Schwamm drüber, abhaken, Deckel drauf, Mund abwischen, nach vorne schauen… Kurz gesagt, lieber sofort auf das Derby fokussieren. Gegen griffige Schalker blieb Hannover 96 über lange Strecken zu harm- und ideenlos.
Nur 20 brauchbare Minuten gegen mutige Schalker waren einfach zu wenig, um sich selbst und die Fans in einen kompletten Derby-Modus zu verfrachten. Dabei wollten wir mit einem geilen Spiel doch so richtig auf die Eskalations-Stufe schalten. Aber da gab es halt noch einen Gegner, der mit viel Mann-Orientierung Sand in die rote Maschine streute. Erst nach der Halbzeit hatte Hannover 96 mehr Zugriff und gewann mehr Zweikämpfe. Doch ohne Impulse über die Flügel verödete bei frühsommerlichen Temperaturen die Offensive.
Hannover 96 mit Sebastian Ernst als ungewohnten Außenverteidiger schaffte über weite Strecken des Spiels keinen geordneten, dynamischen Aufbau. Das Drama bei AV-Ausfällen zieht sich eklatant durch die Rückrunde und kostet uns jegliche höhere Ambitionen. Brooklyn Ezeh war in der Woche umgeknickt und wurde nicht wieder rechtzeitig fit, womit das alte Dilemma (Jannik Dehm zudem gelb-gesperrt) auf links nur wieder Flickwerk und Stoßgebete zuließ. In solchen Momenten muss man das schlappe Unentschieden eher als „in der Rückrunde weiterhin ungeschlagen zuhause“ umdeuten.
Mit der Einwechslungen von Louis Schaub, Cedric Teuchert und Lars Gindorf, sowie der Umstellung auf Mittelfeld-Raute, kam mehr Leben auf den Platz. Hannover 96 entwickelte mehr Druck, ohne sich klare Torchancen zu erarbeiten. Man fragt sich auch, wohin sich unsere zwischenzeitliche Standard-Stärke verabschiedet hat? Hier sollte unter der Woche nochmal fokussiert nachgebessert werden. Und es kann ja wohl nicht sein, nur lange und hohe Bälle als Stilmittel zu nutzen? Wir waren kurzzeitig doch mal so stark und kreativ im Mittelfeld! Das können wir doch nicht verlernt haben…
Damit soll es das dann auch zum Spiel gewesen sein, denn ich will nicht mit Verärgerung und Groll in die Derbywoche starten. In Peine Ost wird uns ein ätzender, körperbetonter und kampfbereiter Haufen erwarten, gegen den wir um jede Minute und jeden Zentimeter des Spiels fighten müssen. Jannik Dehm wird zurück und hoffentlich auch Brooklyn Ezeh eine Option sein. Mit zwei intakten Außenbahnen lässt sich ein viel druckvolleres Spiel aufziehen.
Auch wenn wir im Kampf um Platz drei an Boden gegenüber Hamburg und Düsseldorf verloren haben, spielen wir eine sehr gute Saison, deren Ausgang bisher immer noch völlig offen ist. Insgesamt herrscht in Hannover momentan eine große Fußball-Euphorie. Auch die Spiele unserer zweiten Mannschaft streichen sich Fans mittlerweile rot im Kalender an. Aus der lange von größerem Zuschauerinteresse vernachlässigten Akademie ist ein Hotspot für alle Supporter geworden, die es ligaübergreifend mit den Roten halten. So kam es bereits am vorsommerlichen Samstag in der anderen grünen Lunge der Messestadt, der Eilenriede, zum Spitzenspiel in der Regionalliga Nord zwischen der U23 von Hannover 96 und der Reserve von Holstein Kiel. 1200 Zuschauer sorgten für gut gefüllte Ränge und sahen richtig gut aufgelegte Youngster von Trainer und Geburtstagskind Daniel Stendel. Auch ohne „große“ Namen wie Lars Gindorf, Kolja Oudenne oder Muhammed Damar wurde der Nachwuchs der Kieler Störche förmlich über den Haufen gerannt.
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Mit Toren von Tom Moustier, Eric Uhlmann, einem Doppelpack von Eigengewächs Lennart Garlipp und einem tollen Offensivfußball festigten die Talente ihren Spitzenplatz. Da die Spiele der Regionalliga auch gebührenfrei auf www.nordfv.tv gezeigt werden, kommt das 96-Fanherz voll auf seine Kosten. Namen und gute Leistungen von Toni Stahl, Nick Stepantsev, dem dribbelstarken Husseyn Chakroun, Abräumer Adem Podrimaj, und Routinier Fynn Arkenberg haben eine kleine Euphorie rund um die Akademie entstehen lassen, der immer mehr Fans folgen.
Sollten unsere Roten also ehrenvoll aus Peine Ost zurückkehren und die Saison mit Anstand beenden, können wir zufrieden mit dem Erreichten sein. Denn auch der U23 winkt noch die Relegation zur 3. Liga und beweist, wie gut momentan an der Leine gearbeitet wird. Mit diesem Zustand kann zumindest ich gerade sehr gut leben.
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