Diesmal machte mir die Erkältungszeit einen Strich durch die Derby-Pläne. Das halbe Rudel lag zuhause flach und so gab es für Papa andere Prioritäten. Meine Karte wechselte den Besitzer und ich plante den Nachmittag mit meinem Vater vor dem TV.
Vorab ging es aber erstmal auf einen kleinen Rundgang mit meinem jüngsten Spross, um meine seit Tagen schlimmer werdende Hochspannung etwas runter zu kühlen. Dies war dringend nötig. Am Ententeich trafen wir auf andere als Fußballfans zu erkennende Familienväter, die ebenfalls noch hektisch eine Runde mit dem unwissenden Nachwuchs drehten. Die dem gegnerischen Fanlager zuzuordnenden Typen schienen ihrer Sache für das Hinspiel sicher zu sein.
Aus einem angrenzenden Garten roch es nach Grill und Bratwurst. Die Stimmung stieg…
Und auch die glücklichen Kumpels mit Karte waren bereits unterwegs Richtung Landeshauptstadt. Aus Nah und Fern strömten die Fans von Schwarz/Weiß/Grün zum wichtigsten Spiel der Hinrunde und fluteten die sozialen Medien bereits mit stimmungsvollen Fotos. Die letzte feuchtfröhliche WhatsApp-Nachricht kam übrigens nachts um kurz nach 3 rein, manch andere Schlachtenbummler zogen einfach mal komplett durch. Schlafen können wir, wenn wir irgendwann aufgestiegen sind.
Als ich meinen Vater abholte und er ins Auto stieg, musste er erstmal lachen, da sich mein Nervenwrack nicht verbergen ließ. Er holte also zur Ablenkung nochmal seine alten Geschichten aus seiner eigenen aktiven Zeit in NRW raus: als es mit Leverkusens Zweiter in der Regionalliga gegen Köln, Gladbach und Düsseldorf ging. Das Derby in Niedersachsen, wenn auch nur als Zuschauer, sei aber immer schon etwas anderes gewesen, betonte er.
Zum Sportlichen:
Hannover 96 regierte an diesem Nachmittag mit gut 70% Ballbesitz.
Es wurden 6 zu 1 Schüsse aufs Tor verbucht. Das sind nicht viele, aber es reichte allemal.
Wir spielten 607 Pässe, von denen 87% ankamen, Eintracht nur 252 mit einer Quote knapp über 50%.
29 von 55 langen Pässen kamen an, allein bei den Flanken war der Wert mit 3 von 16 (=19%) nicht sonderlich gut.
Zu erwähnen wäre der unglaubliche XGoals Wert der Braunschweiger über die gesamte Länge des Spiels bei sagenhaften 0 (in Worten Null)!!
In einem Film hieß es mal so passend: „Remember remember the 5th of November!“ Dieser rabenschwarze Tag wird dem Erzfeind von der Oker jedenfalls schmerzhaft in Erinnerung bleiben, Freunde!
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Man muss allerdings betonen, auch am Ende eines Tages wie diesem, dass unsere Werte gegen andere Gegner nicht gut genug gewesen wären. Wenn wir mit einer Laufleistung von „nur“ etwas mehr als 110 Kilometer nach St. Pauli fahren, werden wir ein großes Problem haben. Auch die Zweikampfzahlen waren wieder einmal nicht überlegen. Das Pressing der ersten Reihe war eher schüchtern, und 70% Ballbesitz spielten sich vor allem in der 2. Halbzeit in Räumen ab, die keine Torgefahr brachten.
Es wurden nur zwei Ecken rausgeholt, und genauso wie die Freistöße schlecht geschossen. Angriffe wurden ungenau und halbherzig zu Ende gespielt.
Wir müssen uns erneut bei unserer Effizienz bedanken, dass wir die meisten Spiele momentan auf unsere Seite ziehen.
Aber wir Kritiker kneifen ausnahmsweise beide Augen zusammen, da man an allen Akteuren in Rot sehen konnte, welche Last von den Schultern fiel. Es war ein großer emotionaler Kraftaufwand notig, um in einem Derby vor dieser Kulisse als Sieger hervor zu gehen. Die Mannschaft zeigte Eier und scheute sich im zweiten Durchgang auch nicht vor dem ein oder anderen dreckigen Zweikampf. Nach gelungener Grätsche wurde immer wieder stimmungsvoll und gestenreich das Publikum mitgenommen, so wie man es mag.
Anhand vorliegender Bewertungen war Hannover besonders stark in der Abwehr und im zentralen Mittelfeld: anhand der einzelnen Performance-Werte dürfte dies das stärkste Spiel der Saison gewesen sein!
Hier sind vor allem und wieder Enzo Leopold und Fabian Kunze zu nennen, der einen bockstarken Auftritt mit seinem ersten Tor für 96 krönen konnte. Mit den beiden Abräumern in dieser Form dürfte Hannover so ziemlich das stärkste zentrale Mittelfeld der Liga besitzen.
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Denn die Mitte des Spielfelds ist genau die Zone, in der Hannover in der laufenden Saison viele hohe Ballgewinne hatte. Im Zentrum gelingen den Roten mit 38 Balleroberungen pro Partie so viele wie keinem anderen Team der Liga. In der gegnerischen Hälfte sind es 30 (Platz zwei), schreiben hierzu die Kollegen vom NDR.
Unser Abwehr-Papa Marcel Halstenberg indes krönte seine starke Leistung mit einem Tor, der Wahl zum „Man of the match“ und der folgenden Nominierung im „Kicker“. Hier hatte jemand richtig Bock auf den Derby-Druck und feierte stellvertretend für alle anderen 96er jeden Ballgewinn, jede Aktion, und am Ende den Sieg wie den Gewinn der Champions League. Halste und das ganze Team boten Bilder, die zeigen, wie gereift und (zusammen)gewachsen die Jungs in den letzten 16 Monaten sind. 21 Punkte aus den ersten 12 Spielen, das gab es zuletzt in der Saison 2001/2002.
Als unsere Derbyhelden nach Abpfiff euphorisch auf unsere Nordkurve zustürmten und sich die volle Packung Liebe und Leidenschaft abholten, sah man die ganze Verbundenheit untereinander, mit den Fans und dem Trainerteam. Sie hatten der Bestie im dritten Anlauf endlich den Kopf abgeschlagen und sich damit unsterblich in unsere Herzen gekämpft. Das war der Zeitpunkt, wo man endlich endlich sagen konnte „Ja, jetzt haben sie die 96-DNA und sind bereit für die nächsten Schritte!“
Als ich gegen 18 Uhr nochmal in unsere Innenstadt ging, um Falafel zum Abendbrot zu besorgen, kamen gerade einige Eintracht-Supporter aus unserer Gegend am Bahnhof an. Die waren mal so richtig am kotzen, was mir diesen Derbysieg nochmal extra vergoldete…
Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!
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