Als ich gestern Mittag mit dicker Winterjacke aus dem Haus Richtung Stadion aufgebrochen bin, hatte sich in mir trotz der Kälte ein verhaltener Optimismus breit gemacht – denn Trainer André Breitenreiter hatte mehrfach betont, noch einmal neu durchstarten zu wollen.
Doch nachdem ich Breitenreiters Aufstellung gehört hatte (mit Wood von Beginn an und mit Weydandt als linken (!) Stürmer), kamen mir die ersten Zweifel. Leider wurden diese Zweifel im Laufe der ersten Halbzeit nicht leiser – im Gegenteil. Was die Mannschaft in den ersten 45 Minuten bot, war über weite Strecken Standfußball. Eigentlich – so hatte ich gehofft – war im spanischen Trainingslager ein Ruck durch die Mannschaft gegangen. Doch von frischem Kampfgeist und neuer Motivation war wenig zu spüren. Es war eine seltsame Mischung aus Angsthasen- und Alibi-Fußball, die das 96-Team nach dem 0:1-Gegentreffer in der heimischen HDI-Arena zeigte.
Sinnbildlich war die verzweifelte Handbewegung von Neuzugang Kevin Akpoguma, dem gestern wahrscheinlich erst klar geworden ist, wie wenig seine Mitspieler motiviert sind. Als Esser den Ball zum Abstoß vor sich liegen hatte und nach einer Anspielstation Ausschau hielt, gestikulierte Akpoguma mit beiden Händen verzweifelt und fassungslos in Richtung seiner Mitspieler: Lauft euch frei! Bietet Esser eine Anspieloption! Doch nichts geschah, niemand bewegte sich, niemand unternahm auch nur den Versuch, sich freizulaufen. Am Ende schlug Esser ziellos den Ball ins Mittelfeld, wo er direkt verloren ging.
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In der zweiten Halbzeit kam man als 96-Fan kaum mehr aus dem Kopfschütteln heraus. Zwar zeigte sich das 96-Team leicht verbessert, die Spieler schienen bemühter. Doch die Standards waren allesamt eine Frechheit. Schwegler brachte eine Ecke fast auf Kniehöhe an den kurzen Pfosten, während die wuchtigen Weydandt, Walace und Akpoguma vergeblich in der Mitte auf eine Hereingabe warteten. Einen aussichtsreichen Freistoß zentral aus 25 Metern drosch Kevin Wimmer in die 15. Reihe der Nordkurve. Kurz vor Schluss durfte dann Iver Fossum zwei Ecken schießen. Mittlerweile lauerte mit Jonathas ein weiterer kopfballstarker Spieler im Strafraum. Doch beide Ecken wurden vom Norweger so zaghaft getreten, dass sie es nicht einmal bis in die Nähe von Jonathas und Weydandt schafften. Dass Torwart Michael Esser mit seiner präzisen Hereingabe kurz vor Abpfiff mehr Gefahr im gegnerischen Strafraum erzeugte als 90 Minuten zuvor seine 10 Feldspieler-Kollegen, sprach Bände.
Würde man es nicht besser wissen, hätte man glatt vermutet, dass die Standards absichtlich mies ausgeführt wurden. Das ist natürlich nicht so gewesen, dennoch drängte sich so manchem Fan im Stadion dieser Gedanke auf. „Die spielen doch absichtlich schlecht“, murmelte ein Zuschauer neben mir resigniert. Auch wenn die 96-Spieler nicht gegen ihren Trainer gespielt haben, war in keiner Spielphase zu erkennen, dass sie für ihren Trainer kämpften, wie es 2005 das Team von Michael Tarnat und Robert Enke für ihren Trainer Ewald Lienen gemacht hatte. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es nur noch eine Frage der Zeit, bis das Management von Hannover 96 einen neuen Cheftrainer verpflichtet – zumal Martin Kind immer wieder betont hat, dass er aus dem (zu späten) Trainerwechsel von Schaaf zu Stendel im März 2016 seine Lehren gezogen hat.
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Ich glaube nicht, daß die Spieler absichtlich schlecht spielen, aber sie werden vom Trainerteam teilweise nicht auf den richtigen Positionen. Weydant oder Jonathas (wenn fit u.in Form) gehören in die Spitze nicht auf die Außenbahn, Haraguci ist kein rechter Verteidiger. Albornoz ist auch kein Verteidiger, wenn denn überhaupt weiter vorne auf der Außenbahn. Es fehlt generell ein guter linker Verteidiger, meines erachtens ein Versuch mit Anton. Schwegler bringt schon lange keine Leistung mehr. Stattdessen Baka zusammen mit Walace. Mangels fehlender Alternativen stellt sich die Offensive fast von alleine auf. Nur bitte ohne Asano und Wood. Beide haben kein Erstligaformat oder haben dieses jemals nachgewiesen.