Hannover hatte sich viel für das S-Bahn-Duell in Paderborn vorgenommen. Passend zum 1. Advent wollte man am Ende die Siegeskerze anzünden und an den Spitzenplätzen der Liga dranbleiben. Doch stattdessen brannte der ganze Baum ab und es gab mal wieder nix zu holen…
Da die Analyse diesmal etwas kürzer ausfällt, gibt’s am Ende noch ein paar Zeilen über etwas, das mich gerade richtig hart verärgert. Zunächst aber erstmal ein paar Matchfacts:
Gegen eine stark verjüngte Startelf der Gastgeber brauchte 96 einige Minuten, um ins Spiel zu kommen. Unerklärliche Wackler hätten schon in den ersten Minuten für eine Führung der Paderborner sorgen können. 2500 Schlachtenbummler aus Hannover sahen einen haarsträubenden Start, aber auch ein halbleeres Stadion, das die Verantwortlichen des Sportclubs verbissen und mit lächerlichen Tricks gegen Kartenkäufer aus der Region Hannover verteidigt hatten. Albern sowas, echt!
Danach dauerte es nur bis zur 20. Minute, bis sich Hannover bereits selber dezimiert hatte, wobei sich tatsächlich die Verhältnismäßigkeit der Roten Karte gegen Louis Schaub stellt. Während nur Bilder aus einer Perspektive geliefert werden konnten, war sich der Kölner Keller scheinbar sicher, eine Gelbe Karte sei eine grobe Fehlentscheidung (obwohl der Linienrichter direkt daneben gestanden hatte), und schickte Louis Schaub mit glatt Rot sehr früh duschen. Ein klarer Kontakt konnte also nicht mit Bildern nachgewiesen werden und hinterlässt mal wieder einen Beigeschmack. Fabian Kunze, der in der Situation nah bei Schaub stand und Blick auf das Foul hatte, betonte hinterher ins Mikro, dass „… mit ein bisschen Feingefühl – wenn ich teilweise sehe, was da in anderen Ligen durchgewunken wird – belässt man es bei der Gelben Karte.“ und spielte damit wohl auch auf die Attacken an, die er selber an diesem Nachmittag einstecken musste.
Schon kurz nach der Karte wurde der Mittelfeldmotor bei einem Kopfball unterlaufen und landete schmerzhaft auf der Schulter. Dass der Paderborner quasi keine Chance hatte, an den Ball zu kommen, schien dem Schiri (wie so vieles an diesem Nachmittag) egal zu sein und zog keine Karte nach sich. Nochmal später wurde Kunze ein weiteres Mal hart im Mittelfeld angegangen, der Schiedsrichter zeigte auch noch den Ellenbogen als Grund des Pfiffs, aber eine Verwarnung blieb trotzdem erneut aus. Auch das Foul an Harvard Nielsen in der 50. Minute (wieder Ellenbogen), das 40 Minuten Nasenbluten nach sich zog, wurde vom Unparteiischen nicht weiter geahndet.
Zu guter Letzt wurde Derrick Köhn in der Schlussphase im Paderborner Strafraum der Fuß weggezogen, gut sichtbar auf den Fernsehbildern. Pfiff und wenigstens Überprüfung auch hier wieder Fehlanzeige. An solchen Tage regt die Unverhältnismäßigkeit brutal auf…
Die Statistik liest sich diesmal verzerrt, da Hannover nach dem Platzverweis natürlich nur noch schnell umschalten wollte. Rund 300 Pässe fanden hektisch in nur 73% der Fälle den Mitspieler. Paderborn währenddessen geduldig mit 601 Pässen und 87% Quote. Letzteres spielte sich allerdings eher im Niemandsland ab, da unsere Roten mit 53 gewonnenen Zweikämpfen vieles weg verteidigten. Enzo Leopold und Fabian Kunze beide mit satten 100% gewonnenen Zweikämpfen!! Wenn für den SCP etwas ging, dann nur über unsere rechte Seite, wo Sei Muroya und Phil Neumann alle Füssen voll zu tun hatten, um Florent Muslija zu stellen.
Lest auch: Anker in der Hintermannschaft – wie krass ist er denn?!
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Das anschließende Gemecker in den Foren war trotzdem wieder einmal groß. Vor allem kursierte der voreilige Vorwurf, Stefan Leitl habe sich klar vercoacht und die Niederlage ginge somit auf seine Kappe. Das scheint mir aber viel zu kurz gedacht und ist auch unlogisch. Natürlich spannt der Trainer mit seinen oft späten Wechseln die Nerven der Fans gerne mal auf die Folter. Vielleicht hat er in der Art auch schon ein Spiel vercoacht, mag sein. Doch die Situation ab der 20. Minute in Paderborn war nunmal eine ganz andere. Unterzahl gegen eine junge, hungrige Mannschaft, mit „Scharfmacher“ Lukas Kwasniok an der Seitenlinie.
Apropos Lukas Kwasniok: schonmal mit dem „Kwasniok-Ball“ beschäftigt, liebe Kritiker? Oder überhaupt mit den Spielsystemen der anderen Zweitligisten? Scheinbar nicht, denn sonst hätte man wissen können, dass unsere Roten bisher drei Niederlagen unter Kwasniok kassierten und nur ein Unentschieden ergatterten. Keine gute Bilanz, denn gegen das sehr lauf- und pressing-intensive Spiel ist es schon in Gleichzahl schwer zu bestehen.
Stefan Leitl wusste dies und bot trotzdem maximal die Stirn. Auch die in der 2. Halbzeit gebrachten SCP-Stammspieler wie Conteh, Platte, Kinsombie und Leipertz ließ unser Kollektiv bis zur 90. Minuten allesamt mit Glück und Verstand abprallen. Die Mechanismen zwischen Abwehr, Mittelfeld und den zurück arbeitenden Stürmern funktionierten bei uns wie eine Maschine. Da stand ein tickendes Bollwerk, das sich mit Blut, Schweiß und Blessuren diesen einen Punkt verdient gehabt hätte. Das Risiko war viel zu groß, dass bei nur einer Herausnahme eines Puzzleteils die Einheit Risse bekommt. Bei aller Begeisterung für unsere jungen Spieler wäre dies der denkbar blödeste Moment für eine Einwechslung nach dem Motto „der Junge braucht mal etwas Spielzeit“ gewesen…
Und damit direkt zu etwas, das mich bereits seit geraumer Zeit mehr und mehr ärgert, Freunde:
„… hätte Spieler XYZ gerne mal wieder gesehen.“
„XYZ hätte es mal wieder verdient.“
„Leitl lässt die Jugend auf der Bank versauern…“
Diese Sätze bringen mich so dermaßen auf die Palme!!
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Erstens sind wir im Profifußball und nicht bei Wünsch-Dir-was, und wir haben auch nicht die Einblicke, die das Trainerteam Tag für Tag mit ihren Spielern sammelt. Die Coaches werden bestens wissen, wen man in welcher Situation bringen kann. Ob es uns auf dem Sofa passt, oder nicht.
Zweitens beruhen solche Forderungen wohl weniger auf Leistungsdaten als auf dem frommen Wunsch, dass die vor allem jüngeren Spieler plötzlich und direkt nach ihrer Einwechslung ein Offensivfeuerwerk abbrennen, an dessen Ende wir mit 6 oder 8:0 gewinnen. Und sich die ganzen TV-Trainer selbstgerecht auf die Schulter klopfen können.
Drittens sind doch viele Fans schon wieder vom Gedanken angezeckt, man könne um den Aufstieg mitspielen. Was ja auch ehrenhaft und sportlich ist, wenn man zwischendurch Spiele gewinnt und Punkte sammelt. Das wird aber zunehmend zum Spagat, wenn gleichzeitig junge Spieler Zeit bekommen und auch Fehler machen dürfen. Denn Fehler gehören automatisch zum Erfahrungsschatz dazu. Und damit riskiert man leider Punkte und Siege. Schlecht macht es die Stammelf nämlich gerade nicht, und auch Foti und Oudenne werden demnächst wieder für ihren Eifer belohnt…
Viertens darf man Schaub oder Leopold natürlich auch mal nicht mögen. Aber diese Spieler dann subjektiv und positionsverkehrt ersetzen zu wollen klappt nicht. Vielleicht klappt das bei „FIFA 24“, aber sicher nicht draußen an der frischen Luft. Dass es ein Lars Gindorf noch nicht in den Profikader geschafft hat, wird seine Gründe haben. Zumal er nicht unbedingt die Positionen von Schaub oder Leopold spielt.
Fünftens und letztens hatten sich viele Fans den robusten Voglsammer nach seinem Tor gegen Berlin in die Startelf gewünscht, was nun auch wieder nicht richtig erschien, „weil ja der Nicolo von Anfang an spielen muss…“ Ja doof, wenn man nur 11 Spieler aufstellen kann… Am Ende kann man es eh nicht allen recht machen.
Bitte hört auf, die roten Foren mit Unwissenheit und Halbwahrheiten zu fluten, das hilft keinem weiter!
Wir sind momentan übrigens nur 6 von den 29 Punkten entfernt, die Stefan Leitl bei seinem Aufstieg mit Fürth zur Winterpause sammeln konnte! Also Freitag alle Arsch hoch und zum wichtigen Flutlichtspiel gegen den KSC ins Stadion, Ihr Roten!
Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!
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Sehr guter Bericht und eine perfekte Analyse! Danke dafür ! Es wird so viel Müll in den Foren verbreitet und das ärgert mich gewaltig ! Für immer 🖤🤍💚