HSV-Fan Philipp: „Es ist nicht richtig, was mit eurem Verein passiert.“

Am Freitag werden viele Zuschauer aus Hamburg nach Hannover reisen. Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images.

Hannover – HSV gegen HSV. So lautet die Begegnung am Freitag in Hannover. 96 empfängt Hamburg. Damit stehen sich zwei überraschend gut gestartete Teams direkt gegenüber. Beide haben die Tabellenführung für eine Nacht im Visier. Im Faninterview bringt uns Philipp den Hamburger Sport Verein etwas näher. 

Am Freitag werden viele Zuschauer aus Hamburg nach Hannover reisen. Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images.

Moin Philipp, Danke für Deine Bereitschaft zum Faninterview. Du bist HSV-Fan, wie konnte es dazu kommen? Und was machst Du, wenn Du nicht um den Klassenerhalt bangst?

Ich bin 20 Jahre alt und wohne in meiner Geburtsstadt Hamburg. Unter der Woche bin ich Student der Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, an den Wochenenden unterstütze ich die Sportredaktion des NDR Hörfunk. HSV-Fan bin ich seit meinem ersten Stadionbesuch 2005 im UI- Cup gegen den FC Valencia. Die Atmosphäre im Volksparkstadion hat mich sofort beeindruckt und lässt mich seitdem auch nicht mehr los. Auf meiner Twitterseite schreibe ich neben sportlichen Themen auch über Journalismus, der mich seit meinem 12. Lebensjahr ebenfalls in seinen Bann gezogen hat.

Nach dem Pokalaus in Osnabrück konnte man das Schlimmste erwarten. Aber mit zwei Siegen aus den ersten drei Spielen ist der HSV gut in der Bundesliga gestartet. Mit einem Sieg am Freitag winkt die Tabellenführung für eine Nacht. Wie zufrieden bist Du?

Wir haben hier in Hamburg seit sieben Jahren keinen so guten Saisonstart mehr erlebt. Deshalb bin ich vorerst natürlich sehr zufrieden und freue mich, dass wir bereits sechs Punkte eingefahren haben. Doch hier weiß jeder, dass es auch in dieser Saison wieder schwierige Phasen geben wird und die Entwicklung der Mannschaft gerade erst angefangen hat. Die Tabellenführung wäre natürlich eine schöne Momentaufnahme – mehr jedoch nicht.

Bester HSV-Kader seit Jahren?

Der gute Start wurde auch teuer erkauft. Mit Nicolai Müller, Aaron Hunt und jetzt Flip Kostic gab es in jedem Spiel einen Verletzten. Wie schwer wiegen die Ausfälle für die Partie in Hannover?

Durch die ganzen Verletzungen muss Markus Gisdol am Freitag ganz schön improvisieren. Ich denke, dass Luca Waldschmidt erstmals in dieser Saison in der Startelf stehen wird. Auch Bakery Jatta darf sich berechtigte Hoffnungen auf einen Einsatz machen. Das ist wohl auch der einzige Vorteil, den dieses Verletzungspech mit sich bringt: Man wird jetzt gezwungen, auf jüngere Spieler zu setzen.

96 hat im Sommer Matthias Ostrzolek aus Hamburg verpflichtet. Was war Dein erster Gedanke, als Du von dem Transfer erfahren hast?

Ehrlich gesagt habe ich mich ziemlich für Matze gefreut. Er ist ein sehr zuverlässiger Spieler, der sich hier seit 2014 in drei schwierigen Jahren immer voll reingehauen hat. Zwar waren auch bei ihm viele schwache Spiele dabei, doch im Gesamten kam er hier in Hamburg viel zu negativ weg. Mit seiner Mentalität und seiner geringen Verletzungsanfälligkeit ist er jemand, der jeder Mannschaft gut tut.

Wechselte im Sommer von der Elbe an die Leine: Linksverteidiger Matthias Ostrzolek. Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images.

Wie schwer wiegt außerdem der Abgang von Michael Gregoritsch?

Ich habe mich über den Abgang von Gregoritsch sehr geärgert. Vor allem als Mittelstürmer hat er hier gute Spiele gemacht und mit seinen Toren in der letzten Saison maßgeblich zum Klassenerhalt beigetragen. Durch seinen Weggang mangelt es in der Sturmspitze jetzt an Alternativen. Das hat man auch am vergangenen Freitag gegen RB Leipzig gemerkt. Obwohl Bobby Wood aufgrund seiner Länderspielreise in Nordamerika erst einen Tag vor dem Spiel wieder in Hamburg gelandet ist, stand er in der Startaufstellung. Für mich ein klares Zeichen, dass Gisdol Sven Schipplock, dem anderen Stürmer im Kader, kaum etwas zutraut.

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Wie zufrieden bist Du insgesamt mit der Transferperiode?

Der HSV hat sich in dieser Transferperiode nicht aus der Ruhe bringen lassen. Das ist bei dem hysterischen Umfeld, was es hier in Hamburg gibt, nicht immer ganz so einfach. Sportdirektor Jens Todt hat es geschafft, mit gezielten Verpflichtungen den Kader an den richtigen Stellen zu verstärken. Mit Kyriakos Papadopoulos wurde ein Leistungsträger der vergangene Saison fest unter Vertrag genommen, André Hahn ist schon jetzt ein großer Gewinn für die Offensive. Torwart Julian Pollersbeck und Verteidiger Rick van Drongelen sind zwei vielversprechende Talente für die nähere Zukunft. Einzig die Verpflichtung eines Linksverteidigers konnte nicht realisiert werden. Dennoch bin ich der Meinung, dass der HSV-Kader seit Jahren keine so große Perspektive mehr hatte wie derzeit. Auch die Verpflichtung von Sejad Salihovic macht Sinn. Da in den letzten Tagen teilweise nur 13 Profi-Feldspieler trainieren konnten, musste gehandelt werden.

„Seine Verpflichtung ist nachvollziehbar“, Philipp über Sejad Salihovic. Foto: Jonathan Daniel/Getty Images.

96 bisher größte Überraschung

Doppelte Relegation und insgesamt die Plätze 16, 16, 10, 14: die letzten Spielzeiten stand der HSV oftmals mit einem Bein in der zweiten Liga. Was ist für die Rothosen in dieser Saison drin?

Ich habe den Eindruck, dass die Bundesliga auch in dieser Saison wieder sehr ausgeglichen ist. Deshalb ist es nach wie vor das Ziel, mit einem Platz im Mittelfeld die Klasse zu halten. Seit dem Markus Gisdol in Hamburg Trainer ist, zeigt die Mannschaft eine neu gewonnene Stabilität und auch regelmäßig starke Leistungen. Bleibt es dabei, wird man das Saisonziel erreichen. Eine ruhige Saison wäre für den gesamten Verein unfassbar wichtig.

Wie beurteilst Du Hannover 96? Bist Du überrascht vom guten Saisonstart?

Hannover 96 ist für mich bis jetzt die Überraschungsmannschaft der Saison. Die bisherigen sieben Punkte hat man sich erkämpft, der Heimsieg gegen Schalke 04 war eine unerwartet starke Leistung. Es ist schön zu sehen, wie die Mannschaft vermeintliche Qualitätsunterschiede durch einen guten Zusammenhalt wieder ausgleichen kann. Dass die vereinspolitischen Quälereien die Leistungen der Spieler bis jetzt nicht beeinflussen, ist ebenfalls ein starkes Zeichen.

Abgesehen vom Eurem letzten Gastspiel (0:3 für Hamburg am 02.04.2016, Anm. d. Red.) gab es seit 2008 wenig zu holen in Hannover. Was erwartest Du für Freitag?

Tatsächlich haben wir HSV-Fans eher wenig gute Erinnerungen an die letzten Auswärtsspiele in Hannover. Wie in den vergangenen Monaten wird Markus Gisdol auch am Freitag auf ein ausgeprägtes Pressing setzen. Der HSV wird 96 erstmal etwas gewähren lassen und dann versuchen, mit gezielten Kontern zu Chancen zu kommen. Aufgrund unserer Verletzten bin ich allerdings skeptisch, ob es am Ende für einen Auswärtssieg reichen wird.

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„Kann die 96-Fanszene verstehen“

Fans in N16/17 verweigern der Mannschaft die Unterstützung. Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images.

Martin Kind will 50+1 in Hannover abschaffen. Die Fanszene reagiert mit einem Stimmungsboykott. Welche Atmosphäre erwartest Du?

Gegen Schalke hat man ja bereits sehen können, welche Eigendynamik das Stadion trotz des Stimmungsboykotts entwicklen kann. Die Stimmung kam am Fernseher wirklich gut rüber. Und daran sollten die Fans am Freitag anknüpfen. Ein Stimmungsboykott hilft doch niemanden weiter. Auch wenn ich den Unmut der 96-Fanszene über Kinds Entscheidungen natürlich sehr gut verstehen kann.

Ist ein Schweigen in der 96-Kurve ein Vorteil für den HSV?

Das wird der Spielverlauf zeigen. Auch dieses Mal werden ja tausende Fans aus Hamburg mit dabei sein und versuchen, eine Heimspiel-Atmosphäre zu schaffen. Geht die Auswärtsmannschaft dann schnell in Führung, wird es für 96 ziemlich ungemütlich. Vor allem, wenn dann nur die Gäste-Fans zu hören sind. Gegen Schalke 04 hat man aber auch gesehen, dass genau das Gegenteil passieren kann.

Deine Botschaft an die 96-Fans?

Es ist nicht richtig, was derzeit mit eurem Verein gemacht wird. Ich rate euch aber, auf diesen unnötigen Boykott und diese beleidigenden Fangesänge zu verzichten. Das schadet nur der eigenen Mannschaft.

Wo erwartest Du Hannover am Ende der Saison?

Ähnlich wie der HSV dürfte sich auch Hannover durch die Ausgeglichenheit der Bundesliga früher oder später im Abstiegskampf wiederfinden. Allerdings glaube ich nicht, dass 96 am Ende auf einem der drei letzten Tabellenplätze stehen wird. Spielt man weiterhin so konzentriert, wird es am Ende für den Klassenerhalt reichen. Ein Platz im gesicherten Mittelfeld – direkt hinter dem HSV – wäre doch etwas. Dann könnten sich beide Fanlager zusammen freuen.

Wie geht das Nord-Duell aus? Dein Tipp, bitte.

Ich tippe auf eine freundschaftliche Punkteteilung. Das Spiel geht 1:1 aus.

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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1 Kommentar

  1. Lol. Ein Fan des Hamburger Kühne Vereins kann die Hannover Fans verstehen. Wo sind denn die Proteste in Hamburg wenn der Geldgeber Trainer, Sportdirektoren und andere Funktionäre durch Erpressung bei Transferverhandlungen aus dem Verein befördert?

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