Rotem Fußballboot gelingt Wendemanöver: Frischer Wind bei Hannover 96

Marcel Halstenberg würde Stefan Leitl die ruhige Souveränität garantieren.
Marcel Halstenberg würde Stefan Leitl die ruhige Souveränität garantieren.

In meinem Gastbeitrag „Aufwärts ins Abwärts“ kommentierte ich im September 2021 die Entwicklung und Transferpolitik der letzten Jahre von Hannover 96. Insbesondere kritisierte ich die getätigten Transfers und die Altersstruktur dieser.

ein Kommentar von Christian Heuer

Die gezeigten Leistungen der letzten zwei Saisons bestätigten meine Einschätzung. Es ging leider weiter abwärts und es waren nur wenige positive Ansätze erkennbar. Außerdem berichtete ich aus eigener Erfahrung, dass es der Mannschaft in den letzten Jahren sehr selten gelang, die Fans mit Leistung, Spielfreude und besonders Leidenschaft abzuholen. Es stellte sich bei Vielen ein gewisses Gefühl von Gleichgültigkeit beim Schauen der Spiele ein. Wie ich finde mit das Schlimmste, was einem Verein in der Beziehung zu seinen Fans passieren kann.

In der vergangenen Saison schipperte unser rotes Fußballboot weitgehend ziellos durch die zweite Liga und konnte vielfach dem Sturm der Gegner nicht standhalten. Die Neuzugänge Jannik Dehm, Luka Krajnc, Tom Trybull, Gael Ondoua, Sebastian Stolze und Lukas Hinterseer entpuppten sich eher als Leichtmatrosen, denn als stabile Verstärkungen. Ebenfalls gelang es Julian Börner nicht, der erhoffte Stabilisator im Defensivzentrum zu werden. Zu allem Überfluss fiel Hoffnungsträger und Rückkehrer Sebastian Ernst nahezu die gesamte Saison aus. Von den Neuzugängen gelang es einzig Sebastian Kerk weitgehend zu überzeugen. Nach einer turbulenten Fahrt durch die tiefen Regionen der zweiten Liga konnte sich die Mannschaft schließlich erst wenige Spieltage vor Saisonende über Wasser halten und den Klassenerhalt sichern.

Als einziger Neuzugang wusste Kerk in der letzten Saison zu überzeugen – aktuell ist aber ordentlich Sand in seinem Getriebe

Folglich sah sich Marcus Mann, der Kapitän des roten Fußballbootes, gezwungen mit Stefan Leitl einen neuen Steuermann zu verpflichten. Dieser hatte bereits bei Greuther Fürth bewiesen, aus einem langsamen Kutter die Power eines Speedboots herauszuholen. Außerdem bedurfte es zahlreicher Reparaturarbeiten in der Mannschaft. Im Trockendock wurde im Sommer fleißig an der Crew gebastelt.

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Mit Derrick Köhn (23) und Phil Neumann (25) für die Abwehr sowie Fabian Kunze (24) und Max Besuschkow (25) für das Mittelfeld wurden Spieler verpflichtet, die noch relativ jung sind, aber bereits Erfahrungen als Stammbesatzung in der 1. oder 2. Liga besitzen und sogar teils wichtige Stützen ihrer Teams waren. Louis Schaub (27) und Harvard Nielsen (29) zählen zwar nicht mehr zu dieser Kategorie, ergänzen jedoch den Kader mit Bundesligaerfahrung aus der letzten Saison. Neben den genannten wurden mit Enzo Leopold (22), Antonio Foti (18), Bright Arrey-Mbi (19), Ekin Celebi (22) und Eric Uhlmann (19) zudem noch sehr junge Kadetten mit viel Entwicklungspotential verpflichtet. Hinzu kommen der erneut für eine Saison ausgeliehene Maxi Beier (19) und das hochtalentierte Eigengewächs Nicolo Tresoldi (18).

Neben den erfahrenen Spielern wie Zieler, Börner, Muroya, Kerk oder Ernst scheint durch die Transfers nun eine gute Altersstruktur an Bord zu herrschen.

Die Jungfernfahrt in dieser Saison verlief mit nur einem Punkt aus den ersten 3 Spielen zwar noch schleppend, dennoch waren bereits positive Ansätze erkennbar. Durch eine Systemumstellung auf 5er-Kette genießen nun Sei Muroya am Steuerbord und Derrick Köhn am Backbord mehr Freiheiten nach vorne. Auf dem Achterdeck wird Enzo Leopold zunehmend zu einer tragenden Säule und bekommt von Fabian Kunze den Rücken freigehalten. Harvard Nielsen fungiert aktuell als Lotse auf der 10 und navigiert mit Maxi Beier und Nico Tresoldi die beiden Kadetten im Angriff.

Es besteht berechtigte Hoffnung, dass sich das laue Lüftchen der Vorsaison mit nur 35 Toren langfristig zu einem frischen Wind entwickelt. Mit Harvard Nielsen, Antonio Foti und Cedric Teuchert konnten bereits drei Rettungsschwimmer durch Jokertore glänzen. Außerdem scheint das Leck im Defensivverbund um Börner, Neumann und Krajnc zunehmend gestopft zu werden. Kam es dennoch zu gegnerischen Durchbrüchen, entpuppte sich Ron Robert Zieler bisher häufig als Fels in der Brandung und konnte schon einige gegnerische Angriffe abwehren. Ein Blick ins Logbuch nach neun Spieltagen zeigt 17 Punkte und aktuell Tabellenplatz 4. Die nächsten Spiele, gegen nahezu alle Mannschaften aus der oberen Tabellenhälfte, werden zeigen, ob das Team weiterhin vorne mitmischen kann.

Stefan Leitl und Marcus Mann haben die richtige Mixtur in Sachen Kaderplanung gefunden

In den vergangenen Jahren konnten sich meist homogene Mannschaften in Liga 2 durchsetzen. Neben Attributen wie Eingespieltheit und individueller Qualität zählen hier primär die Bereitschaft gemeinsam für den Sieg zu kämpfen, den berühmten Extrameter zu gehen und einfach eine gute Stimmung in der Truppe zu haben und auszustrahlen. Sind diese weichen Faktoren gegeben, wird es der Mannschaft gelingen, die Fans wieder abzuholen, Freude beim Zuschauen zu bereiten und wieder mehr Besucher ins rote Fußballboot zu bewegen.

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Dieser Zustand ist sogar ein Stück weit ergebnisunabhängig. Zwar ist die Saison noch jung, doch der Trend stimmt sehr positiv. Mit Stefan Leitl scheint ein Trainer verpflichtet worden zu sein, dem es durch taktische Flexibilität, kluge Einwechslungen und aktives Coachen am Spielfeldrand gelingt, die Mannschaft zu erreichen und zu entwickeln. Natürlich benötigt die Entwicklung Zeit und es wird auch in dieser Saison Leistungsschwankungen und Gegenwind geben.

Insgesamt ist dem roten Fußballboot das Wendemanöver zum Saisonstart gelungen, um sportlich wieder in bessere Fahrwasser zu gelangen. Zudem scheinen die hohen Wellen durch die Auseinandersetzungen in der Vereinsführung das Team aktuell nicht vom eingeschlagenen Kurs abbringen zu können. Perspektivisch ist der Aufstieg das große Ziel. Jedoch ist der Zeitpunkt für das große Überholmanöver meiner Meinung nach nicht ganz so wichtig, solange uns 96 wieder begeistert und wir alle gemeinsam lautstark an Bord der Roten mitrudern.

Die Lieblingsfolgen vom 96Freunde-Podcast mit Altin Lala, Florian Fromlowitz und Ewald Lienen. Viel Spaß beim Reinhören!

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1 Kommentar

  1. Liebe 96er,

    auch ich möchte mit meinen 57 Jahren auf dem Buckel, und seit mehr als 45 Jahren ein glühender Fan dieses Vereins, eine kleine Zwischenanalyse zum besten geben.

    Ein Viertel ist gespielt, und ich bin positiv Überrascht, wie gut ich von Spiel zu Spiel immer ein bisschen mehr Entwicklung dieser Mannschaft erkenne.

    Gerade wenn ich an die letzten zwei Jahre denke, ist nun wieder eine Mannschaft auf dem Platz. Da rennt jeder für jeden. Da lassen die Jungs bei einem Gegentreffer nicht sofort die Köpfe hängen. Nein, da wird erst recht der Kopf hoch genommen, und der Wille zum Erfolg ist sichtbar. Das war gegen Führt, Peine Ost, und ganz besonders in Sandhausen beispielhaft.

    Mit Leitl ist auch ein Trainer verpflichtet worden, der nicht nur davon redet junge, Talente in die Mannschaft zu holen, um sie dann "verhungern" zu lassen, sondern sie auch einsetzt.

    Und die "Alten"? Für mich war Ron Robert Zieler noch nie so gut, wie jetzt. Selbst wenn er Mal eine kleine Gurke dabei hat, siehe Paderborn, ist er doch der Starke Rückhalt. Gerade in seiner Anfangszeit bei 96, nach dem Tot von Enke, hatte er es hier nicht leicht. 

    Auch unser kleiner Japaner bekommt endlich die Wertschätzung, die er schon längst verdient hat. Börner ist ebenfalls jetzt richtig angekommen. Man merkt ihm das auch von Spiel zu Spiel an. Das passt auf die anderen 1:1 ebenso. Ich bekomme immer mehr den Eindruck, dass da eine richtige Einheit zusammen wächst.

    Natürlich werden es auch Rückschläge geben, allerdings glaube ich nicht, dass diese lange nachwirken.

    Eins sollte dennoch jedem klar sein. Diese Truppe ist noch im Aufbau. Lasst ihnen Zeit. Der Aufstieg ist, na Logo, das erklärte Ziel, und es wäre natürlich Geil, wenn es schon in dieser Spielzeit passiert, nur, es ist kein MUSS!!!!!!

    Ich freue mich jedenfalls auf die nächsten Spiel, und auf das nächste, und nächste, und nächste. Es macht wieder richtig gute Laune wenn man von den Roten spricht.

    In diesem Sinne, wünsche ich euch allen, noch eine geschmeidige Woche.

    Euer Harry96.         Niemals allein

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