Thomas Schaaf: Nach dem Fehlstart zurück zur Startlinie

Alles auf Anfang: Nach dem Trainerwechsel und dem missglückten Rückrundenstart (zwei Spiele, zwei Niederlagen) muss Hannover 96 bei Null beginnen. Und doch: Es hätte den gebeutelten Tabellenletzten noch schlimmer treffen können.

Noch schlimmer? Anfang Dezember hatte Vereinspräsident Martin Kind dem erfolglosen Trainer Michael Frontzeck öffentlich das Vertrauen ausgesprochen. Ein kleines Gedankenspiel: Was wäre passiert, wenn Kind tatsächlich an Frontzeck festgehalten hätte – und Hannover 96 mit zwei Niederlagen in die Rückrunde gestartet wäre?

Hektische Panik wäre ausgebrochen. Die Fans hätten getobt, der hannoversche Boulevard gehetzt. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wäre Frontzeck vom Hof gejagt worden. Ein neuer Trainer hätte kurzfristig gefunden und verpflichtet werden müssen. Kaum zu glauben, dass sich die Bremer Trainerlegende Thomas Schaaf diesen Scherbenhaufen angetan hätte. Wohl eher wäre Peter Neururers Porsche Panamera vorgefahren.

Immerhin: Nun hatte Thomas Schaaf die Zeit, sich in der niedersächsischen Landeshauptstadt einzugewöhnen. Er konnte seine Wunschspieler wie den ehemaligen Bremer Hugo Almeida nach Hannover locken – und der Mannschaft seine taktischen Ideen wie die Rautenformation vermitteln.

Kleine Wehmutstropfen: Weder ist der Ex-Werderaner Almeida wirklich fit noch hat die Mannschaft die Vorzüge der Raute verinnerlicht. Jeder Unternehmensberater würde jetzt entgegnen: Es gilt, diese ungenutzten Potentiale zu heben und Schwächen in Stärken umzuwandeln. Ob ein Fußballverein allerdings ein Unternehmen ist oder doch anderen Regeln folgt, steht freilich auf einem anderem Blatt.

Schafft Hannover 96 trotzdem den Klassenerhalt? Hier sind fünf gute Gründe, warum Hannover vor drei anderen Teams die Ziellinie überquert – obwohl Schaafs Schützlinge noch ganz am Anfang stehen. 96 Flaschen Champagner könnten am Ende den Unterschied ausmachen.

Grund 1: Hoffnungsträger Hugo Almeida

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Stierblick: Wäre Almeida nicht Fußballprofi geworden, hätte er wohl eine Karriere als Torero im Stierkampf eingeschlagen. Foto: Serg Stallone

Vor der Heimniederlage gegen Aufsteiger SV Darmstadt (1:2) beunruhigte Hugo Almeida die Hannover-Fans: Er sei erst bei „50 bis 60%“, ließ der Ex-Werderaner öffentlich verlauten.

Böse Erinnerungen an Didier Ya Konan wurden bei den Fans wach, der vergangene Winterpause als Hoffnungsträger nach Hannover kam – und dessen Fitness nur für 7 Spiele reichte (1 Tor).

Wenn ein 50-Prozent-Almeida gegen Darmstadt einen Treffer nach 10 Minuten erzielt, wird ein 100-Prozent-Almeida dem Gegner das Fürchten lehren. Das neue Ein-almei, äh, Ein-mal-eins: Das Doppelte von 50% Fitness sind 2 Tore in 20 Minuten.

Grund 2: Die Rückkehr der „Werder-Raute“

Kein Volltreffer: Mittelstürmer Mevlüt Erdinç.
Foto mit Sammlerwert: Mittelstürmer Mevlüt Erdinç hatte durchschnittlich nur 9 Ballkontakte pro Spiel. Foto: Martin Rose 

Michael Frontzeck favorisierte ein System mit einem Stürmer (4-5-1). Wohin das führte, ließ sich in den letzten Spielen vor der Winterpause beobachten. Spontane Vorstöße Richtung gegnerischen Strafraum waren Seltenheit, stattdessen sorgte Sicherheitsdenken für skurrile Statistiken: So hatte Torhüter Zieler mehr Ballkontakte in der Hinrunde als die drei Stürmer Artur Sobiech, Charlie Benschop und Mevlüt Erdinç zusammen.

Damit ist unter Schaaf jetzt Schluss. Nicht nur dank zwei Spitzen, sondern auch dank Thomas Schaafs berüchtigter „Werder-Raute“. Weil in einer Raute keine Flügelspieler vorgesehen sind, entstehen oft Überzahlsituationen im Zentrum. Eine Raute kann schnelle Umschaltsituationen fördern, da die beiden sogenannten „Halbspieler“ (die Spieler links und rechts in der Raute) flexibel in ihrer Spielweise sind. Sie können den Sechser im defensiven Mittelfeld unterstützen und so einen kompakten Dreier-Riegel vor der Abwehr bilden.

Von einem Moment auf den anderen können die Halbspieler aber auch ihr Spiel nach vorne verlagern und gemeinsam mit dem Zehner auf die gegnerische Abwehr Druck ausüben. In diesem Fall können die drei Mittelfeldspieler ein Dreieck bilden, das dank zweier Stürmer mehrere Möglichkeiten bietet, im Kurzpassspiel nach vorne zu kombinieren – eine höhere Torgefährlichkeit ist garantiert.

Allerdings dauert es auch seine Zeit, bis die Spieler das schnelle Verschieben innerhalb der Raute verinnerlicht haben. Zeit, die im hektischen Abstiegskampf ein knappes Gut ist.

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Grund 3: Der zwölfte Mann

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Da wo wir zu Hause sind: Wenn es nach den Hannover-Fans geht, könnte der nächste ARD-Heimatfilm in der HDI-Arena spielen – so familiär ist die Stimmung wieder. Foto: Hannover 96

Früher war Hannovers Arena eine Festung und Garant für rauschende Heimsiege. Letzte Saison jedoch glich das eigene Stadion einem tristen Gemäuer, in dem es still und ungemütlich geworden war.

Die Fronten zwischen Klubführung und Fan-Gruppierungen waren verhärtet. Die aktive Fanszene boykottierte Hannovers Heimspiele. Auf deren Unterstützung konnte das 96-Team vergangene Saison nicht zählen – und schaffte trotzdem den Klassenerhalt.

Heute ist der Streit zum Glück Geschichte. Nicht umsonst wird der Fan als „zwölfter Mann“ bezeichnet. Überzahlspiel im Abstiegskampf – keine schlechte Aussichten!

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Grund 4: Kiyotake kann Abstiegskampf

Willkommen zurück: Spielmacher Hiroshi Kiyotake ist nach langer Verletzung wieder an Bord. Foto: Matthias Kern

Der japanische Nationalspieler Hiroshi Kiyotake ist der geborene Zehner für Schaafs Werder-Raute: Wendig, dribbelstark und vor allem: Unberechenbar für den Gegner – so wie sein Vorbild Shinji Kagawa.

Das musste vergangene Saison auch der spätere Absteiger Freiburg merken: Im Kampf um den Klassenerhalt wuchs der 1,72 cm kleine Japaner über sich hinaus. Im Entscheidungsspiel (2:1 gegen den SC Freiburg) erlöste Kiyotake mit seinem Führungstor die Hannover-Fans – ausgerechnet per Kopf.

Ein Haarriss hatte Kiyotake im November außer Gefecht gesetzt. Jetzt ist er wieder ins Training eingestiegen – und wird im Februar wieder für 96 auflaufen können.

Grund 5: Der Norden unterstützt Hannover

Jubel
Grund zum Jubeln: Die Vereinsfreundschaft zwischen 96 und dem HSV zahlt sich aus. Sobald es eng wird, schenkt Hamburg Hannover drei Punkte. Dafür sind Freunde da. Foto: Ronny Hartmann

Rückblick: Nach der 0:3-Schmach gegen den Erzrivalen Eintracht Braunschweig lag Hannover im April 2014 am Boden. Zum Glück besuchte der befreundete Sportverein aus Hamburg den kleinen HSV in der heimischen AWD-Arena – und ließ brav drei Punkte da (2:1-Heimsieg für Hannover). Auch vergangene Saison, als es für Hannover 96 auf jeden Zähler ankam, leistete der Hamburger SV bitter benötigte Schützenhilfe (2:0).

Überhaupt ist die Heimbilanz gegen den Bundesliga-Dino seit dem Wiederaufstieg äußerst positiv: Acht Siege stehen einer Niederlage gegenüber (vier Remis). Zuletzt gab es sogar drei Siege in Folge. Es spricht viel dafür, dass diese Serie auch am 02. April 2016 zu Hause in Hannover hält.

Doch nicht nur auf den HSV wird hoffentlich Verlass sein. Eine Schlüsselrolle wird bereits der Partie gegen Werder Bremen einen Monat vorher zukommen. Mit Leon Andreasen, Christian Schulz, Hugo Almeida und Thomas Schaaf werden gleich vier Ex-Bremer besonders motiviert sein.

Zudem hat Hannover seit 2005 noch einen gut bei den Hanseaten: Damals schafft Werder dank Hannoveraner Schützenhilfe gerade so die Qualifikation für die Champions League. Zum Dank schickte Klaus Allofs 96 Flaschen Champagner nach Hannover.

Wäre doch schön, wenn Martin Kind bald 99 Kästen Herrenhäuser Pilsener auf die Reise nach Bremen schicken kann.

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Text: Dennis Draber. Alle verwendeten Fotos sind lizensiert.

 

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Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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1 Kommentar

  1. Die fünf Gründe sind nicht an den Haaren herbeigezogen (so wie manche Buzzfeed-Listen), sondern echte Hoffnungsträger. Danke für die herrlichen Bildunterschriften, wenigstens etwas zum lachen, wenn sonst alles zum Heulen ist…

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