnis konstant guter Arbeit der letzten Jahre?
von Christian Heuer
Trainer Stefan Leitl bestreitet mit Hannover 96 seine dritte Saison. Seit der letzten großen Ära mit zwei erfolgreichen Jahren in der Europa-League unter Mirko Slomka, ist dies die längste Amtszeit eines 96 Trainers. Slomka war von 2010 bis 2013 nahezu vier Jahre ununterbrochen auf der Trainerbank zu sehen. Die Liste der Trainer im Zeitraum zwischen Slomka und Leitl ist lang: Korkut, Frontzeck, Schaaf, Stendel, Breitenreiter, Doll, Slomka, Kocak, Zimmermann, Dabrowski – zehn Trainer in 8,5 Jahren. Der Trend und die Platzierungen am Ende der Saisons zeigen seitdem, abgesehen vom Wiederaufstieg 2017, leider nur in eine Richtung: 10-13-18-2-13-17-6-13-11-10-6.
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Leitl belegte in seinen ersten beiden Spielzeiten die Plätze 10 und 6 und könnte die langersehnte Wende herbeiführen. Die Saison 2024/2025 ist für Hannover 96 bereits das sechste Zweitligajahr in Folge. Viel zu lange schon rennt der Verein seinen Erstliga-Ansprüchen hinterher. Doch wie wichtig ist eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Trainer und Mannschaft für einen möglichen Aufstieg?
Die aktuell wohl größte Erfolgsgeschichte im deutschen Profifußball dürfte in dieser Hinsicht der 1.FC Heidenheim sein. Über 17 Jahre lenkt Trainer Frank Schmidt bereits die Geschicke an der Seitenlinie und führte den Verein nach mehreren Aufstiegen von der Oberliga sogar in die UEFA Conference League in der letzten Saison, welche Heidenheim ebenfalls mit drei Siegen erfolgreich eröffnet hat. Zuvor gelang es Urs Fischer Union Berlin in den vergangenen Jahren von einer grauen Zweitligamaus bis in die Champions League zu führen. Seit seiner Entlassung im November letzten Jahres steht mit Bo Svensson bereits der dritte Trainer an der Seitenlinie.
In der Bundesliga finden sich mehrere Beispielvereine
Eine außergewöhnliche Entwicklung konnte auch in Freiburg unter Christian Streich beobachtet werden. Bemerkenswert hierbei ist das Festhalten am Trainer nach dem Abstieg in der Saison 2014/2015, was mit dem sofortigen Wiederaufstieg belohnt wurde. Zwei Europa-League Teilnahmen in Folge in den vergangenen beiden Jahren sind in der Vereinshistorie des SC unerreicht. Den erstmaligen Bundesliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte feierte Marcel Rapp mit Holstein Kiel in der vergangenen Spielzeit. Rapp übernahm das Traineramt an der Förde im November 2021 und erreichte nach den Plätzen 9 und 8 in seinem dritten Jahr den Aufstieg.
Dagegen tun sich viele Traditionsmannschaften unglaublich schwer, wieder konstant Mitglied der ersten Liga zu werden. Neben Hannover 96 trifft sich u.a. mit Hamburg, Schalke, Köln oder Hertha geballte Tradition Liga 2. Mit Bremen und Stuttgart waren ebenfalls zwei große Traditionsvereine in den vergangenen Jahren kurzzeitig zu Gast im Bundesliga-Unterhaus. Alle Vereine eint durch die schwache sportliche Entwicklung die Gemeinsamkeit einer hohen Fluktuation auf der Trainerbank und häufig auch im Kader.
Beim Blick auf die aktuelle Besetzung der Trainerbänke in Liga 2 ist ebenfalls Erstaunliches zu beobachten. Drei der Aufsteiger aus den letzten beiden Jahren bestechen mit großer Kontinuität ihrer Trainer und konnten allesamt in kürzester Zeit von der vierten in die zweite Liga aufsteigen. In Elversberg übernahm Horst Steffen im Oktober 2018, bekam das Vertrauen und zahlte dies 3,5 Jahre nach Amtsantritt mit dem Aufstieg in Liga 3 zurück. Der direkte Durchmarsch in die zweite Liga gelang direkt in der Folgesaison, wo sich Elversberg vergangene Spielzeit nie im Abstiegskampf befand und am Ende Platz 11 belegte. In Münster ist Sascha Hildmann seit dem 01.01.2020 tätig. Diesem gelang nach 2,5 Jahren der Drittligaaufstieg, gefolgt vom Durchmarsch in Liga 2. Die dritte Erfolgsgeschichte stellt der SSV Ulm, Bundesligist von 1999/2020, unter Trainer Thomas Wörle dar. Nach einem Jahr Anlaufzeit gelang auch ihm der Aufstieg zweimal hintereinander.
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Kann Hannover 96 an die Erfolgsstorys der Konkurrenz anknüpfen?
Sind zu den genannten Beispielen nun Parallelen zu Hannover 96 zu erkennen? Ist womöglich der vor der Saison 2022/2023 ausgerufene 3-Jahres-Plan der Erfolgsgarant für einen möglichen Aufstieg? Sich gemeinsam auf ein Ziel, eine stetige Entwicklung und gleichzeitig auf einen Zeithorizont zu einigen? Und damit verbunden die Bereitschaft auch Schwächephasen gemeinsam durchzustehen? Zumindest sieht es Stand heute so aus.
++ Vielleicht tut er uns doch ganz gut (Analyse vor der Saison): Hype um Hannover 96 kann zum Risiko werden ++
Blicken wir auf die Spielzeit 2022/2023 zurück. Hier gab es zwischen Spieltag 17 und 25 neun Spiele ohne Sieg mit dem Tiefpunkt der Derby-Niederlage beim BTSV am 25. Spieltag. Aufgrund der guten Hinrunde lag die Mannschaft zu diesem Zeitpunkt nach der katastrophalen Negativserie zumindest noch auf Platz 10 und geriet nicht in Abstiegsgefahr. Auf ebendiesem 10. Platz wurde die Saison schließlich beendet. 2023/2024 zeigte sich ein ähnliches Bild. Nach dem viel umjubelten Derby-Sieg markierten sechs Spiele ohne Sieg zwischen Spieltag 13 und 18 die schwächste Phase des Jahres und zwischenzeitlich Platz 9. Anschließend stabilisierten sich die Leistungen, sodass im weiteren Saisonverlauf immer ein einstelliger Tabellenplatz zu Buche stand und die Spielzeit auf Platz 6 beendet wurde.
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Wie man es jedoch aus dem 96 Umfeld kennt, wurden nach beiden Negativserien Forderungen eines Trainerwechsels laut – sowohl von Seiten der Medien als auch von Teilen der Fans. In diesem Jahr reichten bereits fünf Auswärtsspiele inklusive Pokal ohne Sieg und mit nur einem erzielten Tor, trotz der tadellosen Heimbilanz, dass teils wieder die Trainerfrage gestellt wurde. Anders als in vielen Jahren zuvor mit zahlreichen Trainerwechseln blieb es intern für eigene Verhältnisse in der gesamten Zeit unter Trainer Leitl relativ ruhig, sodass keine Trainerdiskussion geführt wurde. Fragen wir mal in Fürth, Bochum oder auf Schalke, wie viel Besserung die Trainerwechsel in dieser Saison bisher gebracht haben…
Stefan Leitl verschafft Hannover die dringend benötigte Konstanz
Der Erfolgsgarant für einen möglichen Aufstieg scheint also das Zauberwort Konstanz zu sein: Konstanz auf der Trainerbank, im Kader und damit vor allem in den Leistungen. Gelingt es der Mannschaft in dieser Spielzeit keine längere Schwächephase ohne Sieg durchstehen zu müssen, sollte Hannover 96 bis zum Saisonende zum engen Kreis der Aufstiegskandidaten gehören. Sechs Heimsiege am Stück mit einem Torverhältnis von 11:2 sprechen aktuell klar dafür. Ein weiteres Pfund für viele Punkte und Siege stellt die starke Defensive der 96er dar. Auch hierbei kommt das Thema Konstanz zum Tragen. Mit Zieler im Tor, Halstenberg und Neumann in der Innenverteidigung sowie Leopold und Kunze im defensiven Mittelfeld bestreiten außer Halstenberg alle genannten Spieler mindestens ihre dritte gemeinsame Saison im hannoverschen Defensivverbund.
Die Zwischenbilanz liest sich mit 7 Gegentoren nach 11 Spielen sensationell. In den letzten beiden Spielzeiten stiegen jeweils die beiden Teams mit den wenigsten Gegentoren direkt auf: 2022/2023 Heidenheim und Darmstadt mit 36 bzw. 33 Gegentoren und 2023/2024 St. Pauli und Kiel mit 36 bzw. 39 Gegentoren. Wie heißt es so schön? Die Offensive gewinnt Spiele, aber die Defensive Meisterschaften.
Nach etwa einem Drittel der Saison lässt sich also festhalten, dass der ausgerufene 3-Jahres-Plan von Hannover 96 im dritten Jahr unter Trainer Stefan Leitl aufzusteigen, aufgehen könnte. Nicht unerwähnt soll natürlich der starke Mann (Marcus) im Hintergrund bleiben. Unaufgeregt, sachlich und mit akribischer Arbeit erfüllt der Sportdirektor viele der erfolgversprechenden Eigenschaften der anfangs beschriebenen aufgestiegenen Vereine und trägt damit maßgeblich zur positiven Entwicklung bei. Natürlich ist die Saison noch lang und es herrscht eine sehr hohe Leistungsdichte in der zweiten Liga. Viele Teams sind in der Tabelle noch eng beisammen, sodass bereits eine kleine Schwächephase ausreicht, um den Anschluss an die Spitzenplätze zu verlieren.
Es liegt noch ein weiter Weg vor Trainer und Mannschaft und das ein sehr guter Saisonstart keinen Aufstieg garantiert, hat man beispielsweise in Hamburg in den letzten Jahren mehrmals leidvoll miterleben müssen. Jedoch präsentiert sich Hannover nach zuletzt drei Siegen in Folge aktuell als Spitzenreiter und ist damit ein ernstzunehmender Anwärter auf den Aufstieg in die erste Bundesliga. Wie schön wäre es, wenn wir im dritten Jahr unter Trainer Stefan Leitl am Saisonende gemeinsam den Aufstieg bejubeln könnten – also ganz nach dem Vorbild von Holstein Kiel unter Coach Rapp. Wir lieben es doch alle, wenn ein (3-Jahres-)Plan funktioniert.
Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!
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