„Hannover 96 kann in Richtung Europa League angreifen.“ Das Faninterview vor dem Gastspiel bei RB Leipzig

Leipzig-Fans wünschen sich kein Übergangsjahr. Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images.

Hannover – Am Samstag tritt Hannover 96 bei RB Leipzig an. Vor dem Spiel sprechen wir mit Leipzig-Fan Matthias. Er bloggt seit 2010 unter rotebrauseblogger.de über RB Leipzig. Der studierte Kommunikationswissenschaftler, verdient seine Brötchen mit dem Blog und anderen Tätigkeiten als freier Journalist, zum Beispiel unter rblive.de.

Nur ein Punkt aus den ersten beiden Bundesligaspielen, muss Sportdirektor Ralf Rangnick bereits den Trainer Ralf Rangnick in Frage stellen?

Das braucht noch drei, vier Spieltage auf dem Niveau der ersten beiden, um darüber nachzudenken. Im Ernst, praktisch ist Ralf Rangnick unabhängig von den Resultaten alternativlos. Weil eine Feuerwehrkonstellation mit einem neuen Trainer und einem Sportdirektor Rangnick, der traditionell nah an der Mannschaft dran ist, einfach nicht vorstellbar ist. Wie sollte das aussehen und was für ein neuer Wind sollte dadurch reinkommen, wenn ein anderer Trainer in der Philosophie trainiert, die der Vereinsweg vorsieht? Dann müsste man Rangnick schon komplett und auch als Sportdirektor demontieren und da er aktuell die zentrale und im Kern einzige sportliche Entscheidungskompetenz im Verein ist, wären die Folgeerscheinungen einer solchen Geschichte unabsehbar und können eigentlich nicht gewollt sein.

Worin siehst du den Grund für die ernüchternde Ausbeute zu Saisonbeginn?

Fehlende Effizienz, wenig Ideen in der Offensive und mit dem Ball am Fuß und gegen Düsseldorf eine schlechte Absicherung in der Defensive plus Spieler in der letzten Reihe, die nicht 100% fit und schnell genug sind. Ernüchternd war aber vor allem die Punktausbeute. In Dortmund sah das abgesehen von individuellen Schnitzern bei den Gegentoren eigentlich gut aus. Gegen Düsseldorf kann man das Spiel eventuell auch noch spät gewinnen. Man ist im DFB-Pokal weiter und trotz spätem Siegtreffer gegen Luhansk in den Playoffs völlig verdient in der Europa-League-Gruppenphase. Es fehlen halt zwei Punkte aus dem Düsseldorf-Spiel, ansonsten war der Saisonstart eigentlich ok, auch wenn sich schon zeigte, dass RB gegen tief verteidigende Gegner so einige Probleme hat.

In 2019 übernimmt Julian Nagelsmann die Rolle des Cheftrainers. Wird das ein klassisches Übergangsjahr in Leipzig?

Zumindest ist das nicht geplant. Mit der Personalie Rangnick als Trainer war das Kapitel „Übergangsjahr“ eigentlich geschlossen. Weil Rangnick für viel Ehrgeiz steht und vor allem dafür, die Mannschaft hinter sich zu haben und ihr die Mentalität geben zu können, die es neben fußballerischen Dingen auch braucht. Sprich, das Team hat eigentlich keine Ausreden, die ein richtiger Übergangstrainer egal ob von extern oder von intern wohl automatisch mit sich gebracht hätte. Dass RB auf dem Transfermarkt die wichtigen Baustellen im zentralen Mittelfeld nicht geschlossen hat, sondern erst zur Winterpause schließen wird, ließen aber die Interpretation eines Übergangsjahrs wieder aufkommen. Fakt ist, dass Rangnick in die Champions League will und entsprechend mit dem Team arbeitet. Von daher ist es eigentlich kein klassisches Übergangsjahr, sondern eher Vorarbeit für Nagelsmann. Kadertechnisch sieht es aber schon eher nach Übergangsjahr aus.

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Nach dem Heimspiel gegen Hannover, kommt es zum Red Bull-Duell in der Europa League. Wie ärgerlich war dieses Los in der Gruppenphase?

Ehrlich gesagt fand ich es super. Es gab vor längerer Zeit schon mal ein Testspiel zwischen beiden Teams, was unter Alexander Zorniger gegen Roger Schmidt, also zwei bedingungslosen Pressing-Trainern, ein übelstes Hauen und Stechen war. Die kommenden Duelle sind zudem sehr aufgeladen, weil es gerade in Salzburg angesichts der vielen Wechsel in der Vergangenheit viele Befindlichkeiten in Richtung Leipzig gibt. Es werden zwei sehr umkämpfte Spiele mit zwei Mannschaften sein, die hohes Pressing mit vielen Zweikämpfen spielen und bei denen es richtig zur Sache gehen wird. Von daher freue ich mich auf die Spiele. Auch sonst hat die Auslosung eine sehr interessante Gruppe ergeben. Und wenn sich die beiden Fanlager dann noch ein ‚Und ihr macht unseren Sport kaputt‘ oder ‚Scheiß Red Bull‘ zurufen, wird es vielleicht sogar lustig.

Marcel Halstenberg, ein ehemaliger 96er, fiel letzte Saison nach einem Kreuzbandriss lange aus und hat so auch die WM verpasst. Im Testspiel gegen Lubin in der Länderspielpause, gab der gebürtige Laatzener sein Comeback. Ist er auch für Samstag schon ein Kandidat?

Für die Startelf sicher noch nicht. Möglich, dass er schon auf der Bank sitzt, aber Ralf Rangnick steht dafür, es bei solchen Verletzungen bei Spielern erst mal langsam angehen zu lassen. Von daher, schön dass mit Halstenberg quasi ein Neuzugang vor der Tür steht, aber man muss auch erst mal abwarten, wie schnell er wieder auf sein altes Niveau kommt. Gegen Lubin hat er in einigen Zweikämpfen noch zurückgezogen, was in der Bundesliga natürlich eher nicht geht.

Marcel Halstenberg steht vor seinem Bundesliga-Comeback. Foto: ROBERT MICHAEL/AFP/Getty Images.

Wie beurteilst Du die Qualität von Hannover 96? Auf welchen Spieler, gilt es besonders zu achten?

Ich mag persönlich mal jenseits aller Qualität einzelner Spieler die Weydandt-Story sehr gern. Cindarella-mäßig aus dem Amateur-Fußball zu kommen und nun Bundesliga-Spieler zu sein, ist eine ziemlich großartige Geschichte. Und sein Torabschluss ist schon ziemlich phänomenal, wenn ich mal nur die Tore nehme, die er bisher geschossen hat. Ansonsten ist Horst Heldt seinem Weg treu geblieben, eine mehr als solide Bundesliga-Elf zusammenzustellen. Walace finde ich bei allen nachvollziehbarer Skepsis eine Super-Verpflichtung. Wimmer und Wood dürften auch passen. Der hochgezogene Maina ist ein interessanter junger Mann. Der Kader ist sehr ausgewogen zusammengestellt und trotz der Abgänge von Sané, Klaus oder Harnik vom ersten Eindruck her noch mal ein Stück besser als letzte Saison. Von daher hat man da auf Management-Ebene einen guten Job gemacht.

RB-Fan Matthias: „Linton Maina ist ein interessanter Mann.“ Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images.

Was traust Du der Breitenreiter-Elf in dieser Saison zu?

Gut zusammengestellter Kader mit einem Trainer, der bekannt dafür ist, seine Mannschaften taktisch sehr diszipliniert auflaufen und auch einen guten Fußball spielen zu lassen. Ist ja immer die Frage, in welchen Flow man in einer Saison und in einer unterhalb der Bayern und Dortmund ausgeglichenen Liga gerät. Aber wenn Hannover ohne großen Stress im Umfeld und ohne große Verletzungen durch die Saison kommt, sehe ich sie eher Team, das auch Richtung Platz 6 oder 7 angreifen kann, als dass man Richtung Platz 16 schauen muss. Mit zwei Unentschieden in die Saison zu starten lässt in Sachen Flow aber auch noch alle Richtungen offen.

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Mit was für einem Spiel rechnest Du am Samstag?

Aus RB-Sicht mit einem ähnlichen wie gegen Düsseldorf. Ein Gegner, der es in der Mitte kompakt hält und hinten mit einer Fünferkette eher breit aufgestellt ist. Aus der Grundordnung wird Hannover dann versuchen, schnell und über die ganze Breite des Platzes umzuschalten. Da die individuelle Qualität von Hannover höher ist als die von Düsseldorf und man mannschaftstaktisch nicht schlechter aufgestellt ist, wird es ein hartes Stück Arbeit und RB wird gut verteidigen und am besten ein frühes Tor schießen müssen, um drei Punkte mitzunehmen. Wäre halt gut gewesen, wenn man schon gegen Düsseldorf drei Punkte geholt hätte, dann wäre der Druck des Gewinnenmüssens nicht ganz so groß.

Wie geht die Partie aus? Dein Tipp, bitte.

Das Endergebnis lautet 3:1. Warum? Weil ich es so will (lacht).

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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