Mein Derby-Tagebuch (Rückspiel)

Es fühlt sich scheiße an, richtig richtig scheiße. Ich wünsche es keinem, mit diesem Gefühl in den Montag zu gehen, in die Woche, in den Rest der Saison. Wir haben seit 2014 mal wieder ein Derby verkackt…

… was für uns Rote schon das schlimmste der Gefühle wäre. Was aber noch mehr Magenschmerzen bereitet ist die Art und Weise der Niederlage. Die 11, von Trainer Stefan Leitl mit „Erfahrung im Derby“ gelobten Startspieler übten sich in Schönspielerei und verloren dabei so ziemlich jeden Zweikampf. Die Blaugelben konnten sich innerhalb von 30 Minuten in eine Euphorie kämpfen und gewannen das Hochwasser, mit dem sie uns bis zum unrühmlichen Ende an die Wand fuhren. Oberste Regel im Derby: Du fährst nicht in „die verbotene Stadt“, um Dich so blutleer abziehen zu lassen!

Zweite Regel: bitte keine Tore mehr in der Nachspielzeit!
2x Pustekuchen, würde ich sagen. Wenn sich dies bereits die 90 Minuten davor komplett andeutete, ist das katastrophal!

Ok, genug rum geschnauzt, denn lassen wir es uns mal auf der Zunge zergehen: wir waren 9 Jahre lang aktueller Derbysieger! 9 verdammte Jahre hatte der Dorfverein kein Spiel mehr gegen uns gewonnen!!
Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich 2014, damals noch in Berlin heimisch, alleine im Hinterzimmer meiner Friedrichshainer Lieblingskneipe saß und mir seit mittags schon Bier und Pfeffi rein kippte. So aufgeregt war ich. Meine entsetzten Aufschreie beim entsetzlichen 1:3 konnte niemand hören, da vorne im Schankraum laute Punkmusik zum Frühschoppen lief. Das war dann aber auch erstmal das letzte Lebenszeichen aus Peine Ost.
2017, 2020 und 2021 konnten wir uns dann trotz holpriger Jahre am Ende über Siege gegen den Erzrivalen freuen. Die Achterbahnfahrt durch 1. und 2. Liga, und damit durch alle Emotions-Etagen unseres Fan-Daseins, war im Grunde nur zweitrangig, solange gegen die Eintracht gewonnen wurde. Spieler kamen und gingen, und egal wie populär sie uns am Ende verließen, sie gingen als Derby-Helden, die noch heute über jeden Zweifel abgefeiert werden. Bestes Beispiel Füllkrug, Maina, Bakalorz, oder Ducksch.

2014 gab es die letzte Packung, 2003 flogen wir aus dem DFB-Pokal. Davor gab es Anfang der 90er Jahre 3 Niederlagen gegen die östlichen Nachbarn, und auch in den 70ern waren wir in einigen Aufeinandertreffen nicht gut drauf. Wir durften bis heute also tatsächlich etwas überheblich sein ob dieser zuletzt mutstiftenden Bilanz.

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Stefan Leitl blieb gegen BS – ebenso wie die Fans -ratlos zurück.

Das Derby. Das wichtigste Spiel im Kalendar eines Hannover-Fans. Es soll Fans geben, die nur für diese 90 Minuten leben und alles für das niedersächsische Spiel der Spiele geben. Die Gemütslage einer ganzen Saison, in einer ganzen Region, hängt von 96 Minuten Blut, Schweiß und Tränen ab. Dreckfressen, Adrenalin und bedingsloser Einsatz für Schwarz-Weiß-Grün rangieren ganz klar über hohem Ballbesitz, Passquote und anderem Schnickschnack. Mit den ersten Böllern und Pyros Richtung eigenem 16er war allerdings klar, was der einheitlich rote Supporter-Mob an diesem Tag von der Leistung seiner Spieler hielt.

Gegängelt von Bundespolizei und blaugelbem Ordnungsdienst, und bis unter beide Ohren voll mit Derby-Stress brach sich der Frust der rund 2000 mitgereisten 96er im Laufe der Partie immer wieder Bahn, bis hin zu minutenlangen Spielunterbrechungen. Kann man sogar noch verstehen, wenn man weiß, daß am Eingang willkürlich Fans mit Karte abgewiesen und Fahnen und Choreo-Utensilien eingesackt wurden. Ein im Vorfeld im Gästeblock platzierter und später ferngezündeter Rauchtopf in den Farben der Gegner tat sein übriges.
Bei allem Unmut stellt sich aber die Frage, ob Bengalos auf die eigenen Spieler nicht eher das komplette Gegenteil von Motivation bewirken? Was für saudumme Aktionen aus dem eigenen Block, gegen das eigene Team…!

Gefühlt verpuffte jede rote Offensiv-Aktion spätestens am gegnerischen 16er. Ballbesitz hui, Torchancen kreieren pfui. Ein Ruck von der Mannschaft auf die Ränge und zurück war nicht zu vernehmen, denn der von den Fans geforderte Kampf wurde nicht geboten. Stattdessen sank der X-Goal-Wert ins Bodenlose. 2014 Vibes, und die Zusammenfassung von alledem, was gerade scheiße bei uns läuft.
Es war vorher schon klar, daß die Blaugelben versuchen würde, das Spiel von den anfälligen Außen in unsere Mitte zu schieben. War ja so schon im Hinspiel geglückt. Im Zentrum agierte 96 erneut zu zaghaft, auch mit Umstellung auf Raute und ein 4-4-2 in Halbzeit 2. Die Eintracht fand immer wieder zu viele, schlecht verteidigte Lücken, während unsere Offensive währenddessen blaß blieb.
Daß das Siegtor gegen uns ausgerechnet nach einem Standard und schon in der Nachspielzeit fiel, setzt dem ganzen Kack die Krone auf. An diesem Tag ging so so viel kaputt, was sich das Team gerade in der Hinrunde mühsam aufgebaut hatte…

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Jetzt hat man bei Hannover 96 also rund 14 Tage Zeit, jeden einzelnen Spieler auf den Pott zu setzen und eindringlich zu fragen, wo genau der Schuh drückt. Hat man aber sicher auch schon im Vorfeld der Partien gegen Rostock, Magdeburg oder Fürth getan. Ein großes Thema sollte die Frage nach der Mentalität sein, fehlende Motivation und Antriebslosigkeit. Vielleicht falsche Positionen oder ein falsches System? Alles muß auf den Prüfstand, auch der Trainer-Stab.

Dazu werfen wir in der Länderspielpause mal einen genaueren Blick auf unsere Roten.
Trotz des Horrors an der Hamburger Straße bleiben wir dabei, auch wenn es gerade enorm schwer über die Lippen kommt: 96 ein Leben lang, in guten wie in doofen Zeiten 🖤⚪💚

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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2 Kommentare

  1. Es fehlt doch die Qualität der einzelnen Spieler…es fehlt einfach die Bereitschaft an die Grenzen zu gehen..es fehlt die Konzentration beim Chancen nutzen…es werden Chancen einfach so weggeworfen..es fehlen Stürmer die sich durchsetzen können, etwas schlitzohrigkeit..wäre schön..in der Abwehr werden die Gegner an der langen Leine gelassen…es wird leichtfertig verteidigt…es stimmt wenig überein..doch was trainieren die denn?..manchmal hat man das gefühl..sie fühlen sich mit den Anordnungen des Trainers nicht wohl..

  2. Meine erschütternde Erkenntnis zu den aktuellen sogenannten '96-Fans': Seit meinem 14. Lebensjahr im Verein, 1967 mit der A–Jugend  Norddeutsche Meisterschaft, mehr ging damals nicht. Regelmäßige Treffs werden meist von Martin Kind unterstützt und besucht. Seit Ewigkeit in allen Ligen mit Dauerkarten in einer kleinen Gruppe in W 4 dabei. Möchte das alles nicht missen, aber es wird langsam unerträglich, diese Tiraden aus Haß, Idiotie und Agressivität erleben zu müssen. Auch diese Art des Aufputschens des 'Derbys' hat eigentlich mit dem sportlichen Reiz dieser Begegnung nichts zu tun. Ich werde mich aller Voraussicht in der kommenden Saison von meiner 'Alten Liebe' verabschieden und auf diese 'Fangemeinschaft' besser verzichten. Alles einfach nur noch ätzend…

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