Die Kraft des „Fußballgottes“ – vorwärts nach weit

Ein persönlicher Rückblick

Viel Schatten, wenig Licht: Die Zeiten in Hannover sind eher düster. Foto: Getty Images

96Freunde-Autor Tim Block war live bei der Mitgliederversammlung des Hannoverschen Sportvereins von 1896 e.V. dabei – und durchlebte ein Wechselbad der Gefühle. Ein persönlicher Rückblick.

Von Tim Block

Im Vorfeld dieser wichtigen Veranstaltung wurde viel berichtet. Ich möchte nun keine Berichterstattung verfassen, denn das haben zahlreiche Twitter-User und ich am Samstag ausführlich getan, sondern es geht hierbei um meine persönliche Sicht und mein Empfinden bezüglich dieses turbulenten Tages für Hannover 96.

Am Ende eines ereignisreichen Tages lagen sich wildfremde Menschen in den Armen. Gesänge wurden vor lauter Freude und Begeisterung angestimmt und bis tief in die Morgenstunden gefeiert. Die Mitgliederkandidaten Carsten Linke, Nathalie Wartmann, Jens Boldt, Ralf Nestler und Lasse Gutsch konnten die Aufsichtsratswahl deutlich für sich entscheiden. Das Team rund um Matthias Herter machte auf mich einen schlecht vorbereiteten Eindruck. Es hatte fast den Anschein, als habe man sich überhaupt nicht mit dem befasst, was die Mitglieder und Fans des Vereins schlussendlich bewegt und interessiert. Sie wollen mitgenommen werden auf dem Weg, den der Klub des Herzens einschlägt. „Miteinander, statt gegeneinander“ muss die Devise lauten.

Auf der Jahreshauptversammlung hatten beide Konzepte und deren Vertreter die Chance, die rund 2500 Anwesenden final von sich zu überzeugen. Beide Seiten hatten wochenlang Zeit, die Fans und die Mitglieder in einem Wahlkampf für sich zu begeistern. Die IG Rote Kurve und die IG ProVerein 1896 machten es vielleicht ein wenig „volksnäher“, auch wenn ich diesen Begriff nicht so optimal formuliert finde… Und das trug auch wahre Früchte, wie die Eindeutigkeit belegt. 460 Stimmen lagen zwischen dem von der „Opposition“ am wenigsten mit dem Stimmen bedachten Kandidaten Jens Boldt und der im Stimmenverhältnis besten Kandidatin des Herter-Teams Sandra Wallenhorst. Keine der Herter-Kandidaten schaffte es, mir das Gefühl zu vermitteln, wie man die gespaltene Mitgliederschaft wieder zusammenschweißen und das Thema 50+1 mit der nötigen Ernsthaftigkeit thematisieren könnte.

Im Anschluss an die Jahreshauptversammlung bekam ich zu der 50+1-Thematik eine Nachricht von einem guten Bekannten aus Bielefeld, die es sehr gut trifft und die Spaltung sehr umfassend erklärt:

„Ein so erfahrener Geschäftsmann wie Herr Kind, für den ich viel Respekt empfinde, kann doch nicht erwarten, dass Fußballfans ihren Verein bereitwillig und unwiderruflich in die Hände eines Mannes übergeben, dessen Motive sie nur erraten können, ohne die Rahmenbedingungen (Kaufpreise) zu kennen, nachdem diese zwischen ein und derselben Person ausgehandelt wurden und in völliger Unkenntnis, was so eine Übernahme für eV (Insolvenzschutz durch Grundlagenvertrag nicht gegeben) und Profigesellschaft (welche Investitionen dürfte ein Verein wie 96 denn erwarten) bedeuten würde!“

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Vermutlich ist das Vakuum um die ausstehende Entscheidung des ständigen Schiedsgerichts der DFL ein deutlich zu lang anhaltender Prozess, der dem Verein grundsätzlich und vor allem den Mitgliedern einfach nicht gut getan hat. Die Proteste im Stadion, die überregionale Berichterstattung und die deutlich zu intransparente Kommunikationspolitik von Hannover 96 bezüglich der Übernahmepläne haben innerhalb der Fangemeinschaft für wahrhaftige Gräben gesorgt. Diese Gräben sollen in Zukunft nicht mehr existieren, was auch im Sinne eines jeden 96-Fans sein dürfte. Carsten Linke sagte in seiner Vorstellungsrede, dass man nicht angetreten sei „um irgendetwas (Hannover-Modell d. Red.) umzukehren, sondern es fortzuführen.“ Des weiteren führte er an, dass Mitgliederbeschlüsse in Zukunft „etwas Wert sein“ müssen… „weil sonst müsse man hier schließlich nicht hin.“ Im Anschluss an diese Rede, und da bin ich mir sehr sicher, war die Wahl quasi entschieden.

Die Tatsache, dass innerhalb von zwei Versammlungen beide Gremien wiederholt nicht entlastet wurden, ist nahezu eine Randerscheinung gewesen. Die ein oder anderen Redebeiträge von Abteilungsleitern aus dem Breitensport führten des weiteren nicht dazu, dass es eine Mehrheit an Mitgliedern gab, die sich entschieden gegen die „Opposition“ aussprachen. Ein besonderes Highlight war, als jemand ernsthaft sagte, dass die „Mitglieder Martin Kind in Haft nehmen lassen wollten.“  Es hatte fast etwas von Unterhaltung. Ein weiterer Knackpunkt in der spannenden Veranstaltung war das jüngste Thema „Datenschutz“. Zur Erinnerung: Drei Mitglieder hatten juristische Wege eingeleitet, um Hannover 96 zu der Herausgabe der Mitgliederdaten zu zwingen. Das Ganze geschah im einstweiligen Verfügungsverfahren und die drei Mitglieder bekamen vor Gericht Recht. Was Hannover 96 dazu veranlasste in Berufung zu gehen.
Was jedoch nicht sonderlich klug überlegt war, wurde im Redebeitrag von Rechtsanwalt Jürgen Scholz überdeutlich. Er fügte an die Diskussion an: „…wenn dem Vorstand der Datenschutz so wichtig ist, warum werden denn in einem Mitgliederbrief die Namen der Antragsteller genannt?“ Hierfür gab es großen Applaus und Zustimmung im Saal.
Diese und viele weitere Themen führten dazu, das die Wahl so ausging, wie es euch allen bekannt ist.

Mein Fazit

Ich hoffe sehr, dass die nun gewählten neuen Aufsichtsräte all das tun, was sie mir als Mitglied versprochen haben. Ich drücke ihnen die Daumen und hoffe, dass sich auch eine gute Lösung mit der Kapitalseite finden lässt. Jetzt komme ich aber zu euch, liebe Leser und Fans dieses tollen Klubs. Bitte begrabt das Kriegsbeil untereinander. Wir alle sind Hannover 96 und wir alle sitzten im roten Fußballboot. Fußball verbindet. Weltweit. Lasst uns gemeinsam das Team unterstützen, die alles dafür geben ein Fußballwunder wahr werden zu lassen. Eine Bitte auch an die aktive Fanszene und die Ultras: Hängt das „Kind-Muss-Weg“ Banner ab. Ihr habt auf vieles aufmerksam gemacht und wachgerüttelt. Es gab aber auch Spiele, an denen es vielleicht ein bisschen weniger an Protest hätte sein dürfen. Ihr wisst, was ich meine… Danke für den tollen Support der bisherigen Saison. Ab jetzt nur noch gemeinsam. Alles für Hannover 96.

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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1 Kommentar

  1. Ich habe es am Samstag hier schon geschrieben. Ich mache es gerne noch mal. Herzlichen Glückwunsch an den neuen Aufsichtsrat. Ich wünsche ihnen viel Erfolg, und das sie alle Versprechungen einhalten. Ich hoffe für uns alle die 96 im Herzen tragen, dass alles was sie anpacken, unter einem guten Stern steht. Das alle Dinge von Erfolg gekrönt sind. Dennoch möchte ich noch etwas loswerden.

    Lieber Martin Kind,

    ich möchte mich ganz besonders bei ihnen bedanken. Danke das sie da waren als 96 kurz vor dem "Tot" stand. Sie haben 96 nicht nur gerettet, sie haben 96 auch wieder auf gesunde Füsse gestellt. 

    Allerdings, aber das wissen sie besser als ich, oder irgendein anderer hier, haben sie in den letzten ein, zwei Jahren sehr schlechte Berater gehabt. Ganz vorne Horst Heldt. Schmeißen sie in endlich raus, und er soll Hr. Doll gleich mit nehmen. Beide braucht 96 nicht, wenn noch ein kleiner Funken Hoffnung bleiben soll. Besorgen sie für die Mannschaft einen Psychologen, der den Jungs die Angst vor dem " Versagen" nimmt. Für die neue Saison, egal in welcher Liga, würde ich mit Hr. Heidel sprechen. Das er es kann, hat er in Mainz gezeigt. Als Trainer sollten sie über Hr. Schäfer , Hr. Stöger nach denken. Ich könnte mir allerdings auch Breitenreiter wieder vorstellen. Gehen sie beide ein Bier trinken, quatschen sie sich aus. Das hätte auch noch den Vorteil, dass sie kein zusätzliches Geld in die Hand nehmen müssen. 

    So, und nun alle. Das 96 Lied singen, am Sonntag das Stadion voll machen, und so laut sein, dass Schalke schon einen Köttel in der Hose hat, bevor das Spiel überhaupt abgepfiffen wird.           Mein Tip: HSV96 – S04   2:0

    Gruß Harry96

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