„Trotz erheblicher Behinderungen“ – Pro Verein beantragt die Abwahl des „Systems Kind“

96-Fans wollen die Abwahl des "Systems Kind" Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images.

Hannover – Über 1300 Mitglieder forderten am Donnerstag eine außerordentlichen Mitgliederversammlung bei Hannover 96. Dazu aufgerufen hatte die Interessengemeinschaft Pro Verein 1896. Ihr Ziel: mehrere Aufsichtsräte des Hannoverschen Sportvereins abzuwählen. Die Initiatoren werfen den Aufsichtsräten Schmidt, von Lintel und Beck vor, ihrer Aufsichts- und Kontrollpflicht gegenüber dem Vorstand um Vereinspräsident Martin Kind nicht ordnungsgemäß nachzukommen.

Ein Beitrag von Patrick Schiller

200 Unterschriften mehr als nötig

Die für das Quorum notwendige 5 Prozent-Hürde wurde damit um etwa 200 Stimmen überschritten. Selbst fehlerhafte Anträge dürften den geforderten Neuwahlen des Aufsichtsrates somit nicht im Wege stehen. Pro Verein 1896 hatte zuletzt die Notwendigkeit eines personellen und strukturellen Neuanfangs bekräftigt. Nachdem der Tagesspiegel von einer unveröffentlichten Satzungsänderung der Spielbetriebsgesellschaft Hannover 96 GmbH & Co. KGaA berichtete, schienen viele Mitglieder zu erkennen, dass dieser Alleingang des Mehrheitsgesellschafters zeigt mit welchen ernst zu nehmenden Risiken eine Fixierung auf eine einzelne Person einhergeht.

Verstoß gegen Lizenzbedingungen?

Die DFL ließ verlauten von dieser Änderung im Handelsregister erst durch die Presse erfahren zu haben. Dies würde gemäß DFL-Lizenzordnung sogleich einen doppelten schweren Verstoß bedeuten: Zum Einen wegen der nachträglichen Bekanntgabe, zum Anderen, weil die neue Satzung die Einhaltung der sogenannten 50+1-Regel bei Hannover 96 de facto abgeschafft hatte: Demnach hätte die Entscheidungsgewalt in der Profigesellschaft künftig der Aufsichtsrat, dessen stimmberechtigte Mitglieder ausschließlich durch die KGaA bestimmt werden. Die 50+1 Regel besagt, dass ein Stammverein in den ausgegliederten Kapitalgesellschaften der Proficlubs die Stimmen-Mehrheit behalten muss.

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Satzungsänderung im Alleingang

Der umstrittenen Sitzung zur Satzungsänderung hätte zudem lediglich Martin Kind in seinen Funktionen als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH und der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG und ein Notar beigewohnt. Laut verschiedenen Medienberichten hätte Hannover 96 mit der neuen Satzung für die laufende Bundesligaspielzeit keine Lizenz für alle deutschen Profiligen (1. – 3. Liga) erhalten. Im März steht die Lizenzvergabe für die kommende Spielzeit an. Nach den geltenden Lizenzbestimmungen würde Hannover 96 diese für die kommende Spielzeit somit nicht erhalten. Martin Kind vertraut jedoch darauf, dass das Ständige Schiedsgericht der Lizenzligen noch im diesen Jahr gegen die DFL entscheidet, wie die Sportbild berichtete. Obwohl die DFL im Juli ihm die Ausnahmegenehmigung verweigert hatte, weil Kind die finanziellen Voraussetzungen einer „erheblichen Förderung“ des Stammvereins „über 20 Jahre“ nicht erfüllt habe. Somit muss Kind auf eine Entscheidung bis spätestens März 2019 in seinem Sinne hoffen, andernfalls ist die Lizenz nach den Verbandsregeln nicht zu erteilen. Hannover 96 müsste im besten Fall in der vierten Liga neu beginnen.

Androhung von Stadionverbot?

Kritiker werfen Kind vor, dass die Sammlung der notwendigen Unterschriften sich deshalb unnötig schwierig gestaltet hätte, weil der Verein aktiv die Kontaktaufnahme mit Mitgliedern behindert hat.
So verweigert Hannover 96 die Herausgabe einer Liste aller 22.000 Vereinsmitglieder bis heute in dem Wissen darum, dass Mitglieder zur Kontaktaufnahme zwecks Information und Willensbildung berechtigt sind. Dies stünde im Konflikt mit dem satzungsgemäß verankerten Minderheitenschutz. Hannover 96 verwies auf den Datenschutz. Das OLG München hatte die Güterabwägung, ähnlich wie andere Gerichte, zu Gunsten des Begehrens um Kontaktaufnahme entschieden. Einem ggf. unerwünscht angeschriebenen Mitglied stehe es frei die Vereinspost ungelesen wegzuwerfen. Zudem hätten Ordnungsdienste teilweise die Sammlung von Unterschriften während der Heimspiele von Hannover 96 auch unter Androhung von Stadionverbot untersagt.

Konzept von Pro Verein

Vergangene Woche hatte Pro Verein 1896 zudem ein eigenes Konzept für die Zukunft von Hannover 96 vorgestellt. Man wolle das bestehende Zwei-Säulen-Modell zwischen Stammverein und Profiabteilung stärken, Mitgliederzahlen drastisch erhöhen und die Vereinsgremien stärken. Vor allem aber wolle man alle Streitigkeiten beenden. Stattdessen solle ein Prozess der Aufarbeitung stattfinden, um einen starken Hannoverschen Sportverein zu schaffen. Dies sei jedoch nur mit einem integren Aufsichtsrat möglich. Der Eingang der Anträge für die Durchführung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung wurde indes noch am Donnerstag vom hauptamtlichen Geschäftsführer des Vereins, auf dem Briefpapier der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA, bestätigt.

Der 96-Vorstand muss die geforderte Versammlung gemäß Satzung nun innerhalb von fünf Wochen einberufen.

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