Mittelfeld-Check im März

Ron-Robert Zieler dreht das Blatt am heutigen Abend um: Jetzt hält er Leo Weinkauf den Rücken frei.

In meiner letzten Analyse habe ich versucht, den Status Quo von Hannover 96 in der bisher schlechten Rückrunde unter die Lupe zu nehmen. Anhand von Taktik und Statistiken ließen sich einige Verbesserungsvorschläge heraus arbeiten, die unser Trainerteam sicher auch bestens im Auge hat.

Für mich ergab sich aus den zugrunde liegenden Werten, dass wir aus den eroberten Bällen leider immer noch zu wenig machen. Bei den gewonnenen Zweikämpfen (2. Platz) und den Fouls am Gegner (3. Platz) stehen wir defensiv sehr gut da, strahlen danach aber zu wenig Gefahr nach Vorne aus. In puncto Ballbesitz sind wir nach der Winterpause von Platz 5 auf Platz 15 gefallen, das ist alarmierend und wohl ein großer Schlüssel zu den daraus folgenden Problemen.
Wir liegen zwar in der Gefahr durch Freistöße ligaweit auf Platz 1 (!!), wagen aber zu wenige Flanken (16.!) und bringen auch zu wenig Torschüsse (16.!).
Zieht man einen Querstrich durch alle relevanten Bewertungsparameter, kommt jetzt, Stand Ende März 2023, Platz 9 oder 10 für die Roten raus.

Schauen wir uns nun doch mal unsere Mittelfeldspieler genauer an, die für die Weiterverwertung abgefangener Bälle zuständig sind. Dazu habe ich einige wichtige Features verglichen.

Enzo Leopold:
Unser Neuzugang aus Freiburg II kommt in bisher 17 Spielen auf 4 Vorlagen, was schonmal ein Ausrufezeichen setzt. Mit 56% gewonnener Zweikämpfe und 64% erfolgreicher Dribblings, bei einer sehr guten Passquote von 83%, entspricht Leopold eigentlich der Anforderung an einen agilen Aufbauspieler im Mittelfeld. Leider kam er zuletzt eher spät von der Bank ins Spiel. Mit der Rückkehr zur 3er Kette und dem flachen Spielaufbau könnte/müßte er wieder mehr in den Fokus rücken.

Sebastian Ernst genießt in Hannover nach wie vor einen extrem hohes Standing

Sebastian Ernst:
Unsere #10 konnte sich zuletzt nach langer Verletzung in die Startelf zurück spielen. Da alle seine kreativen Werte noch hinter denen seiner Kollegen hinterher hinken, könnte dies eine Fehlbesetzung auf der 6 bedeuten. Oder einfach eine (noch) fehlende Bindung zum Spiel. Seine angekommenen Pässe von 80% zeigen jedenfalls schonmal in die richtige Richtung.

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Fabian Kunze:
Der Ex-Bielefelder konnte immerhin schon eine Vorlage beisteuern, wobei seine Kernkompetenz sicherlich woanders liegt: Abräumer, dreckiger Sechser, Staubsauger vor der Abwehr… Die Namen für Fabian Kunze sind vielfältig, und genau für diesen Job hatten wir ihn ja am die Leine gelotst. Und dennoch sticht die Anzahl seiner Ballkontakte im gesamten Mittelfeld heraus. Leider reicht sich die hohe Zweikampfquote bei Kunze zu oft die Hand mit einer Verwarnung. 10 gelbe Karten sind bis dato Liga Höchstwert. Auch die Ballverluste rangieren in jedem Spiel im oberen Bereich, wohl auch deshalb, weil unser 6er in unserem Ballbesitz vom Gegner stark unter Druck gesetzt wird.

Max Besuschkow:
Oft belächelt und von den Fans unterschätzt: Max Besuschkow verzeichnet im Mittelfeld zusammen mit Enzo Leopold die meisten Scorer-Punkte (1 Tor, 3 Vorlagen) und saugt nach Harvard Nielsen und Fabian Kunze die meisten Bälle an. Von allen Spielern im Mittelfeld geht er am meisten ins Dribbling, zockt mit Schaub und Kerk die meisten wichtigen Pässe, verliert aber auch öfters den Ball. Er verliert mehr Zweikämpfe als er gewinnt. Kurz: MB7 belebt unser Spiel, in die eine wie in die andere Richtung. Wir empfehlen weniger Aufgaben auf der 6, als viel mehr Kreativität auf der 8.

Antonio Foti und Monju Momuluh:
Unsere Youngster kommen erst auf 5 bzw 4 Einsätze und sind noch nicht sehr aussagekräftig. Unser zypriotischer Nationalspieler Foti konnte aber bereits eine Vorlage und ein Tor verbuchen. Beide empfehlen sich durch ihre Unbekümmertheit und ihr offensives Spiel für einen baldmöglichst neuen Einsatz. Foti zeigt bisher eine auffallend geringe Quote an Ballverlusten. Taddel Momuluh hingegen hat seine Stärken auf der Außenbahn, wo er seine Schnelligkeit aufspielen kann.

Sebastian Kerk:
„Kerki“ ist, wenn er spielt, unser Mann für wichtige Pässe und Standards. Dem gegenüber steht seine mangelhafte Defensiv-Orientierung, häufige Ballverluste und eine ausbaufähige Passquote.

Louis Schaub:
Unsere #11 findet selbst in einer Telefonzelle noch den freien Raum, zeigt dies jedoch zu selten. Durch die bisher geringe Partizipation seiner Mitspieler blieben seine Stärken unter den Erwartungen. Zu Buche stehen ein Tor, eine Vorlage, und ein hoher Wert an wichtigen, leider zu wenigen Pässen.

Harvard Nielsen:
Roter Topscorer (7 Tore, 1 Vorlage), der seine Stärke im Weg vom Rückraum in die Sturmspitze besitzt. Dem zweithöchsten Wert an Ballkontakten stehen eher schwache Werte bei Passquote, Dribblings, und erfolgreichen Zweikämpfen gegenüber. Für einen klassischen 10er ist das wahrscheinlich zu wenig, als Leader, Kämpfer und Schlitzohr in der roten Offensive ist Nielsen hingegen unersetzlich.

Fazit:
Trainer Stefan Leitl und sein Team tun gut daran, wieder auf das erfrischende 3-5-2 der Hinrunde zu setzen. In diesem System darf das Mittelfeld mehr als Kollektiv miteinander spielen, anstatt mit langen Bällen überspielt zu werden. Außerdem werden hier individuelle Ansätze gefordert und gefördert, was man an viel bejubelten Auftritten von Köhn, Muroya, Foti und Co sehen konnte. Besuschkows Chip-Ball gegen Rostock: erste Sahne!

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Ein Sebi Ernst braucht die restliche Spielzeit, um weiter in Form zu kommen. Fabian Kunze hingegen bleibt ein Drahtseil-Akt, den Leitl genau dosieren sollte. Mit Leopold und Moustier stehen talentierte Youngster bereit. Und mit Taddel Momuluh haben wir eine Waffe, die es gilt zu justieren.
Stefan Leitl kann sich glücklich schätzen, solch ein heterogenes Potenzial im Mittelfeld zur Verfügung zu haben! Seine große Aufgabe besteht darin, aus diesem Mannschaftsteil eine Maschine zu machen.

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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