Auch Marcus Mann sitzt im Schlafwagen von Hannover 96

Manager Marcus Mann platzte nach dem Auftritt von Hannover 96 die Hutschnur.
Manager Marcus Mann platzte nach dem Auftritt von Hannover 96 die Hutschnur.

Es ist Sonntagvormittag, 17 Grad, Regen, richtig trübe Stimmung. Das ist aber wohl nix im Vergleich zur Gefühlslage, die heute, auch einen Tag nach dem Pokalspiel von Hannover 96, bei Marcus Mann und seinem Trainer Stefan Leitl herrschen muss. Wahrscheinlich hat der Manager heute Nacht ein paar Kopfkissen zerbissen. Vielleicht auch gleich das ganze Bett angezündet, denn Mann war nach dem Spiel richtig angepisst.

So richtig richtig angepisst. Na wenigstens einer, der in Bielefeld ordentlich on fire war. Dagegen war sogar der Shitstorm in den sozialen Medien noch ein laues Lüftchen. Denn die zweite Woche in Folge hatte sich seine Mannschaft von einem vermeintlich schwächeren Gegner vorführen und jeglichen Biss vermissen lassen. Mit dem Ergebnis, dass wir erneut in der 1. Runde gegen einen Drittligisten rausfliegen…

Die Frage, die sich direkt nach Abpfiff stellte, war: woran liegt es, dass 96 seine bewiesenen Stärken und die individuelle Klasse nicht auf den Platz bekommt? Der in Großteilen zusammengebliebene Kader wurde im Sommer punktuell verstärkt, man hatte Spieler geholt, die sofort helfen können. Nicht wenige Experten trauten somit den Angriff auf die Aufstiegsplätze zu. Davon ist nach 3 Pflichtspielen, 4 Punkten und dem Pokalaus leider (noch) nicht viel zu sehen.

Manager Marcus Mann sprach hinterher von „Schlafwagenfussball“ und dass man es zum zweiten Mal innerhalb von acht Tagen vorgemacht bekommt, wie man eigentlich Fußball spielt, und worum es im Fußball geht. „Wir sollten jetzt schleunigst aufwachen. So geht es einfach nicht.“ Klare und richtige Worte. Auch Stefan Leitl schlug in die selbe Kerbe und ergänzte: „Wir sollten nicht vergessen, dass Fußball ein Lauf- und Kampfsport ist und dass wir an unser Limit kommen müssen, um Spiele zu gewinnen.“

Dabei ist dieser Schlafwagen hausgemacht, wie ich finde. Da braucht Mann seinen Coach nicht öffentlich anzählen, denn dazu sitzt er mit seinen Transfers direkt mit im Zug.

Mehr als ein halbes Jahr nach Abflug unseres besten Spielers (Derrick Köhn nach Istanbul) tänzeln wir auf der linken Seite immer noch um eine ordentliche Lösung herum. Mit dem Verkauf von Arrey-Mbi nach Portugal ist diese Baustelle sogar noch größer geworden. Als billigste Lösung wird mit Josh Knight ein Rechtsfuß als linker IV installiert, der als Backup für Phil Neumann gekommen war. Auch Jannik Dehm wird weiter über die linke Schiene gejagt, bei allen sichtbaren Defiziten.

Die Auftakt hat offenbart, dass Hannover 96 defensiv noch einmal investieren muss.
Der Saisonauftakt hat offenbart, dass Hannover 96 in der Defensive noch einmal investieren muss.

Auch er ist Rechtsfuß, muss vor den Flanken den Ball erst auf rechts legen und ist im Kombinationsspiel zu unsauber.
Und dennoch wird sowas weiterhin als Lösung verlangt, weil aktuell noch Alternativen fehlen. Bisher, also Wochen und Monate später, konnte kein gelernter Linksfuß für eine der beiden vakanten und wichtigen Positionen gefunden werden. Brooklyn Ezeh darf nur als Einwechsler rein und Hayate Matsuda aus der U23 scheint noch nicht reif genug zu sein. Damit berauben wir uns selber des Impulses beim Aufbauspiel, den halt nur ein passender Fuß auf seiner Seite erzeugen kann.

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Apropos Außen: schon am Ende der letzten Saison legten gut auf uns eingestellte Gegner unsere Angriffe über die Außenbahnen lahm. Das fiel nun auch Münster und Bielefeld nicht schwer. Erwischen Dehm und Muroya einen Sahnetag, können sie Hannover zu dem Aufstiegsaspiranten pushen, das es gerne sein will. Dann hagelt es Flanken- und Tiefenläufe bis die Heide brennt. Das passiert aber zu unregelmäßig bzw. ist leicht vom Gegner zu durchschauen.

In der Mitte muss Fabian Kunze weiterhin formschwach als 6er herhalten, dem eindeutig der Elan fehlt. Hoffnung besteht hier in Persona Max Christiansen, der sich im Sommer zurück auf den Zettel gekämpft hat. Enzo Leopold muss weiter konkurrenzlos auf der 8 walten/schalten, doch fehlt ihm aktuell noch der Impact der letzten Saison. Auch hier wird seit der Vorbereitung von einer zusätzlichen Verstärkung geredet und geredet und geredet.

Über die Außen macht Hannover 96 zu wenig Tempo

Jannik Rochelt kam als neuer 10er und fühlt sich im linken Halbraum zuhause. Dort konnte er in Ulm und Elversberg auf sein Talent aufmerksam machen. Bevor er in Hannover Konstanz und Spielbindung aufbauen konnte, wurden gegen Bielefeld auch ihm die Schuhe falsch rum angezogen und er auf halbrechts gestellt, weil auf halblinks sich Lars Gindorf austoben sollte. Kann klappen, tut es aber aktuell (noch) nicht. Das zweite Halbraum-Wunder, das uns versprochen wurde, sitzt seine Zeit bisher auf der Bank ab: Hyun-Ju Lee. Und auch Husseyn Chakroun durfte bisher noch keine Pflichtspiel-Minute für die Profis in der neuen Saison wirbeln.

Verunsicherte Profis zogen auf der Alm nun auch Spielpech an.
Zunächst brachte der im Pokal als Kapitän gesetzte Marcel Halstenberg den entgegen eilenden Enzo Leopold mit einem scharfen Zuspiel in Bedrängnis. Ein Déja-Vu, wie wir es letzte Saison auch schonmal erlebt hatten, das aber auch 24/25 immer noch genauso unnötig ist. Hinterher erfuhren wir von Stefan Leitl, dass solch ein „kurzer Sechser“ eigentlich vermieden und stattdessen Lösungen über die Außen und Halbräume gefunden werden sollten. Kapitän Halstenberg wählte sie aber trotzdem mal, keiner weiß warum.

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Das folgende 2:0 besorgte das aussortierte 96-Eigengewächs Louis Oppie, der saisonübergreifend in Bielefeld gerade richtig aufblüht, mit einem Christos Tzolis-Gedächtnisschlenzer. Beide Tore passieren so vielleicht einmal pro Saison. Auf der Alm passierten sie zusammen kurz hintereinander. Bei Hannover 96 waren die Abstände von Mittelfeld zur Offensive bei Ballgewinnen zu groß. Oft blieben Gindorf, Tresoldi, Voglsammer, und später Rochelt und Nielsen vorne alleine auf weiter Flur. Die Bindung zwischen den Mannschaftsteilen war nicht vorhanden, weil zu wenig gelaufen und gesprintet wurde. Ein altbekanntes Problem, das immer noch nicht verbessert wurde.

Und auch über unsere Ecken und Freistöße muss gesprochen werden. Im Januar noch im Trainingslager in Spanien hatten wir daraus Waffen geschmiedet und waren führende Standard-Experten in der Liga. Die Vielzahl der in Bielefeld getretenen Bälle verpufften halbhoch am ersten Gegner oder waren total ungenau.

Der Fairness halber muss man aber eins klar stellen:
Hannover 96 hatte zum Auftakt nun zwei Aufsteiger und einen richtigen Drittligisten vor der Brust. Von den Dreien brachten Münster und Bielefeld zuhause in ihren Stadien klaren Drittliga-Stallgeruch in die Partien ein. Laufen, ackern, und alles auf eine Karte setzen. Dort wird Fußball noch gearbeitet. Das war Stress pur für Leitls Jungs, die aktuell mit feiner Klinge auf das große Ziel Aufstieg gedrillt werden.

Und schaut man auf die anderen Sportplätze im Pokal, wo Teams aus der 1. und 2. Liga auf vermeintliche Underdogs trafen, sieht man wie schwer sich viele „Favoriten“ damit taten. Oft waren es nur Nuancen, die am Ende für ein Weiterkommen reichten. Auch Düsseldorf und Bochum durften früh die Koffer packen.
Hannover 96 vergaß bei aller Liebe für den Ballbesitz die Fußballtugenden. Es ist der sprichwörtliche Schuss vor den Bug, den alle (Leitl, Mann und die Mannschaft) jetzt ummünzen sollten.

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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