Wenn sich plötzlich die eigenen „Fans“ den Abstieg wünschen: Doller geht’s immer

Respektlosigkeit macht sprachlos

Wie sieht die Zukunft von Hannover 96 aus - herrscht mehr Licht oder mehr Schatten bei den Roten? Foto: Getty Images

„Ich weiß, dass ich heute wieder reichlich Prügel für meinen Text einstecken werde, aber das nehme ich billigend in Kauf“, schreibt unser Kolumnist Frank Meyer. Viel Spaß beim Nachdenken über die neueste Ausgabe seiner Kolumne „Frank sieht rot“.

So leid es mir tut, das zu schreiben: Wenn wirklich jemand von unserer Mannschaft einen Sieg erwartet hat, der hat jeglichen Bezug zur Realität verloren. Wer den grandiosen Auftritt der Eintracht am Donnerstag in der Europa League gesehen hatte, der konnte sich doch ausmalen, in welche Richtung das Spiel läuft. Dafür hat Hannover gut dagegen gehalten, ich hatte noch viel Schlimmeres befürchtet. Nichtsdestotrotz ist man jetzt noch mit mickrigen 14 Punkten noch voll im Rennen. Augsburg ist mit 18 Punkten – übrigens der schlechteste 15. seit Einführung der Drei-Punkte-Regelung – immer noch in Reichweite! Und solange es noch rechnerisch möglich ist, sollte man alles dran setzen, mindestens die Relegation zu erreichen.

Dass die Leistung nicht ligareif ist, steht da erstmal außen vor. Über die Qualität des Kaders ist alles gesagt und geschrieben. Traurig finde ich: Teile der Anhänger wünsche ihren Roten den Abstieg. Es ist kaum zu glauben, was man da von gewissen Anhängern in den sozialen Medien auf Facebook und Twitter liest. Sorry, wie kann man seinem Lieblingsverein nur den Abstieg wünschen?! Leistung hin oder her. Die Frage, die sich mir seit einiger Zeit stellt: Sind diese Anhänger, die den Roten offensichtlich ernsthaft den Abstieg wünschen, nun echte „Fans“?

Ich weiß, dass ich für diese Frage wieder reichlich Prügel einstecken werde, aber das nehme ich billigend in Kauf. Ich finde, man kann als Fan die Leistung kritisieren, aber dann sollte man seine Roten im nächsten Spiel wieder anfeuern. Und wenn dann die Leistung und der Kampf wieder nicht stimmen, ja, dann darfst du auch mal deinen Unmut kundtun und pfeifen. Aber seinem Lieblingsverein wortwörtlich den Abstieg wünschen, ist krass und eine ganz andere Hausnummer.

Ich gestehe: Auch ich habe mal meinen Schal verbrannt. Aber erst nach Abpfiff!

Ja, ich gestehe, ich habe auch mal nach einem Grottenkick in den 80er Jahren meinen Schal am Zaun angesteckt und das haben damals einige gemacht, weil die Roten die Saison nur – pardon – großen Mist zusammen gespielt haben. Das schlimmste war, der Schal war von meiner Mutter selbst gestrickt… Und dann musst du erklären, wo dein geliebter Schal ist. Ich konnte ja schlecht sagen, der ist Asche. Im Nachhinein lachst du drüber. Trotzdem bin ich das nächste Spiel wieder hingerannt und habe das Team bedingungslos unterstützt.

Und darin unterscheidet sich mein damaliges unreifes Verhalten von dem Verhalten der heutigen 96-Anhänger. Auch wenn ich damals, aus der Emotion heraus, so wütend über die Leistung meiner Roten war, dass ich sogar den Schal nach Abpfiff angezündet habe, so habe ich doch beim nächsten Heimspiel wieder 90 Minuten lang Vollgas gegeben. Ohne wenn und aber, wir haben unser Team 90 Minuten bis zum Abpfiff unterstützt und sie dann nach Abpfiff entweder gefeiert oder kritisiert.

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Zu viele Fans, die sich für etwas besseres halten: Kein Respekt gegenüber älteren Fans, die früher in der Kurve standen

Und damit komme ich zum Verhalten des harten Kerns in der Nordkurve gestern. Auf dem Fanszenetreffen, wo man sich in großer Runde und demokratischer Weise ausgetauscht hat, hat man gemeinsam beschlossen, keine „Kind muss weg“-Rufe während des Spiels mehr zu brüllen, sondern kreativen Protest in anderer Form zu wählen. Das war eine gute Entscheidung, denn auf Spruchbändern kann man inhaltliche Kritik pointiert äußern. Kurzum: Ich habe rein gar nichts gegen die Spruchbänder, weil ich sie berechtigt finde. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein konsequenter 50+1-Befürworter bin, der die Auswüchse der kind’schen Politik auch gerne mal deutlich kritisiert.



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Was aber gar nicht geht, sind die „Kind muss weg“-Rufe während des Spiels. Gerade in der jetzigen Situation sollte man nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen. Tja, ich weiß auch, dass du mit dem großen Teil, der da „Kind muss weg“ plärrt, eh nicht reden kannst. (Natürlich nicht alle, ich will nicht alle über einen Kamm scheren, aber leider doch der Großteil.) Sie fühlen sich im Recht, viele von ihnen akzeptieren schlicht keine andere Meinung.

Und schlimmer: In ihren Augen sind alle anderen Stadionbesucher keine wahren Fans. Da machen sie sich leider keine Mühe zu unterscheiden, ob die anderen Besucher und 96-Fans nun ihre Vorgänger aus der Kurve waren (die jetzt altersbedingt lieber sitzen) oder ob es die ganz normalen Bier- und Bratwurstfans sind (die übrigens genauso ein Recht haben zu schweigen wie die Fans der aktiven Fanszene bei ihrem Stimmungsboykott – das habe ich in meinem Text „Bin ich Romantiker, weil ich mir Respekt sowohl für schweigende Ultras als auch für Bier und Bratwurst-Fans wünsche?“ betont).

Anderen 96-Anhängern das „Fan“-Sein abzuerkennen oder sie verbal zu Fans zweiter Klasse zu degradieren, zeugt von maßloser Respektlosigkeit dem anderen gegenüber. Gerade den älteren Anhängern, die jetzt sitzen und Fußball schauen wollen und die sich früher – so wie ich – den Arsch in der Kurve aufgerissen haben.

So das war’s. Ich habe (berechtigten) Frust abgelassen und werde dafür sicherlich Prügel in den sozialen Netzwerken erhalten. Sei’s drum, die Doppelmoral einiger „Besser-Fans“ musste ich ansprechen. Ich hoffe nun auf einen Sieg gegen Stuttgart und Augsburg. Und dass man irgendwie mindestens Platz 16 schafft. An Abstieg mag ich noch nicht denken, in Sandhausen waren wir doch gerade erst…

Rote Grüße, euer Frank



Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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7 Kommentare

  1. Guter und richtiger Kommentar?

    Unser Verein ist da wo er ist, weil weder im Umfeld noch in der Manschsft etwas zusammenläuft. 

    Sehr schade für unsere Stadt!

  2. Berechtigter Kommentar. Die „Kind muss weg“ Rufe schaden der Mannschaft in der schwierigen Situation. Wir befinden uns in der Tabelle dort, wo wir mit unserem Etat hingehören. Mit weniger Verletzungen in der Offensive wären wir 

    eventuell 13ter oder so. Ich finde 50+1 auch unverzichtbar und werde lieber mit 96 15ter bevor ich mit einer Plastikmannschaft die Champions League gewinne. Ich wäre aber auch gern mal wieder stolz auf uns Fans. Unterstützung ohne Vorbehalte. Ego zurückstellen und Feuer frei ….

  3. Der Kommentar hier passt sich den Leistungen der Profimannschaft,sowie der Führungsetage nahtlos an…große Grütze.

    Kind muss weg ist einfach mal Alternativlos,wer mit rotem Herz das noch immer nicht gecheckt hat,dem kann man einfach nicht mehr helfen,der freut sich auch noch dass er ne warme Mütze bekommt,wenn Gevatter Kind ihm auf die Glatze scheißt.

     

    Sorry,ist einfach mal so,Informationen gibts genug,ab der 7. Klasse wird selbständiges eruieren von Sachverhalten bereits vorausgesetzt.

     

    Wer das nicht macht,darf das…keine Frage,aber was er nicht darf ist,als quasi Informationsverweigerer nun auch noch die zu beschimpfen,die ihre Liebe noch retten wollen und so endlich klare Kante beziehen.

    Viel zu lange schon haben wir alle auf die Leute gewartet,die Kind und dessen dubioses Spiel der Macht immer noch nicht nicht durchschauen.

    Kind muss weg KANN gar nicht oft genug und laut genug wiederholt werden,bis er denn nun endlich seine Krallen von unserem Lieblingsverein abläßt!

  4. Moin Frank, als du damals deinen Schal verbrannt hast, könnte ich mir gut vorstellen, dass du vorher wahrscheinlich "Henze raus!" gerufen hast. Das war in den 80ern teilweise nämlich regelmäßige Begleitmusik bei 96-Spielen. Und wenn ich mich recht erinnere, hatte das damals vor allem mit sportlichen Gründen zu tun und nicht damit, dass Horst-Fredo Henze den Verein an sich gerissen und die Anhängerschaft gespalten hat. s-w-g Grüße, Potzek

  5. Mensch Frank, deine Mutter ließt hier mit. Das sie nach all den Jahren doch noch die Wahrheit erfährt macht dein Verhalten nicht besser.

    Natürlich wünscht sich niemand den Abstieg aber wenn er kommt bleiben wir dabei. Ich sehe den Abstieg als Chance und Heilungsprozess. Die letze Zweitligasaison war sicherlich die schönste in den letzten fünf Jahren.

    Selbstverständlich, KMW

  6. Ich gehe jetzt seit 43 Jahren zu unseren Roten. Bis auf die beiden Meisterschaften habe ich viele Negative Dinge durchleben müssen. Das schlimmste waren nicht nur die Abstiege. Als in den 80gern Henze raus gerufen wurde, hätte das was mit seiner Einkaufspolitik zu tun. Ja, damals hat Stumpen Fredo Spieler eingekauft. Der Höhepunkt war, als er die Halbe Ersatzbank von Leverkusen kaufte, und er nicht mal mit bekommen hat, dass 96 zu diesem Zeitpunkt 7 , in Worten SIEBEN Linksaußen verpflichtet hat. Zu 50+1, da bin ich hin, und her gerissen. Warum?? Weil, in spätestens 3 oder 4 Jahren diese Regelung in Deutschland vorbei ist. So verstecken sich alle hinter Kind. Soll er sich doch die Finger verbrennen. Ach, da fällt mir ein, ich habe auch im Fanblock gestanden. Ich schäme mich überhaupt nicht, jetzt zu sitzen. Und noch was zu Martin Kind. Als er damals 96 übernahm, haben alle Geschäftspartner in für irre gehalten. Ohne Kind, würde 96 jetzt in der Bezirksliga spielen. Hannover 96 war zu diesem Zeitpunkt Zahlungsunfähig. Darüber liebe Ultras, und ich mag Euch trotzdem, solltet ihr mal nachdenken.

  7. Das Positive habe ich ganz vergessen. Die Aufstiege, der Pokalsieg, die Euro Spiele. Alles super. Jetzt geht es 96 nicht gut. Also liebe 96 , Ultras, liebe Bratwurstesser, und alle anderen 96 Fans. Jetzt zeigt endlich, wie sehr Euch 96 im Herzen liegt. Macht das Niedersachsenstadion voll, und seit von der ersten bis zur letzten Minute laut. Danke

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