Ein Punkt und ein Versprechen

Vor allem Cedric Teuchert stach in der zurückliegenden Spielzeit hervor.

Allez allez gegen den Letzten (Regensburg) der Rückrundentabelle, das müssten doch klare Verhältnisse sein für den Vorletzten (wir) dieser Statistik, sollte man denken! Hier empfehle ich, gerne nochmal unsere/meine Texte zu den Spielen aus der Hinrunde zu lesen. Denn schon in der Hitzeschlacht des Hinspiels hatte Hannover mehr Glück als Verstand, und einen überragenden „Pink Panther“ im Tor…

Sprung vom heißen August ’22 in den nasskalten Februar ’23.

Beide Teams starteten mit offenem Visier und boten einen munteren Auftakt, mit leichtem Chancen-Plus für die Roten. Beier und zweimal Teuchert scheiterten am insgesamt starken Jahn-Keeper Urbig. Es war ein typischer Zweite-Liga-Kick, oft zum Haareraufen und im Kampf darum, das Glück auf die jeweils eigene Seite zu ziehen. Spielerisch war Trainer Stefan Leitl mit seinem Team wenig zufrieden und beließ es deshalb bei einfachen langen Bällen über das Mittelfeld hinweg. Umfangreiches Kombinationsspiel ist nach drei Niederlagen in Folge gerade nicht 96s Waffe. Umso mehr freut es, dass man nach einem blöden Rückstand diesmal Moral zeigte und sich ins Spiel und die Punktvergabe zurück kämpfte.

Heißer Kampf in Regensburg – der Punktgewinn ist zumindest eine kleine Steigerung

Hannover 96 startete wie die letzten Spiele im 5-3-2 beziehungsweise 3-5-2, und bot durch das anfängliche Fehlen von Fabian Kunze eklatante Lücken zwischen Abwehr und dem offensiven Bereich. Enzo Leopold und Max Besuschkow ließen zu oft im Rückwärtsgang abreißen, und die beiden Innenverteidiger verweilten wie in Schockstarre. Rückten Luca Kranjic und Phil Neumann mal vor, um einen Angriff in Empfang zu nehmen, stand das Tor in unsere Abwehr-Burg sofort offen. So kam Regensburg immer wieder mit Schwung auf unseren 16er gestürmt.
Das 1:0 in der 16. Minute entsprang dann einem typischen Fehler im Aufbau, bei dem der Ball postwendend in unseren 16er zurück kam und allemann schlecht aussehen ließ. Oder wie es Stefan Leitl raunte: in der U19-Bundesliga mag so ein Abwehrverhalten reichen, für Hannover 96 und Profifußball allerdings nicht.

Aber trotz aller gerechtfertigten Kritik nochmal zur Erinnerung: Bright Arrey-Mbi ist gerade erst 19 Jahre alt und spielt in Hannover gerade mehr Spiele in der Startelf als in seiner bisherigen Profikarriere zuvor! Hier bekommt er die Zeit und das Vertrauen, das ihm Bayern München und der 1.FC Köln nicht geben konnten. Sein Hacken sah natürlich nicht gut aus, aber im Grunde war er in dem Moment auch chancenlos, weil der Ball erst in seinem Rücken runter kam. Hier wäre eher Derrick Köhn in die Pflicht zu nehmen…

Köhn, genauso wie sein Gegenüber, Sei Muroya, laufen seit Januar den Bällen und ihrer Form hinterher. Die in der Hinrunde noch zahlreich zelebrierten Dribblings und Flankenläufe auf ihren Außenbahnen enden nun all zu oft in Ballverlusten und bilden Ausgangspunkte für Großchancen des Gegners. Flanken aus dem Halbfeld, nämlich das was Muroya und Köhn unterbinden sollten, finden zu oft den Weg in unsere Box. Das hatten die beiden Publikumslieblinge schon besser im Griff und das ist es dann auch, was unsere Abwehr zunehmend in Bedrängnis bringt.

In der Abwehrkette reihen sich seit Wochen zu viele Fehler ein.

Stefan Leitl wechselte in Halbzeit 2 auf 4-3-1-2 und flache Bälle, und kontert damit der Kritik, zu wenig Lösungen durch Anpassung (In game solutions) bieten zu können.
Er wechselte in der 46. Minute Nielsen (angeschlagen), Arrey-Mbi und den glücklosen Leopold aus, dafür kamen Weydandt, Kunze und Momuluh rein. Momuluh feierte an seinem 2. Einsatz für die Profis übrigens seinen 21. Geburtstag, weshalb diese Einwechslung von Stefan Leitl nochmal höher ein zu stufen ist. Auch in der Bewertung schnitt „Taddel“ am Ende besser ab als so manch anderer im roten Mittelfeld.
Teuchert zog sich fortan etwas auf die 10 zurück und überließ Weydandt den Abnutzungskampf gegen die Jahn’sche Innenverteidigung.

Dadurch entstand eine (spielerische) Überzahl im Mittelfeld und die viel zu großen Lücken konnten besser geschlossen werden. Mit flachen Bällen wählte man fortan ein Mittel gegen die Luftüberlegenheit der Ostpfälzer.
Hier muss man aber auch sagen, beziehungsweise sagte es Leitl anschließend auf der Pressekonferenz, dass es halt auch an der Mannschaft momentan liege, dass man versuche ganz simplen Fußball zu spielen. Er selber sehe den von hinten heraus flach gespielten Fußball eben auch lieber. Das sei bei der Verunsicherung nach 3 Niederlagen in Folge aber nicht möglich. Deshalb vorerst die Reduzierung auf probate Mittel.

In der Folge stieg die Passquote von circa 60% (1. Halbzeit) auf fast 80%, und die gewonnenen Zweikämpfe von 28 auf 43. Zeitgleich wurden die eigenen Ballverluste minimiert. Der Jahn konnte ab Minute 60 seine Intensität nicht weiter hochhalten, ihm ging sichtbar die Puste und die Ideen aus. Gefahr drohte nur noch über Einzelaktionen. Auf der Gegenseite sorgten Köhn, Teuchert und Ernst mit hochkarätigen Chancen für maximalen Puls bei den rund 1000 Hannoveraner Schlachtenbummlern.

Neben RRZ ist Cedric Teuchert die absolute Konstante im Spiel von Hannover 96.

Cedric Teuchert hat unter Stefan Leitl eine dermaßen geile Entwicklung genommen, hängt sich mehr rein, traut sich mehr zu, bricht nicht immer gleich ab, und hat auch für 90 Minuten genug Wumms im Schuh, um noch ein Tor zu machen. Er ist zu unserem unberechenbaren Faktor im Sturm geworden, bekommt und nimmt sich alle Freiheiten, um sein ganz eigenes Ding zu machen. Mit Erfolg, wie man sieht. Ein „Systemsprenger“ im positiven Sinne, den Du als Gegner nie ganz kalt gestellt bekommst.
Diese unkonventionelle, mutige und freche Spielweise würde man sich momentan auch von anderen Spielern wünschen. Beier, Muroya, Köhn und Leopold dürfen meiner Meinung nach gerne etwas mehr wagen, um damit Räume zu schaffen und Lücken in die gegnerischen Reihen zu reißen.

Auch wenn die Gorillas im Social Media bereits wieder Schaum vor dem Mund haben, lasst sie toben! Es war ein wichtiger Punkt für die Mentalität, der auch zeigt, welche Spieler wie gut aus der Winterpause gekommen sind und wo aktuell Justierungen vor zu nehmen sind. Nicht allen tat die Pause gut, allen voran dem Esprit der Hinrunde. Denn in den nächsten Wochen kommen mit Magdeburg, Rostock, und den Gelbblauen 3 Mannschaften, die ebenfalls über die Physis und das dreckige Spiel kommen. Es ist jetzt am Trainer, die richtige Balance zu finden, schwächelnde Spieler wieder besser zu machen, und ein System zu finden, daß unsere Stärken forciert.

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