Daniel Stendel ist einer der wenigen Kult-Hannoveraner, dementsprechend groß ist die Verbundenheit zwischen der niedersächsischen Landeshauptstadt und dem 46-Jährigen. Auch bei den Fans hat Stendel ein überdurchschnittlich positives Standing. In den insgesamten 241 Spielen an der Seitenlinie (24 davon als Coach der ersten Mannschaft) und den 219 Spielen als Profi von Hannover 96 (199 als Profispieler) hinterließ er überwiegend sehr positive Erinnerungen. Nun muss er einen nächsten Rückschlag verkraften…
Vom Interimstrainer arbeitete sich Stendel einst zum Headcoach von Hannover 96 hoch. In der Saison 15/16 wurde er als Trainer der U19 befördert, ein Wurf ins kalte Wasser. In den letzten Wochen konnte er den Abstieg nicht mehr abwenden, nichtsdestotrotz ging man mit ihm den Schritt in Liga zwei. In 25 Spielen sammelte 96 unter seiner Führung 46 Punkte (durchschnittlich 1,84 Punkte pro Spiel), der Aufstieg war absolut im Rahmen des möglichen. Durch ein 0:0-Unentschieden beim FC St. Pauli am 25. Spieltag festigten die Roten ihren Platz im Aufstiegsrennen (Platz vier), der Rückstand auf den damaligen Tabellenführer Union Berlin betrug nach dem Spieltag nur vier Zähler. Mental stellte man sich schon auf das anstehende Topspiel gegen Union Berlin am kommenden Samstag ein, kurz zuvor erfolgte jedoch der überraschende Bruch. Hannover 96 trennte sich von Stendel, Horst Heldt erklärte diesen Schritt damals wie folgt:
Hannover 96 hat in dieser Saison ein Ziel: der direkte Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga. Diesem Ziel müssen wir alle Entscheidungen unterordnen. Daniel Stendel hat die Aufgabe als Cheftrainer vor knapp einem Jahr in einer schwierigen Phase übernommen und rund um den Klub eine Euphorie entfacht. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, sahen uns nach den Ergebnissen und den Auftritten der Mannschaft in den letzten Wochen aber zu diesem Schritt gezwungen
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Seine Entlassung war sehr umstritten und sorgte für Unmut bei den Fans. Gleichermaßen war sie der Beginn der Ära Breitenreiter. Auch für Stendel kam die Trennung überraschend, in der folgenden Saison 17/18 konnte er nicht Fuß fassen. Erst im Juni 2018 fand er einen nächsten Job, beim FC Barnsley in der englischen League One. Hier blühte er auf und etablierte rund um den Ex-96er Mike Steven Bähre ein neues Team. In 46 Spielen holte er sensationelle 91 Zähler und landete am Ende mit seinem Team auf dem zweiten Tabellenplatz. Stendel wurde zum Aufstiegshelden, „There’s only one Daniel Stendel“-Chöre etablierten sich auf der Insel.
Trotz diverser taktischer Umstellungen während der Sommerpause (unter anderem der Transfer von Ex-96-Keeper Sahin-Radlinger) riss die Glückssträhne in der zweithöchsten Spielklasse prompt ab. Nach nur elf Spieltagen sah sich die Vereinsführung zum Handeln gezwungen, Stendel wurde erneut vor die Tür gesetzt. Unter dem Strich standen zum damaligen Zeitpunkt nur sechs Punkte und der 23. Tabellenplatz. Aktuell belegt das Team übrigens nur den 24. Tabellenplatz und der Gang zurück in die dritte Liga ist so gut wie besiegelt. Über die Sinnhaftigkeit der Entlassung lässt sich, ähnlich wie damals bei 96, also streiten.
Im Unterschied zur ersten Entlassung folgte diesmal keine lange Pause. Bereits Ende Dezember 2019 wurde Stendel als neuer Trainer vom schottischen Erstligisten Heart of Midlothian FC vorgestellt. Eine Parallele zur Hinrunde bei Barnsley gab es dennoch: Der Erfolg blieb aus. Absolutes Highlight der schottischen Tour war der 2:1-Heimerfolg gegen die Glasgow Rangers, mehr gab es aber nicht zu feiern. In 14 Partien holte er nur elf Punkte, die logische Folge war der Abstieg auf dem letzten Tabellenplatz. Nun der nächste Schock für Stendel: Anstatt im Kampf um den Klassenerhalt noch einmal richtig angreifen zu können, muss nun der Schritt in Liga zwei gegangen werden. Grund ist die Corona-Pandemie, aufgrund welcher der schottische Fußballverband die Liga abgebrochen hat. Die aktuelle Tabelle zählt, Celtic Glasgow ist somit Meister, Stendels Traditionsklub muss in die Zweitklassigkeit. Nach der Berechnung eines Punktedurchschnitts fehlten den Hearts nur vier Punkte bis zum rettenden Ufer, bei acht ausstehenden Spieltagen wäre es ein machbares Unterfangen gewesen. Der viermalige Meister will Berufung gegen die Entscheidung des Verbandes einlegen, ein Abstieg wäre fatal. Es könnte sich eine neue Schlammschlacht um Daniel Stendel und seine Hearts entwickeln, eine ruhige Trainerlaufbahn sieht definitiv anders aus. Sein Vertrag läuft aktuell noch bis zum 31.05.2022, wie es bei einem finalen Abstieg weitergeht, steht jedoch in den Sternen.
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