Heute Abend bietet sich eine große Chance für die Fanszene – doch erkennt sie sie auch? Ein Kommentar.

Früher waren es die eindrucksvollen Choreos (u.a. gegen Madrid in der Europa League), wegen der die hannoversche Szene einen ausgezeichneten Ruf genoss – weit über die Stadionmauern hinaus. Ein Kommentar.

Heute ist es vor allem der Stimmungsboykott, mit dem die aktive Fanszene in Verbindung gebracht wird. Das Bild hat sich im vergangenen Jahr rasant in der öffentlichen Wahrnehmung gewandelt.

Eins vorweg: Ich bin weder Mitglied noch Gegner der aktiven Fanszene. Die Fanszene-Verdienste in der Vergangenheit sind unumstritten. Großartige Choreos – ob gegen Madrid, zu Altin Lalas Abschied oder beim 120-jährigen Jubiläum von Hannover 96 – sind ihr Werk. Das vergisst man schnell in den hitzigen Diskussionen um 50+1. Ebenfalls – auch das muss man betonen – ist das Engagement gegen Rassismus und Fremdenhass stets vorbildlich gewesen.

Ich habe jedoch mitbekommen, wie sich die aktive Fanszene in der öffentlichen Wahrnehmung (ungeachtet ihrer Verdienste) gewandelt hat. Während die aktiven Fans früher einen Heldenstatus inne hatten, hört man jetzt erstaunlich oft abfällige Kommentare über die Fanszene. Meinungen wie „Das sind doch Verräter“ und „Die wollen doch nur, dass die 96-Mannschaft verliert“ sind keine Seltenheit.

Ich will an dieser Stelle gar nicht wieder die Diskussion um den Stimmungsboykott aufmachen. Da wurde genug darüber gesprochen. Auch ich habe meine Meinung im August dazu hier veröffentlicht.

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Gefühlt lange her: Die 96-Mannschaft feiert mit ihren Fans. Seit dem Stimmungsboykott zeigt sich die Mannschaft von den 96-Fans schwer enttäuscht. Auch aus Enttäuschung feiert sie nach Heimspielen nicht mehr mit den Fans. Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images.

Blicken wir nicht zurück, blicken wir nach vorne. Jetzt, nachdem Martin Kind seine Übernahmepläne auf Eis gelegt hat, bietet sich für die aktive Fanszene die wohl einmalige Chance, ihr altes Bild in der Öffentlichkeit wiederherzustellen – und damit auch ihre Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Wenn sie heute beschließt, den Stimmungsboykott ebenfalls auf Eis zu legen, kann sie beweisen, dass es ihr wirklich nur um die 50+1-Diskussion ging – und nicht darum, der Mannschaft zu schaden. Gleichzeitig gewinnt sie ein neues Druckmittel gegen die Vereinsführung: Sollten die neue Ausgestaltung der 50+1-Regel nicht in eine Richtung gehen, mit der die Fans gut leben können, hat die aktive Fanszene die Option, jederzeit zum Stimmungsboykott wieder zurückzukehren.

Die aktive Fanszene hat heute die Möglichkeit, sich so zu positionieren, dass zukünftig mit ihr gesprochen wird, und nicht über sie. Wenn sie sich als ernstzunehmende Partei in der zukünftigen Ausgestaltung von 50+1 positionieren will, dann beendet sie heute den Stimmungsboykott. Mit einem Ende des Stimmungsboykotts kann die aktive Fanszene zudem der Öffentlichkeit zeigen, dass die Mannschaft ihr am Herzen liegt – und damit den „Verräter“-Stempel, den sie von Teilen der Öffentlichkeit (zu Unrecht) aufgedrückt bekommen hat, verschwinden lassen.

Das Schöne für die aktive Fanszene ist: Die Vereinsführung hat sogar schon die passende Formulierung präsentiert. Mit der Wortwahl „Wir lassen den Stimmungsboykott ruhen“ würde die Fanszene die gleichen Worte wie die Vereinsführung wählen. Das „Ruhen lassen“, also „auf Eis legen“, impliziert gleichzeitig, dass noch nichts endgültig entschieden ist und man weiterhin auf ein Entgegenkommen der Vereinsführung pochen wird.

Kurzum: Die aktive Fanszene hat gestern einen Elfmeter hingelegt bekommen. Jetzt muss sie ihn nur noch verwandeln. Es wäre im Interesse aller, wenn sie es täte.

Die Mannschaft hatte nach dem 4:4 gegen Leverkusen eine Botschaft für den Anhang. Foto: Stuart Franklin/Bongartz/Getty Images.

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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1 Kommentar

  1. Ganz ehrlich, ich glaube nicht daran.

    Verräter ist ein hartes Statement, und mit Sicherheit genauso überzogen, wie der heutige Protest.

    Meines Erachtens geht es dieser Gruppe nur noch blind darum, Martin Kind, warum auch immer, zu diskreditieren. 

    Man kann, und soll, seine eigene Meinung zu diesem Thema haben, verstehen kann ich diesen Boykott nicht.

    Ich bin seid fast 50 Jahren ein Roter, habe das ganze hoch und runter der letzten Jahrzehnte erlebt, aber der Verein wäre im Leben ohne Martin Kind nie im Leben da, wo er heute steht.

    Wir wären in dem Tiefen der 3. Oder 4. Liga verschwunden .

    Er versucht, nicht immer geschickt, unsere alte Liebe, diesen deutschen Traditionsverein, an die neuen Realitäten anzupassen.

    Mit einem Model, was sich deutlich von anderen "Plastik " Vereinen unterscheidet. 

    Die alten Zeiten waren so toll?

    Ich erinnere mich noch gut an die Zeiten, wo wir im alten Niedersachsen Stadion mit 4000 Zuschauern, ödes Zweitliga Gekicke verfolgt haben.

    Ich hoffe, nie wieder!!!

    Martin Kind war in Summe die Rettung unseres Herzensverein und wir sollten ihm Vertrauen, denn persönliche wirtschaftliche Interessen hat er meines Erachtens nie verfolgt.

    Also, ihr "Verweigerer", gebt Euch eine Ruck und unterstützt unsere Manschaft so, wie in der Vergangenheit auch.

    Rot, ein Leben lang.

    Viele Grüße, ein Roter "Imi" aus Köln. 

    Ich lebe hier seid über 25 Jahren, mag den Effzeh nicht besonders, aber was Stimmung und Loyalität betrifft, da können wir Norddeutscher einiges von lernen.

    Niemals allein, denkt daran.

    " Alrin"

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