In einem offenen Brief widerspricht Teresa Enke dem Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach. Der hatte behauptet, dass Robert Enkes Tod heutzutage nicht mehr als warnendes Beispiel wahrgenommen werde.
Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl hatte bedauert, dass Robert Enkes Tod keine nachhaltige Warnung mehr sei. „Enkes Tod war damals für alle ein großer Schock, ist aber nicht so nachhaltig in den Gedanken geblieben, dass er heute noch als warnendes Beispiel gilt“, sagte Eberl gegenüber der dpa.
Mit herzlichen, warmen Worten hat Teresa Enke nun in einem offenen Brief dem Sportdirektor widersprochen. „Allein in diesem Jahr haben Weltstars wie Andrés Iniesta, Serena Williams, der englische Fußballnationalspieler Danny Rose oder die NBA-Stars Kevin Love und DeMar DeRozan offen über ihre Depressionen oder andere psychische Belastungen berichtet“, zählt die Vorsitzende der Robert-Enke-Stiftung auf.
Sie betont, dass die fünf genannten Sportler alle ihre Karriere nach der Erkrankung ganz selbstverständlich fortsetzen konnten. Iniesta schoss Spanien 2010 sogar zum WM-Titel, nachdem er die Depression überwunden hatte. „Das zeigt mir, dass wir mittlerweile im Sport wie in der Gesellschaft ein höheres Verständnis für seelische Krankheiten haben: Es wird verstanden, dass Depressionen kein Stigma sind, sondern eine in den allermeisten Fälle vorübergehende, heilbare Krankheit“, schreibt Teresa Enke in ihrem Blogbeitrag.
Teresa Enke, die mittlerweile wieder in Hannover lebt, erinnert daran, dass es nicht immer so gewesen war, dass Sportler offen über ihre Erkrankung reden konnten. Als die Enkes vor 15 Jahren mit Robert Enkes erster tiefergehender Depression kämpften, hatten sie Angst, an die Öffentlichkeit zu gehen, weshalb sie die Krankheit des Nationaltorhüters verheimlichten. „Einem Torwart mit Depressionen würde doch kein Verein mehr vertrauen. (…) Es gab im Sport keinerlei professionelle Hilfe für psychische Erkrankungen“, erklärt Teresa Enke rückblickend ihr Verhalten. Dies sei heutzutage zum Glück anders, auch dank der Arbeit der Robert-Enke-Stiftung, die in Deutschland ein Netzwerk von mehr als 70 Sportpsychiatern mit telefonischen Beratungshotline und der Enke-App als Informationsquellen aufgebaut hat.
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Teresa Enke führt als Beispiel den ehemaligen Kapitän des 1. FC Kaiserslautern Martin Amedick an, der selbst an Depressionen erkrankt war. Heute besucht Amedick regelmäßig die deutschen Nachwuchsleistungszentren, um zu erklären, was seelische Krankheiten sind und was man dagegen unternehmen kann. „Weit über 20 Vereine haben Martin Amedick mittlerweile zu sich gebeten, Klubs wie Bayern München, TSG Hoffenheim, VfB Stuttgart, aber auch kleinere Vereine wie Kickers Offenbach“, schreibt Teresa Enke in ihrem offenen Brief.
Bei vielen Zuhörern setze dadurch „ein Verständnis und Nachdenken über seelische Krankheiten“ ein. Abschließend weist Teresa Enke daraufhin, dass Amedick bisher noch nicht nach Mönchengladbach eingeladen wurde, wo Max Eberl Sportdirektor ist. Mit Blick auf Eberls kritische Anmerkung, dass „Enkes Tod nicht so nachhaltig in den Gedanken geblieben, dass er heute noch als warnendes Beispiel gilt“, schreibt die Vorsitzende der Robert-Enke-Stiftung: „Es gibt Möglichkeiten, auch selbst dafür einzutreten, dass „Robert nachhaltig in Gedanken bleibt“.“
Zum Weiterlesen:
Teresa Enkes vollständiger Brief an Max Eberl findet sich hier auf dem Blog der Robert-Enke-Stiftung
Ein ausführliches Interview mit Biograph Ronald Reng: https://96freunde.de/ueber-robert-enke-und-den-96-transfer-zum-fc-barcelona-das-interview-des-monats/
Ein kleiner Rückblick auf Robert Enke: https://96freunde.de/robert-enke-war-einer-der-fest-daran-glaubte-dass-ehrgeiz-auch-hoeflich-und-respektvoll-ausgelebt-werden-kann/
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