„Die Handlungsfreiheit des Vorstands würde sich nicht ändern“ – Das große Exklusivinterview zu den Satzungsänderungsanträgen

Nathalie Wartmann und Jens Boldt stellen sich den Fragen von 96Freunde

Die Mitgliederversammlung 2018 wird mit Spannung erwartet. Foto: Tobias Krause

Hannover – Zwei Mitglieder stellen Satzungsänderungsanträge bei der Hannover 96-Mitgliederversammlung am Donnerstag. Im Gespräch mit 96Freunde.de erläutern Nathalie Wartmann und Jens Boldt ihre Beweggründe und erklären, warum der Vorstand keine Entmachtung befürchten muss.

Die Mitgliederversammlung 2018 wird mit Spannung erwartet. Foto: Tobias Krause

96Freunde: Frau Wartmann, stellen Sie sich unseren Lesern doch bitte einmal kurz vor. Wer steckt hinter dem eingereichten Satzungsänderungsantrag?

Wartmann: Ich heiße Nathalie Wartmann, bin 49 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Mädchen.

Als Mutter bin ich auch unser anderem 1. Vorsitzende und Gründungsmitglied eines Kindergarten-Fördervereins, Mitglied einer Karnevalsgemeinschaft und auch Betreuerin dort in der Jugendgarde, außerdem im Stadtteil Döhren in unterschiedlichster Weise ehrenamtlich sehr aktiv. 

Beruflich betreibe ich als Diplom-Kauffrau mit viel Herz eine kleine Steuerkanzlei, deren Umfang deutlich an die Bedürfnisse meiner Familie angepasst ist. Auch hier betreue ich gemeinnützige Vereine. Den kleine Rest meines (Privat)lebens bin ich Fußball begeistert. 

96Freunde: Herr Boldt, auch Sie sind sicher nicht allen Lesern bekannt. Was machen Sie, wenn Sie keine Anträge für die 96-Mitgliederversammlung einreichen?

Boldt: Ich arbeite als selbständiger Rechtsanwalt in Hannover. Bin fest liiert und in erster Linie ein Familienmensch. Wie es die Zeit zulässt, spiele ich aber mit Leidenschaft Theater und das mit Überzeugung in einem gemeinnützigen Verein. Einen Ausgleich dazu bietet mir der Fußball. 

Martin Kind hat in einem großen Interview mit den Redaktionen von Madsack und Springer in der vergangenen Woche immer von der Szene als Opposition im Verein geredet. Gehören Sie denn zu dieser aktiven Fanszene?

Boldt: Ich finde es schon unpassend, überhaupt eine Schublade aufzumachen und Fans in irgendeiner Weise einer Opposition zuzurechnen. Das hört sich einerseits destruktiv an, andererseits kommt dabei viel zu kurz, dass praktisch alle Fans mehr oder weniger differenzierte Meinungen haben dürften, ob nun zu den sportlichen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Aspekten eines Vereins wie Hannover 96. Die Diktion des Vorstands – der ja nicht nur aus Herrn Kind besteht, wenngleich er natürlich maßgeblich in Erscheinung tritt – ist ohnehin recht unterkühlt und passt seit jeher mehr zur Führung eines Wirtschaftsunternehmens, denn eines Fußballvereins. Leider einschließlich einer ganzen Reihe von Floskeln, die gern benutzt werden, anstatt mal Inhalt zu transportieren.

Wir sind aber weder Ultras – das muss man ja heutzutage erschreckenderweise betonen – noch sind wir in sonstiger Weise Teil einer Szene, außer dass wir seit Ewigkeiten Fans von Hannover 96 sind.

Wartmann: Das mit den Ultras ist wohl auch eindeutig (lacht) Aber das mit der aktiven Fanszene finde ich für mich persönlich eine sehr schwere Frage. Ich gehörte nie einem Fan-Club an.

Aber, vor meinen Kindern hatte ich fast nur ein Hobby: Hannover96. Ich fuhr über Jahre zu jedem Liga-Spiel, lernte den damaligen Fan-Beauftragten Basti Kramer (heute Aufsichtsratsmitglied von Hannover 96 e.v., Anm. d. Red.) und die weitere damalige erweiterte Vorstandsriege der Roten Kurve kennen. In dieser Zeit hätte man vielleicht davon sprechen können, dass ich der „aktiven Fanszene“ angehöre, aber auch damals habe ich das so nicht gesehen.

Und überhaupt, Opposition? Was soll das sein? Ich würde es anders ausdrücken: Ich habe keinen Interessenkonflikt mit unserem Verein. Ich halte immer noch, wie in meiner Rede in der Jahreshauptversammlung von 2007 beschrieben, in dem es um die Wahl des Aufsichtsrates und seinen Aufgaben ging, unseren Verein mit seiner Aufgabe als Bindeglied über alle Altersgrenzen und gesellschaftlicher Stellung hinaus für eine wertvolle und schützenswerte Institution.

Im letzten Jahr hat die Mitgliederversammlung mit Zweidrittelmehrheit beschlossen, dass die Mitglieder einem Antrag auf Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel von Hannover 96 befragt werden und zustimmen müssen. Warum konnte der Antrag dennoch gegen diesen Beschluss gestellt werden?

Wartmann: Weil die so auf den ersten Blick umfassend über die Satzungskommission durch die Mitglieder überarbeitete und beschlossene Satzung, für den Laien auf den ersten Blick den Mitgliedern das Recht einräumt, solche Beschlüsse verbindlich zu treffen (§11 Nr. 1). Dort heißt es, dass die Mitgliederversammlung das „oberste beschließende Organ“ ist. Über „oberst“ gibt es nichts, dachte ich. Nur der juristische Fachmann erkennt die Möglichkeit der Konkurrenz zweier Paragraphen der Satzung, also dass hier etwas eventuell nicht eindeutig formuliert wurde. Die Konkurrenz entstand erst durch die durch die Satzungskommission erarbeitete Vorschlag, dass der Vorstand auch alle Belange, speziell die wirtschaftlichen und strategischen Belange, entscheiden soll. Jetzt kann man vermuten, dass die Mitglieder das so nicht wollten, alleine um eventuelle Streitigkeiten zu vermeiden. Und nun haben wir den Salat.


Jens Boldt: „Ein Pflichtbewusster Vorstand wird seine Entscheidungen am Willen der Mitglieder ausrichten.“


Herr Boldt, Sie befassen Sie als Rechtsanwalt ja im täglichen Leben mit Paragraphen. Ist es denn üblich, dass ein Vorstand ganz allein schalten und walten kann?

Boldt: Jein bzw. das kommt darauf an – so spricht der Jurist (lacht).

Man sollte sich aber vergegenwärtigen, dass ein Verein definitionsgemäß ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss einer Anzahl von Personen ist, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, nämlich der Mitglieder. Eine körperschaftliche Organisation, also ein Verein, liegt dann vor, wenn diese Personen einen Gesamtnamen führen, durch einen Vorstand vertreten werden und ihren Willen grundsätzlich durch Beschlussfassung ihrer Angehörigen mit Stimmenmehrheit äußern. Das bedeutet für mich persönlich, aber auch juristisch insoweit erst einmal, dass die Mitglieder die höchste Instanz im Verein sind und sein müssen.

Ein Vorstand ist notwendig, denn es wäre in der Tat haarsträubend, wenn man für jedes kleine Rechtsgeschäft – zum Beispiel Einkauf von Briefpapier – eine Mitgliederversammlung einberufen müsste. Der Vorstand ist dafür da, in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung Kontakt zur Umwelt herzustellen, und zwar so, dass ihre Handlungen und Willensäußerungen die des Vereins sind.

Der Vorstand kann also praktisch zunächst schalten und walten, wie er will, wenn es keine ausdrückliche Handlungsanweisung durch die Mitgliederversammlung gibt. Er muss sich aber – üblicherweise – spätestens in der Mitgliederversammlung durch einen entsprechenden Tätigkeitsbericht rechtfertigen und notfalls darlegen, warum er so gehandelt hat, und wieso er aus seiner Sicht im Sinne des Vereins, also entsprechend dem bekannten oder mutmaßlichen Willen der Mitglieder. Ein pflichtbewusster Vorstand wird seine Entscheidungen also am Willen der Mitglieder ausrichten, wenn er sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen will, gegen die Vereinsinteressen oder gar seinen Eigeninteressen folgend gehandelt zu haben.

Es ist aber rechtlich möglich, der Mitgliederversammlung durch Satzung bestimmte Entscheidungskompetenzen zu entziehen und diese allein auf den Vorstand zu übertragen. Dann muss sich der Vorstand de jure nicht mehr nach dem Willen der Mitglieder richten. Ob das dann noch dem Vereinszweck entspricht, wage ich aber zu bezweifeln. Denn der Vorstand repräsentiert den Verein, da muss man eigene Ansichten ggf. zurückstellen.

Um auf die Frage zurück zu kommen: Nach meinen Erfahrungen ist es nicht üblich, dass einem Vorstand solche Kompetenzen eingeräumt werden.


Nathalie Wartmann: „Man fühlt sich ohnmächtig mit zwei Möglichkeiten: der gleichen Meinung sein, oder gehen.“


Was hat Sie dazu bewegt, einen Satzungsänderungsantrag einzureichen? Und worum geht es in Ihren Anträgen?

Boldt: Für uns beide war es der wesentliche Impuls, etwas ändern zu wollen, als der mit überwältigender Mehrheit gefasste Entschluss der Mitgliederversammlung 2017 und somit der deutliche Wille der Vereinsmitglieder einfach ignoriert wurde, die Versammlung über den 50+1-Antrag abstimmen zu lassen. Dies wurde – das hat es nicht besser gemacht – noch lapidar mit der Bemerkung kommentiert, es handele sich bei diesem Entschluss ja „nur“ um eine Empfehlung. Selbst wenn man dem juristisch folgen möchte, so wird in dieser Haltung aus unserer Sicht sehr deutlich, dass es dem Vorstand eben nicht mehr um die Vertretung der Vereinsmitglieder und ihres Willens geht, sondern um andere Dinge, mutmaßlich um eigene Interessen.

Im folgenden fehlte jegliche inhaltliche Transparenz, aber auch der Willen dazu. Das Ergebnis ist ein frustrierender Streit zwischen Fans, eine offenbar üble Bauchlandung des Vereins bei der DFL und ein Bild des Jammers, welches der Verein und sein Vorstand in der Öffentlichkeit abgeben. Dazu wäre es vielleicht nicht gekommen, wenn der 50+1-Antrag Gegenstand einer Mitgliederversammlung gewesen wäre. Die fehlende Transparenz und die ganze Reihe widersprüchlicher Aussagen vom Vorstand musste aber den Verdacht mehr und mehr nähren, dass es in Wahrheit nur noch darum ging, dass insbesondere Martin Kind seine eigenen finanziellen Schäfchen ins Trockene bringen will, und zwar auf dem Rücken und zu Lasten des Vereins und seiner Mitglieder. Warum sonst sollte man dem ausdrücklichen Willen der Mitglieder nicht entsprechen? Selbst wenn es nur „eine Empfehlung“ war, warum folgte man ihr nicht?

Wartmann: Mir als Mutter zweier Kinder geht diese Antwort noch nicht weit genug. Ein Verein ist doch kein Unternehmen! Wenn ich meine Kinder einer als Verein eingetragenen Institution überlasse, möchte ich doch gewährleistet sehen, dass es sich um einen klassischen Verein handelt. In einen Verein gibt man doch ein Kind nicht nur des Sports wegen, sondern auch weil es in einem solchen „Zusammenschluss von Menschen“, wie es im ursprünglichen Bereich ein Verein darstellt, soziale Kompetenzen und auch ein Stück weit Demokratieverständnis entwickeln soll. Ich sehe hier in der Konsequenz nur eine ohnmächtige Mitgliedschaft als Gesamtheit, die zwei Möglichkeiten bekommt, der gleichen Meinung zu sein, oder zu gehen. Und in weiterer Konsequenz würde der Vorstand sogar über so viel Macht verfügen, Mitglieder, oder ganzen Sparten durch Entscheidungen der Grundlage zu berauben, überhaupt Mitglieder sein zu wollen. Oder einzelne Sparten durch einzelne Entscheidungen  so zu fördern, dass es dem Verein als Ganzes nicht zuträglich ist. In einem solchen Umfeld können Kinder nur schwer die oben aufgeführten zusätzlichen Kompetenzen erlernen, da selbst bei besonders engagierten Trainern und Betreuern, diese auch nur in diesen Rahmenbedingungen agieren und Vorbild sein können.

Martin Kind hat gesagt, dass man Ihrem Antrag mit Vernunft nicht zustimmen kann. Was entgegen Sie dieser Aussage?

Boldt: Das ist inhaltsleeres Gerede.

Wartmann: Das sagt mit Martin Kind der Mann, der mit Eigenschaften wie „Leidenschaft“ und „Meine Stadt. Mein Verein. Mein 96“ versucht mit Emotionen Geld mit der Marke 96 zu verdienen und dabei den Verein als Multiplikator engagiert hat? Kann ich verstehen, dass dies aus seiner Sicht nicht viel mit Vernunft zu tun hat. 

Viele Vereine suchen sich aus Geldnot Sponsoren und sind so dann auch von diesen Geldern dann irgendwie mal mehr und mal weniger indirekt abhängig. Aber dass ein Sponsor über eine Organstellung eine Möglichkeit bekäme so offensichtlich das Sagen über alle Bereiche auch über die Wirtschaftsgüter des Vereins haben könnte, kann ich als Mitglied aus der Vernunft heraus nicht zustimmen, bzw. möchte ich entsprechend geändert wissen.

Herr Kind führt aus, dass es keine Handlungsfreiheit mehr für den Vorstand gebe und es das Ende von 96 in der jetzigen Form wäre. Herr Boldt, wie beurteilen Sie diese Aussagen als Rechtsanwalt?

Boldt: Es ist schlichtweg unrichtig, was Herr Kind an Rechtsausführungen macht. Wie oben bereits dargestellt, handelt der Vorstand als Vertreter für den Verein. Daran änderte sich auch nichts, wenn unser Antrag erfolgreich wäre.

Ändern würde sich nur, dass der Vorstand keine Sololäufe mehr durchführen könnte, weil er sich gegenüber den Mitglieder würde rechtfertigen müssen. Denn der Vorstand hätte dann den Druck, dass die Mitgliederversammlung die Handlungen des Vorstands vorgeben bzw. revidieren könnte. Also muss der Vorstand so handeln, dass seine Tätigkeit von der Mehrheit der Mitglieder akzeptiert werden wird.

Die Handlungsfreiheit ist also exakt die gleiche, wenn man berücksichtigt, dass ein Vorstandsmitglied die Interessen des Vereins an erster Stelle beachten muss, notfalls gegen seine eigenen Vorstellungen.

Deshalb sind die Anträge ein klares Mehr an Demokratie, weil der Wunsch der Mitglieder gestärkt wird. Nochmal: Das Fundament des Vereins sind seine Mitglieder, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. Der Vorstand ist nur eine – notwendige – Hilfe, um als Verein mit seinem Umfeld kommunizieren zu können. Also sollten die Mitglieder auch das Sagen haben. 


Nathalie Wartmann: „Man hat mir nahegelegt, meinen Antrag zurückzuziehen.“


Der Verein macht massiv mobil gegen Ihre Anträge. In einer Mail an die Mitglieder wurden die Mitglieder aufgefordert, den Antrag abzulehnen. Hat man Ihnen auch die Möglichkeit eingeräumt, Ihren Antrag zu erklären? Haben Sie danach gefragt?

Boldt: Ich wurde am Freitag angerufen und um Rückruf gebeten. Nach einigen Stunden jedoch wurde aber wohl bereits die Mail an die Mitglieder verschickt, mit der Empfehlung, die Anträge abzulehnen. Da ich berufstätig bin und an dem Tag arbeiten musste, hatte ich de facto keine faire Chance, mich zu äußern und zu erklären.

Wartmann: Viel ärgerlicher noch: Ich bat durch meine Angestellte, um etwas Zeit. Gerade nach einem Quartal habe ich viel zu tun und freitags noch dazu viele Gesprächstermine und Fahrten der Kinder zu Musikunterricht und Training einzuplanen. Man ließ mir dann durch sie ausrichten, dass man mir nahe legen wollte meinen Antrag zurückzuziehen, da er haltlos sei. Dazu hätte ich aber nur noch heute – an besagtem Freitag – die Möglichkeit, da man die Mitglieder spätestens Montag darüber informieren müsse. Die Mail ging dennoch –für mich völlig überraschend- bereits am Nachmittag an die Mitglieder. Ich habe dann am Montag geantwortet, dass ich nun eine Rücknahme sowieso nicht mehr in Frage käme, dass ich mich aber trotzdem noch bedanken wolle, dass wenigstens meine privaten Daten unkenntlich gemacht wurden.

Es wurden ja sogar Werbeflyern gedruckt, die im Stadion und in der Stadt verteilt werden. Auch darin nimmt der Verein deutlich Stellung gegen Antrag. Empfinden Sie das als Form des Diskreditierens?

Boldt: Noch besser ist ja, dass wohl auch Mitglieder über Festnetz angerufen worden sind, um ihnen die Ablehnung unserer Anträge nahezubringen. Das ist die Kirsche auf der Sahne.

Die Mitglieder sind aber nicht so schlicht, wie der Vorstand möglicherweise denkt. Wer sich mit diesem Aufwand verteidigt, bringt sich in Erklärungsnot. Die Mitglieder werden sich bestimmt fragen, warum der Vorstand bereits im Vorfeld so einen Aufwand betreibt, statt – wie es sich gehört – die Anträge unter gleichberechtigten Mitgliedern im Rahmen der Versammlung zu erörtern und zu diskutieren. Angriff ist offenbar die beste Verteidigung, aber es fällt schon auf, dass der Vorstand äußerst sensibel reagiert.

Ich bin einigermaßen entsetzt, dass ein Vorstand mit der ihm zur Verfügung stehenden Logistik dermaßen gegen zwei normale Mitglieder auffährt.

Wartmann: Zunächst würde ich nicht von Diskreditierung sprechen, nennen wir es Positionierung. Wir stehen doch nur in einigen Themen im sachlichen Dissens, sonst ist da nicht mehr, schon gar nicht aus persönlicher Ebene, was bei dem Wort Diskreditierung mitschwingen würde. Ich war zunächst nicht überrascht. Ich war eigentlich bis vor gut einem Jahr noch überzeugt, dass ich mit meiner oben erläuterten Meinung alleine stehe und wollte letztes Jahr gar nicht zur Mitgliederversammlung gehen. Bis, ja bis, ich nach der Einladung, den Brief des Vorstands zum letzten Satzungsänderungsantrag bekommen hatte. So war mir eigentlich auch klar, dass der Vorstand sich auch wieder positionieren würde, nur der massive Umfang überraschte mich doch wirklich sehr!


„Wir erhoffen uns eine faire Versammlungsleitung, interessierte Mitglieder und eine inhaltliche Erörterung.“


Herr Boldt, in diesem Jahr wird über die Anträge bereits zu Beginn der Veranstaltung entschieden. In den Vorjahren standen sie am Ende der Veranstaltung. Herr Kind begründete das mit der Tatsache, dass die älteren Mitglieder müde wurden und schon nach Hause gegangen sind. Ist das ein Nachteil für Ihren Antrag?

Boldt: Ist doch schön, wenn die Mitglieder bei der Entscheidung über die wichtigen Fragen noch frisch und aufnahmebereit sind!

Wie sehen Sie das, Frau Wartmann?

Wartmann: Für mich macht das auch keinen Unterschied, zumal ich schon Angst hatte, wir würden nach hinten geschoben und dann würde es heißen, keine Aussprache, da keine Zeit mehr. Da sehe ich eher ein Problem nach der letzten Mitgliederversammlung. So hoffe ich, dass wir wenigstens unsere Beweggründe noch mal in Ruhe ohne Einschränkungen erläutern dürfen.

Herr Kind drohte verklausuliert mit Rücktritt. Halten Sie das für realistisch?

Boldt: Wenn Herr Kind mit  vollem Herzen und aus Leidenschaft Fußballliebhaber und 96er ist, wüsste ich nicht, warum er dann zurücktreten sollte. Es ändert sich ja nichts. Sollte aber für ihn im Vordergrund stehen, den Fußballbereich von Hannover 96 für kleinstes Geld für sich zu vereinnahmen, könnte ich nachvollziehen, dass er dann keine Lust mehr hat. Wobei: Wenn die Mitgliederversammlung beschließt, dass Martin Kind die Mehrheit übernehmen darf, dann wäre das eine vereinsdemokratische Entscheidung, die zu akzeptieren wäre. Dass die Mitglieder aber nicht einmal die Möglichkeit besitzen, dies zu entscheiden, ist der maßgebliche Kritikpunkt.

Wartmann: Rücktritt als Vorstand? Das macht doch keinen Sinn! Außer er sei nicht ein Vorstand für einen Verein, sondern die Mitglieder eines Vereins für ihn nur „störende Pflicht“, die man sich vom Leibe halten muss. Aber genau das hat er die ganzen Jahre immer wieder verneint. Er hat immer wieder für uns Mitglieder glaubhaft darauf hingewiesen, wie sehr ihn der Breitensport am Herzen liegt. Ich glaube, dass diese Rücktrittsabsichten nur medial so interpretiert werden. Und noch etwas spricht gegen diese Interpretation: Herr Kind kann nur durch als Vorstand maßgeblich Einfluss auf sein privatwirtschaftliches investiertes Kapital in der Hannover 96 GmbH & KGaA nehmen. Beides zusammen sind mehr Gründe die gegen einen Rücktritt sprechen als für. 

Was erhoffen Sie sich von der Mitgliederversammlung von Hannover 96 und für die Zukunft des Vereins?

Boldt: Wir erhoffen uns eine faire Versammlungsleitung, interessierte Mitglieder und eine inhaltliche und offene Erörterung ohne Floskeln, BWL-Sprech und taktische Mätzchen.

Für die Zukunft des Vereins wünschen wir uns, dass die Mitglieder, die Fans, der Vorstand, die Mannschaft und das ganze Drumherum auf Augenhöhe und mit gegenseitigem aufrichtigem Respekt miteinander umgehen und Freude und Erfolg beim Fußball genießen können!

Wartmann:  … um in diesem Zusammenhang die Vorbildfunktion auch für andere Vereine zu stützen und deutlich zu machen wie wichtig das Vereinsleben in seiner Funktion für unsere Gesellschaft und speziell für unsere Jugend über den reinen Sport hinaus ist!

Ihnen beiden vielen Dank für das ausführliche Gespräch.

2 Comments

  1. Jeder Fan weiß es schon länger das ein Fußballverein ein Wirtschaftsunternehmen ist,wer sich davor verschließt ist im Jahre 1970 stehen geblieben.Bayern München ist ein Großkonzern mit vielen 100Million Umsatz im Jahr,glauben Sie die sagen wir sind nur ein Fußballverein??Alle Sponsoren wollen mit Fußball Geld verdienen wer das Ignoriert lebt hinter dem Mond.Herr Kind und alle anderen Geldgeber wollen dieses auch,was Ihr gutes Recht ist.Nur mit Bandenwerbung,Eintrittsgelder,Fernsehgelder kann kein Verein an Leben erhalten werden.Man sollte auf der Hauptversammlung einen für 96 guten Kompromiß finden.Wir brauchen mehr Geld um in der 1.Liga zuverbleiben,die Manschaft muß verstärkt werden sonst sind wir nicht konkorenzfähig. Pro gegen kontra bringt uns nicht weiter.

  2. Sie vermischen was man nicht (mehr) vermischen kann! Es geht um den e.V. und nicht um die Profisparte. Letztere hat mit dem e.V. nichts mehr zu tun, die Anträge beeinflussen die Profisparte nicht und genausowenig die "Geldgeber" oder die Einnahmemöglichkeiten! Es geht nur um den e.V., der derzeit nur Frauen- und Jungenfußball außerhalb des Leistungsbereichs hat und der e.V. ist eben kein Wirtschaftsunternehmen (auch nicht bei den Bayern) und sollte auch nicht so geführt werden. Er bekommt von den von Ihnen genannten Geldern nichts ab!!

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