Die Corona-Krise ist noch lange nicht überwunden, dennoch nehmen Hannover 96 und die restlichen Bundesligisten ihre Tätigkeit allmählich wieder auf. Der Weg zurück in die Normalität braucht viel Zeit, die Fußballspieler und Manager müssen aber keinesfalls um ihre Existenz bangen. Ganz anders sieht dies bei den Arbeitnehmern des Asphalt-Magazins aus. Das niedersächsische Blatt mit Sitz in Hannover liegt uns sehr am Herzen, aus diesem Anlass haben wir ein Interview mit dem Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke geführt. Das dominante Thema ist natürlich das Covid 19-Virus, aber auch der Verein Hannover 96 und die Spieltage sind ein wichtiger Anker für das Blatt…
Das Asphalt-Magazin ist eines der sozialsten Projekte in Niedersachsen. Monatlich wird das Blatt (in drei Versionen) von Personen mit brüchigen Biografien verkauft, wohl jeder Hannoveraner ist sich ihrem Schicksal bewusst. Auch an den 96-Spieltagen darf das Blatt im Bereich des Stadions verkauft werden, die Verbindung von Hannover 96 und dem Asphalt-Magazin ist daher offensichtlich. Der selbstständige Verkauf des Magazins hilft den Verkäufern und Verkäuferinnen dabei, ihrem Leben eine neue Struktur zu verleihen. Der Handel mit dem Magazin ist ein wesentlicher Lebensinhalt, umso schwerer traf die Betroffenen die Corona-Krise. Von jetzt auf gleich und ohne Vorwarnung musste der Verkauf eingestellt werden – ein absolut herber Rückschlag. Im Interview mit Geschäftsführer Georg Rinke wurden wir genauer über die dramatische Situation aufgeklärt, die folgenden Worte gehen definitiv unter die Haut…
Henrik Zinn (96Freunde): Das Asphalt-Magazin ist in Niedersachsen weit verbreitet und existiert bereits seit über 25 Jahren. Wollen Sie dennoch kurz beschreiben, was das Asphalt-Magazin ist?
Georg Rinke: Das Asphalt-Magazin ist Hilfe zur Selbsthilfe. Die selbstständigen Verkäufer*innen kaufen für 1,10 (Göttingen/Kassel 1,25) Euro ein hochwertiges Magazin zum Verkauf auf der Straße für 2,20 (Göttingen/Kassel 2,50) Euro. Die Differenz zum Kaufpreis und die Trinkgelder sind der Verdienst des einzelnen.
Henrik Zinn (96Freunde): Aus welchem Gedanken heraus wurde das Asphalt-Magazin gegründet?
Georg Rinke: Der Grundgedanke war der Schritt vom Bettler zum Verkäufer. Der Bettler erhält ein Almosen, der Verkäufer verkauft ein Produkt.
Henrik Zinn (96Freunde): Wie haben wir uns die Erstellung des Magazins vorzustellen? Wer schreibt die Artikel und in welchem Umfang erscheint das Blatt?
Georg Rinke: Asphalt beschäftigt unter anderem 4 Redakteure und eine Grafikerin. Diese erstellen das Magazin, was einmal monatlich, im Normalfall mit 40 Seiten, erscheint. Darüber hinaus organisieren wir den Vertrieb in Hannover, aber eben auch Niedersachsenweit mit 2 Mitarbeitern. Wir haben einen Sozialarbeiter, der ausschließlich die Belange der Verkaufenden betreut, zwei Verwaltungsmitarbeiter und natürlich mich. Mit einer Auflage von durchschnittlich 26.500 Zeitungen erreicht Asphalt monatlich rund 58.000 Leserinnen und Leser in 15 Städten Niedersachsens.
Henrik Zinn (96Fruende): Welche Themenkomplexe werden im Asphalt-Magazin aufgegriffen?
Georg Rinke: Asphalt …
… mischt sich ein in Stadt- und Landespolitik
… thematisiert gesellschaftliche Brennpunkte
… unterhält mit bunten Reportagen und Portraits
… präsentiert Service-Themen und Kulturtipps
… enthält Nachrichten aus der Obdachlosen-Szene
… vermittelt sozial-politische Hintergründe
… verlost jeden Monat tolle Gewinne
… erscheint monatlich
… bietet 40 spannende Seiten
Henrik Zinn (96Freunde): Wie viele Menschen in Niedersachsen verteilen das Blatt? Wie gestaltet sich die Entlohnung?
Georg Rinke: Wie schon gesagt, es sind selbstständige Verkäufer, es ist keine Verteilung. Die Menschen werden durch den Verkaufspreis, abzüglich des Einkaufspreises entlohnt und verdienen sich ihr Geld somit mit richtiger (wenn auch niedrigschwelliger) Arbeit. Insgesamt sind es gut 200 Verkäufer*innen.
Henrik Zinn (96Freunde): Die aktuelle Corona-Krise trifft das Magazin schwer. Wie sehen die Einbußen aus und wie gehen die Betroffenen mit dieser schweren Situation um?
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Georg Rinke: Es ist tatsächlich für alle sehr schwer. Wir haben seit dem 16.03. den Verkauf eingestellt, um unsere Verkäufer*innen, aber eben auch die Mitarbeiter*innen zu schützen. Das heißt zum einen, dass der Verkaufserlös wegfällt, wir als Magazin eben auch keine Einnahmen mehr haben, aber vor allem auch, dass der soziale Kontakt und die Struktur des Tages, für die Verkäufer*innen, nicht mehr vorhanden ist. Und das von einem Tag auf den anderen, ohne Vorlaufzeit um sich anzupassen.
Wir versuchen das, zumindest teilweise, auszugleichen, indem wir Einkaufsgutscheine in Höhe von 25 Euro pro Woche, an jede Verkäufer*innen, verteilen.
Henrik Zinn (96Freunde): Wie schildern die Betroffenen die schwierige Situation?
Georg Rinke: Alle unsere Verkäufer*innen sind unglaublich dankbar für die viele Unterstützung, die sie zumindest mittelbar, erhalten. Ihnen fällt aber die Decke auf den Kopf und sie würden einfach gerne wieder verkaufen.
Henrik Zinn (96Freunde): Gibt es schon eine Einschätzung, ab wann das Blatt wieder verkauft werden darf? Der 20.04. wurde als Ziel angestrebt, konnte dieses eingehalten werden?
Georg Rinke: Wir werden ab dem 30.04. wieder den Verkauf anbieten. Aber es wird niemand dazu gedrängt, wer nicht kann oder will, erhält weiterhin die wöchentlichen Einkaufsgutscheine. Auch die Rücknahmeregelungen für nicht verkaufte Magazine, die sonst etwas strenger sind, haben wir komplett gelockert.
Henrik Zinn (96Freunde): Wie kann man sich, abgesehen vom Kauf des Magazins, für die Verkäufer engagieren?
Georg Rinke: Zwei Dinge sind mir wichtig. Als Magazin leben wir zum einen von dem Verkauf des Magazin (aber eben nur zu ca. 40%) und zum anderen von Spenden. Aus diesen Spenden kaufen wir die schon genannten Einkaufsgutscheine. Die Gesamtkosten dafür sind ca. 5.000 Euro wöchentlich. Zum zweiten, wenn wir wieder auf der Straße sind, kauft bitte das Magazin, gerne auch 2 oder 3mal. Aber vor allem unterhaltet euch mit den Verkäufer*innen. Bitte immer auf Entfernung, aber diese haben ihre Kunden wirklich vermisst.
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Henrik Zinn (96Freunde): Ist ein Zusammenhang zwischen Spieltagen und den Verkaufszahlen zu erkennen? Welche Rolle spielt Hannover 96 für das Asphalt-Magazin?
Georg Rinke: Wir haben ja das Privileg im Stadion mit drei Verkäufer*innen verkaufen zu dürfen. Diese sind unglaublich dankbar für die Möglichkeit und freuen sich auf jeden Spieltag. Dabei geht es am wenigsten um die Verkaufszahlen, sondern vor allem um die Wertschätzung die ihnen, aber damit auch uns allen, dadurch entgegengebracht wird. Viele sind, wie ich auch, Fan von Hannover 96. Natürlich freuen und leiden wir mit dem Club.
Henrik Zinn (96Freunde): Vielen Dank für das Gespräch!
Und übrigens:
Das Schicksal der Asphalt-Verkäufer*innen wird durch die Corona-Krise erneut herausgefordert. Wie im Interview bereits geschildert ist der soziale Kontakt das Hauptargument für den Verkauf des Magazins. Wir können uns nur schwer vorstellen, was das Entgegenbringen von Freundlichkeit und Empathie für positive Gefühle bei den Verkäufer*innen auslöst. Für uns alle ist das Führen eines Smalltalks ein leichtes – daher schenkt den Betroffenen die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Es ist die leichteste Art und Weise etwas Gutes zu tun!
Wir von 96Freunde.de wollen das Asphalt-Magazin in dieser schwierigen Zeit unterstützen, da wir die Arbeit sehr schätzen und viele individuelle Geschichte mit dem Magazin verbunden sind. Aus diesem Grund spendet unsere 96Freunde.de-Redaktion 96 Euro als symbolische Geste an das Asphalt-Magazin. Das Geld ist bereits bei Asphalt angekommen. Wir würden uns über eine rege Spendenbeteiligung aller Hannover 96-Fans sehr freuen! Macht auch ihr mit – jeder Euro fließt in die Lebensmittelgutscheine für die Verkäufer. Informationen zu Spenden findet ihr unter: https://www.asphalt-magazin.de/ihr-engagement/ und direkt hier:
Bleibt alle gesund und kommt gut durch diese schwere Zeit!
Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!
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